#Es gibt viel zu entdecken im verbotenen DDR-Kino
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Die meisten dieser Filme sind vergessen. Jedenfalls im Westen Deutschlands, wo der Film der DDR ohnehin wenig gilt. Dass es jenseits der Mauer, in Ost-Berlin naturgemäß, aber auch in den Trickfilmstudios der DEFA in Dresden auch eine alternative Filmkultur gegeben hat, für die im Westen durchaus bekannte Namen wie Lutz Dammbeck, Jürgen Böttcher und Sibylle Schönemann stehen, ist bis heute erst recht nicht bekannt. Wer also nennt die Namen, zeigt die Filme? Wer erzählt die tragischen und aberwitzigen Geschichten, die dahinterstehen?
Im Zweifelsfall das Frankfurter Filmkollektiv, das schon immer ein Faible für das gewagte, experimentelle und zu Unrecht vergessene Kino hatte. Und wo man für das mit acht Programmen prall gefüllte Wochenende im Pupille Kino kaum einen kompetenteren Kurator hätte finden können als Claus Löser. Nicht nur hat er mit dem 1985 entstandenen Experimentalfilm „Nekrolog“ oder „Victoria“ über die unabhängige Super-8-Szene Ostdeutschlands selbst eine Reihe von Filmen gedreht. Als Gründer des Archivs Ex oriente lux, das den „filmischen Subversionen in der DDR“ gewidmet ist, gehört er vielmehr auch zu den wenigen ausgewiesenen Filmhistorikern, die nicht müde werden, die Geschichten hinter all den in der Regel kaum gezeigten „Kellerfilmen“ zu erzählen.
Sommer an der Ostsee
Schicksale wie das des Regisseurs Frank Vogel (1929 bis 1999), der bei Ernst Bloch und Hans Mayer studierte, ehe er an die Filmhochschule Moskau ging und der Dissidenz mithin kaum verdächtig war. Und der, so Löser, schlicht daran zerbrochen sei, dass „Denk bloß nicht, ich heule“, der von der DEFA produzierte Spielfilm, „mit dem er hätte berühmt werden müssen“, am Tag der Premiere verboten wurde. Nicht nur, darf man vermuten, weil er inhaltlich nicht auf Linie war, schließlich ist der vom „James Dean des Ostens“, dem jungen Peter Reusse, verkörperte Protagonist alles andere als ein Held des Proletariats. Auch formal erfüllte der in Schwarz-Weiß gedrehte, als nihilistisch diffamierte Film nicht die realsozialistischen Erwartungen des Staates.
Obwohl sie unter dem Dach der DEFA produziert wurden, fielen auch die von Löser vorgestellten Dokumentarfilme meist der Zensur zum Opfer. Sei es, weil in Böttchers „Barfuß und ohne Hut“, der Dokumentation eines Sommertags an der Ostsee in fröhlich unbeschwerten Bildern, die im Osten verpönten und bald verbotenen Jazzrhythmen, Beatmusik und Rock ’n’ Roll den Takt vorgaben, sei es, dass Richard Cohn-Vossens „In Sachen H. und acht anderer“ 1972 mit Jugendkriminalität, „Rowdytum“ und Homosexualität gleich mehrere Tabus brach.
Da war das kurze Tauwetter, das zu Beginn der Sechzigerjahre auch die DDR erfasst hatte, schon wieder Geschichte. Während Schönemann verhaftet und 1985 freigekauft wurde und der heute 92 Jahre alte Böttcher, der unter seinem Künstlernamen Strawalde auch als Maler bekannt ist, weiter für die DEFA drehte, reisten Regisseure wie Cohn-Vossen und Lutz Dammbeck in den Achtzigerjahren in den Westen aus. Der junge Löser unterdessen machte, was in der DDR offiziell schlicht nicht vorgesehen war, und produzierte seine 16-Millimeter-Filme selbst. Und nahm erst 1990 sein Filmstudium in Potsdam auf.
Filmkollektiv Frankfurt, 25. bis 27. August, „Deutsche Beziehungskomödien 1989 bis 2001“, weitere Informationen unter filmkollektiv-frankfurt.de
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