#„Es gibt eine sehr konkrete Blackout-Gefahr“
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„„Es gibt eine sehr konkrete Blackout-Gefahr““
Sie geht um: die Angst vor einem großflächigen, mehrere Tagen dauernden Stromausfall. Nach dem aktuellen Trendradar des Softwarespezialisten Lexware befürchten mehr als ein Drittel der befragten Selbstständigen und kleinen Unternehmen, dass sie im Winter nicht ausreichend Energie erhalten. Einen Notfallplan für den Fall, dass Gas eingeschränkt wird, hätten nur 20 Prozent, doch 75 Prozent hätten schon damit begonnen, ihren Energieverbrauch zu reduzieren.
Doch wie viele Unternehmen sich schon mit einem großen Stromausfall beschäftigt haben, bleibt unbekannt. Einen solchen Blackout hält Bundeskanzler Olaf Scholz zwar für unwahrscheinlich, doch im aktuellen Bericht zum Stresstest der deutschen Übertragungsnetzbetreiber heißt es: „In allen drei betrachteten Szenarien zeigt sich die Versorgungssituation im kommenden Winterhalbjahr äußerst angespannt – in Europa kann im Strommarkt die Last nicht vollständig gedeckt werden.“
Darauf macht der österreichische Blackout-Experte Herbert Saurugg im Gespräch mit der F.A.Z. aufmerksam. Der ehemalige Major des österreichischen Bundesheeres ist Präsident der Gesellschaft für Krisenvorsorge und in den Medien des Nachbarlands als Fachmann für die Versorgungssicherheit ein regelmäßiger Ansprechpartner.
Herbert Saurugg
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Bild: privat
Und er warnt vor dem Blackout-Szenario schon seit langem, zumal dies mit gefährlichen Unterbrechungen in der Versorgung mit Lebensmitteln oder auch im Abwasserbereich verbunden wäre. Den aktuellen Stresstest zur deutschen Versorgungssicherheit wertet er nicht nur als Bestätigung seiner bisherigen Einschätzung: Sie seien leider auch verstärkt worden.
Grundsätzlich gingen noch alle davon aus, dass eine kritische Strommangellage mit einer geplanten Stromabschaltung beherrschbar sein solle. „Aus meiner täglichen Arbeit unterstelle ich, dass den wenigsten Akteuren die Folgen einer solch geplanten großflächigen Abschaltung weder bekannt noch bewusst sind.“
Vorhandene Sicherheitssysteme reichen nicht aus
Sollten – wie sich derzeit abzeichnet – in mehreren Ländern möglicherweise gleichzeitig Stromabschaltungen erforderlich werden, wisse niemand, wie sich dann ein solch komplexes System verhalte und ob diese Maßnahmen beherrschbar blieben. Die vorhandenen Sicherheitssysteme würden nicht für eine solche Lage installiert. „Daher gibt es eine sehr konkrete Blackout-Gefahr, die wir ernst nehmen sollten. Dabei geht es nicht darum, ob das Ereignis wirklich eintritt, sondern dass wir darauf nicht vorbereitet sind und der Schaden immens wäre.“
Mit Ukrainekrieg, Klimawandel und Dürre seien unerwartete Stressfaktoren hinzugekommen, auch ohne diese hätten die Probleme deutlich zugenommen. Saurugg bereiten die sich häufenden kurzfristigen Planänderungen Sorge, weil sie in der Realität nicht mit dieser Geschwindigkeit umsetzbar seien sowie keine Folgen- und Nebenwirkungsabschätzung erfolge, sofern diese überhaupt noch möglich sei.
Schon vor zehn Jahren absehbar
Seinen Worten zufolge waren die Probleme im Groben schon vor zehn Jahren absehbar. Als grundlegende Probleme betrachtet der Blackout-Experte einseitige und unsystematische betriebswirtschaftliche Optimierungen, die Reduktion sämtlicher Rückfallebenen, Reserven und Redundanzen sowie eine realitätsferne Energiewende ohne Rücksicht auf Physik und technische Rahmenbedingungen.
Hier verweist er auf die nicht vorhandenen Speicher- und Netzkapazitäten, die insbesondere für die schwankungsanfällige Wind- und Sonnenenergie erforderlich sind. Saurugg kritisiert die Energiewende in Deutschland, weil hier seinen Worten zufolge ideologisch technische Veränderungen vorangetrieben worden seien.
Seiner Ansicht nach ist Deutschland auf einen großen Blackout so gut wie in allen Bereichen nicht vorbereitet. Das könne katastrophale Auswirkungen haben. „Das Thema Vorsorge wurde immer ins lächerliche gezogen oder mit rechten Preppern gleichgestellt“, sagt Saurugg. Daher habe die breite Masse keine Vorsorge. Für den Schwarzstart, also bis wieder weite Teile Deutschlands mit Strom versorgt werden können, wird seinen Angaben zufolge eine Dauer von einer Woche erwartet.
Saurugg kritisiert in diesem Zusammenhang auch die Liberalisierung des Strommarktes, da seitdem nur noch die betriebswirtschaftliche Optimierung gezählt habe. „Mittlerweile wurden so gut wie alle vor 20 Jahren noch reichlich vorhandenen Erzeugungsüberkapazitäten abgebaut.“ Daher gebe es kaum mehr Puffer, um auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können. Die derzeitigen Verwerfungen am Strommarkt sind für Saurugg nur ein Symptom der erwarteten Verknappung.
Kurz- bis mittelfristig sieht Saurugg keine Chance mehr, noch etwas zu ändern, weil für den schon sehr fragilen Zustand weitreichende Änderungen nötig wären. Kurzfristig müssten die Eskalationen unterbunden und gleichzeitig die Ursachen angegangen werden: fehlende verlässliche Erzeugungskapazitäten, Speicher und Leitungen.
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