#Eine einmalige Chance für Jasmin Jüttner
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„Eine einmalige Chance für Jasmin Jüttner“
Eine Mischung aus Schauspiel und Tanz – so könnte man versuchen, Kata zu beschreiben. Doch hundertprozentig einverstanden ist Jasmin Jüttner mit dieser Definition nicht. Die Performance, die Karatespezialisten wie sie in dieser Disziplin abliefern, bestehe nicht nur aus einer Choreographie aus Kampfsporttechniken, dem passenden Gesichts- und Körperausdruck sowie energischen Schreien. „Man muss das, was man zeigt, auch leben“, betont die 28 Jahre alte Sportlerin.
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Die Olympiadebütantin der bevorstehenden Spiele von Tokio gibt sich schon lange dieser Leidenschaft hin. Ihr Vater hatte sie im heimischen Mömbris einst darauf gebracht, als er in der Zeitung auf der Suche nach einem Hobby für seine Tochter davon las. Nur ein Jahr verging, da war das Nachwuchstalent sich schon sicher, im Fight ohne Gegner den richtigen Weg für sich gefunden zu haben. „Es macht mir Spaß, Dinge tausendmal zu machen“, erklärt die zierliche junge Frau. Diese Geduld, gepaart mit ihrer koordinativen Begabung, blieb Bundestrainer Efthimios Karamitsos nicht lange verborgen. Aus Bayern wechselte Jasmin Bleul, so ihr Mädchenname, bald ans Frankfurter Bundesleistungszentrum.
Unter dem Einfluss des Fachmanns wuchs die geborene Aschaffenburgerin zu einer Größe in ihrem Metier heran, gewann Meistertitel und Medaillen. Als klar war, dass es bei den Olympischen Spielen in Japan zum ersten und vielleicht auch einzigen Mal Karate im Programm geben würde, beschloss sie, alles dafür zu geben. Nach ihrem Bachelor-Abschluss in Medienmanagement wechselte Jüttner 2017 in die Sportfördergruppe der Bundeswehr, um sich ausschließlich auf ihr Training konzentrieren zu können.
Drei Jahre Arbeit für einen Tag
Mehrere Stunden am Tag übt sie im Bornheimer Dojo. Als festgelegt wurde, dass nur je zehn Männer und Frauen den Sprung zu den Kata-Entscheidungen in Japan schaffen würden, wusste sie, „dass es sehr schwierig werden würde“. Länger schon hatte die Team-Weltmeisterin von 2014 keine Medaille mehr bei einem Großereignis gewonnen, „die Konkurrenz ist brutal geworden“.
Drei Jahre lang arbeitete sie auf den Tag hin, an dem sie sich die besten Karten für die Qualifikation versprach: ein Turnier in Paris, bei dem sie mindestens Dritte werden musste, um das Ticket zu lösen. Alles war darauf ausgerichtet. Ernährung, Regeneration und Schlaf wurden optimiert, Mentaltraining und Neuroathletik ergänzten das Programm, die Trainingsmethodik wurde noch mal überprüft. „Es war der Horror, wirklich surreal“, als die deutsche Hoffnung schließlich zu dem entscheidenden Wettkampf in die Halle kam.
Aber sie war gut drauf, „ich hatte das Gefühl, ich werde es zu Ende bringen“. Fast immer in ihrer Karriere konnte sie sich auf solche Vorahnungen verlassen. Das Corona-Jahr hatte Jüttners Selbstvertrauen gestärkt. Ihr Coach sorgte trotz der Wettkampfpause immer für Spaß, „es war nie die Luft raus“. Dann war da dieser „magic moment“, der Augenblick, in dem sie den Eindruck hatte, plötzlich „zu verstehen, wie man trainiert“, eine „Decke sei aufgebrochen“. Sie wusste, „dass mein Karate für Olympia nicht reichen würde“. Aber nun auch, wie man das ändern könnte.
Der Druck blieb groß. Aber die Zuversicht war genährt. „Jetzt will ich auch eine Medaille holen“, sagt die ehrgeizige Kämpferin optimistisch. Am 23. Juli wird sie im Flugzeug nach Asien sitzen, wo es vor ihrem Auftritt am 5. August noch in ein einwöchiges Trainingslager geht. Was sie besonders freut: Ihr Trainingskollege Ilja Smorguner kann neben ihr Platz nehmen.
Werktags um 6.30 Uhr
Eine Wildcard verschafft dem 37-Jährigen die Ehre, denn als Fünfter in Frankreich hatte der Athlet des SC Idstein die Reise noch verpasst. „Wir haben das alles zusammen durchgemacht“, sagt die Wahl-Wiesbadenerin. Diese vermutlich einmalige Chance gemeinsam wahrnehmen zu dürfen, und das in dem Land, in dem sich die Geschichte ihres Sports bis ins 19. Jahrhundert auf den Okinawa-Inseln zurückverfolgen lässt, sei unglaublich.
2024 in Paris wird Karate schon wieder nicht mehr olympisch sein. Die wahrscheinlich einzige Teilnahme ohne Publikum zu absolvieren, „das war mir vor der Qualifikation total egal“. Jetzt jedoch habe sich das geändert. Dieses „Once in a lifetime“-Erlebnis würde Jasmin Jüttner gerne mit anderen teilen. „Ich wünschte mir, ich könnte möglichst vielen Zuschauern präsentieren, was ich liebe.“
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