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#„Eure Ignoranz ist unser Alptraum“

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„Eure Ignoranz ist unser Alptraum“

Ein halbes Leben lang hat Otto Romberg die Deutschen gegen das Virus des Antisemitismus zu immunisieren versucht. Seinen Impfstoff hat er jeweils viermal im Jahr in der Tribüne verabreicht, der in Frankfurt erscheinenden Zeitschrift zum Verständnis des Judentums, die er 1960 gegründet hatte. Mit Heft 204 stellte Romberg Ende 2012 die Tribüne ein. Nicht aus Resignation, sondern wegen der Krise im Anzeigengeschäft, die das finanzielle Fundament der Zeitschrift untergraben hatte. Jetzt, kurz vor seinem 90. Geburtstag, zieht Romberg einen Bilanzstrich unter seinen fünfzigjährigen publizistischen Kampf gegen Judenfeindschaft: „Er war vergeblich.“

Dabei hatte alles so hoffnungsfroh angefangen. Romberg konnte seine Journalistenkarriere im Westen fortsetzen, nachdem er 1956 nach dem gescheiterten ungarischen Aufstand gegen die Kommunisten aus seiner Heimatstadt Budapest nach Österreich hatte fliehen können.

Zum Schlüsselerlebnis wurden für ihn Hakenkreuzschmierereien an Synagogen in Köln und Bonn im Jahr 1960. Romberg sah nur zwei Möglichkeiten: entweder Deutschland, wo er als Korrespondent für eine österreichische Zeitung arbeitete, wieder schleunigst zu verlassen oder etwas gegen den wieder auf­keimenden Antisemitismus zu unternehmen.

Er entschied sich für den Kampf und gründete zusammen mit seiner Frau die Tribüne. „Wir glaubten fest daran, etwas bewegen zu können“, erinnert sich der weltgewandte Grandseigneur aus Ungarn.

„Es hat sich nichts geändert“

Vor allem das Verhalten vieler junger Leute, die sich von der Nazivergangenheit der Eltern- und Großelterngeneration abgrenzten, machte ihm große Hoffnung. Und tatsächlich erreichte Romberg mit der Tribüne, für die er zahllose Interviews mit Politikern von Willy Brandt über Helmut Kohl bis zu Angela Merkel geführt hat, ein junges Publikum; die Zeitschrift wurde von vielen Schulen abonniert.

„Sehr traurig“ nennt Romberg die „Palästinenser“-Demonstrationen gegen Israel während der vergangenen Tage, auf der Schmährufe gegen Juden skandiert wurden. Doch es ist nicht nur die Judenfeindschaft mancher muslimischer Zuwanderer, die Romberg hat resignieren lassen, sondern auch der rechts- oder linksgestrickte einheimische Antisemitismus, der scheinbar unaufhaltsam in die Mitte der Gesellschaft einsickert. „Es hat sich nichts geändert“, fasst Romberg seine Enttäuschung zusammen.

Auf „Palästinenser“-Demonstrationen, wie hier in Frankfurt, wurden in den letzten Tagen immer wieder antisemitische Parolen skandiert.


Auf „Palästinenser“-Demonstrationen, wie hier in Frankfurt, wurden in den letzten Tagen immer wieder antisemitische Parolen skandiert.
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Bild: dpa

Er hört sich an wie damals Ignatz Bubis, langjähriger Vorsitzender der Frankfurter Jüdischen Gemeinde und Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, der unermüdlich und wortgewaltig für ein selbstbewusstes deutsches Judentum gestritten hatte und gegen Ende seines Lebens resigniert feststellte: „Ich habe nichts erreicht.“

Im Tod hat Bubis Deutschland zuletzt den Rücken gekehrt: Er ließ sich nicht in Frankfurt, sondern in Israel beerdigen. Seine einstige persönliche Referentin, Elvira Grözinger hat hingegen nicht resigniert. Auf Facebook kommentiert sie engagiert antijüdische Vorfälle, die jüngsten „Judenhass-Demos“ in deutschen Städten nennt sie unerträglich und plädiert für ein Verbot von Organisationen militanter palästinensischer Organisationen in Deutschland.

Doch auch Grözinger macht die judenfeindliche Stimmung im Zusammenhang mit dem Raketenbeschuss Israels durch die Hamas und den Gegenattacken der israelischen Armee zu schaffen.

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In diesen Tagen würden die deutschen Juden von Feinden und von manchen Freunden für Israelis gehalten – und dies nach 1700 Jahren jüdischer Präsenz hierzulande, postete sie jüngst. „Da werden auch weitere 1700 Jahre nichts ändern“, bemerkte dazu einer ihrer Facebook-Freunde. „Ja“, bekräftigte eine ebenfalls jüdische Freundin, „man fremdelt immer mit uns“.

Resigniert die hiesige jüdische Bevölkerung, fühlt sie sich bedroht, zieht sie sich zurück, um nicht Zielscheibe von Attacken zu werden?

Zumindest in Frankfurt fühlt sich Cathy Miller, eine 56 Jahre alte Mutter, die als Beraterin und Business Coach arbeitet, immer noch sicher. Schließlich sei sie eingebettet in die Jüdische Gemeinde, und diese finde mit ihren Anliegen Gehör bei der Stadt.

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