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#Es rappelt im Fundus

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Die Hüllen werden fallen. Wer vor einem Jahr im Theater Dortmund die „Walküre“ gesehen hat, mit der Peter Kon­witsch­ny seinen „Ring des Nibelungen“ be­gann und jetzt nach der zweiten Pause des „Siegfried“ in den Saal zurückkehrt, wird von Rührung und Vorfreude ergriffen, weil er weiß, wie das wird. Die sechs Harfen sind auf die Plätze zu beiden Seiten des Proszeniums verbracht worden, wo sie am Ende des ersten Abends von Richard Wagners Bühnenfestspiel den Feuerzauber er­zeugten und verkörperten. Noch sind die filigranen goldenen Ungetüme in ihre schwarzen Säcke eingehüllt, die sie vor Staub schützen. #

Patrick Bahners

Feuilletonkorrespondent in Köln und zuständig für „Geisteswissenschaften“.

Der Regisseur hätte auch anordnen können, die Harfen samt Harfenistinnen erst pünktlich zu ihrem Auftritt aus der Kulisse an den Bühnenrand zu schieben. Aber Kon­witsch­nys Theater ist eine Welt, in der die Mittel zur Produktion magischer Effekte bereitliegen und nicht versteckt werden müssen.

Wie der legendäre Stuttgarter „Ring“ vor einem Vierteljahrhundert vier verschiedenen Regisseuren anvertraut war, arbeitet Kon­witsch­ny, der in Stuttgart die „Götterdämmerung“ ablieferte, in Dortmund mit vier verschiedenen Ausstatterteams. Frank Philipp Schlößmann baute für die „Walküre“ drei Wohnküchen, eine größer und luxuriöser als die andere.

Als sich der Vorhang des zweiten Aufzugs öffnete, verstand man das Schema und freute sich auf den dritten. Auch Johannes Leiackers Bühnenbild für den „Siegfried“ verklammert die drei Aufzüge durch ein wiederkehrendes Element aus dem Theatermodellbaukasten. Es ist der Container, die Ur­kiste einer modularen Bauweise, die al­le Ornamentik einspart.

Der Hort ragt schon ins Bild

Mime, der Schmied, der seine handwerkliche Begabung verkommen und seinen Ziehsohn verwildern lässt, weil er besessen ist von der Idee, aus Altmetallresten eine Wunderwaffe zu basteln, haust in einem solchen Kasten, der mit einer Waldpanoramatapete ausgeschlagen ist. Rechts schiebt sich ein zweiter weißer Container mit weißer Tür ins Bild. Man ahnt: Das muss das Goldlager des Riesen Fafner sein, der einzige Ort auf der Welt, der den im instrumentellen Denken gefangenen Werkzeugmacher interessiert. Der Weg durch den Wald verlangt auf der Bühne keinen Raum.

Der Hort ein Container: Das passt. Zunächst einmal, weil Fafner und sein Bruder Fasolt (das Dortmunder „Rheingold“ steht in der nächsten Spielzeit an) im Baugewerbe groß geworden sind. Vor al­lem aber auch als Bild für Wagners Kapitalismuskritik, für die Phantasielosigkeit der totalen Sachherrschaft des abstrakten Ei­gentums. Das aus dem Verkehr gezogene Gold ist unsichtbar wie die Kunstsammlung eines Oligarchen im Schweizer Freilager, unnütz und unschön, ein durch hässliche Sicherheitsvorkehrungen geschützter bloßer Bilanzwert.

Der Container ist aber in Kon­witsch­nys Disposition mehr als ein Konzept, nicht bloß ein Raster, das in seiner interaktiven Variante des Regietheaters mit Assoziationen der Zuschauer gefüllt werden kann. Am Anfang des zweiten Aufzugs – die Szene hat sich nach rechts verschoben – entfaltet die weiße Blechwand als Hintergrund eine ungeheure dramatische Wirkung. Alberich treibt sich in der Umgebung von Fafners Höhle herum und hat nichts zu tun, als sich treiben zu lassen. Eine Fahndungsbildfolge aus Bewegungsstudien wird auf die Wand geworfen, ein zerstückelter Scherenschnitt: großes expressionistisches Kino, nur aus Licht und Schatten gemacht.

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