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#Falscher Freund: 30 Euro, Doppelleben: 250 Euro

Falscher Freund: 30 Euro, Doppelleben: 250 Euro

Ein geheimes Doppelleben als Domina und Ehefrau und Mutter führen? Das können sie ermöglichen, sagen die „Freiraummanager“. Sie bieten freilich auch weniger spektakuläre Dienstleistungen an. So kann man bei ihnen für 89 Euro einen Trauergast für eine Beerdigung mieten. Von 300 Euro an kann man die Dienstleistungen eines privaten Chauffeurs einschließlich Limousine in Anspruch nehmen.

Die Geschäftsidee von Freiraummanager ist nach eigenen Angaben, „Menschen zu helfen, welche durch dritte Personen eingeengt werden“. Die Agentur erfüllt Aufträge, die vielen absurd erscheinen dürften. So führe ein Stammkunde mithilfe der Agentur schon seit 18 Jahren ein Doppelleben. Ein sorgenfreies Doppelleben werde ab 249 Euro angeboten, heißt es auf der Homepage. Die Alibiprofis haben es sich zur Aufgabe gemacht, für jede Situation die passende Lüge parat zu haben.

Vor gut zwanzig Jahren benötigten zwei Freunde des Geschäftsführers der Agentur, Stefan Eiben, an einem Samstagabend aus privaten Gründen ein Alibi. Geholfen, dieses Alibi an dem Abend aufrechtzuerhalten, habe er zwar nicht, sagt er. Allerdings kam ihm noch in dieser Nacht erstmals der Gedanke, fremden Frauen und Männern dabei zu helfen, uneingeschränkt von anderen Menschen über das eigene Leben bestimmen zu können – so beschreibt er seine Geschäftsidee. Zu diesem Zeitpunkt war der gelernte Systemadministrator der Inhaber einer Internetagentur. Er stellte seine Alibiagentur an einem Wochenende online. Schon nach kurzer Zeit kamen die ersten Anfragen.

Domina, aber auf dem Papier Kauffrau

Man habe für jeden das passende Angebot, heißt es. Ko-Geschäftsführer Jan Benjamin Rademacher berichtet von einer Frau aus Süddeutschland. Sie gehe einer Tätigkeit im Erotikbereich nach, werde aber ansonsten von der Gesellschaft nicht stigmatisiert. Die Frau sei auf dem Papier angestellte Bürokauffrau und besitze Fake-Visitenkarten. Diese Präventionsmaßnahmen sollen laut Rademacher Aussagen verhindern wie „Ich habe gehört, du bist Domina und verprügelst Männer“. „Manche Gegenden in Deutschland sind noch erzkatholisch“, sagt er.

Rademacher berichtet von weiteren Doppelleben, die man organisiert hat, zum Beispiel für einen homosexuellen Offizier der Bundeswehr, der über seinen Beruf und die sozialen Medien in der Öffentlichkeit steht. Ihm richtete man ein öffentliches heterosexuelles Leben ein. Es werden monatliche Treffen mit der falschen Ehefrau organisiert, um Bilder für die Öffentlichkeit zu machen. Homosexualität werde „in der Männerdomäne immer noch konservativ“ behandelt, sagt Rademacher.

Er schildert außerdem die Situation einer Vorstandsvorsitzenden eines großen Unternehmens. Diese Frau engagiere sich neben ihrer Arbeit ehrenamtlich, wolle aber nicht, dass es so scheine, als sei eine starke Geschäftsfrau auch verletzlich. Sie sorge sich, andere könnten denken, sie habe ein Helfersyndrom.

Abwesenheit in der digitalen Welt

Man hilft Personen des öffentlichen Lebens, eine Abwesenheit in der digitalen Welt glaubhaft zu machen. Diese wird mit „digital detoxing“, digitaler Entgiftung, begründet. Man zieht sich scheinbar für kurze Zeit aus der digitalen Welt zurück, um sich im Hier und Jetzt auf die physische Welt zu konzentrieren. Die Alibiprofis täuschen vor, dass sich der Kunde in einem Seminar befindet. Dafür werden ein falscher Ablaufplan und ein falscher Kursnachweis erstellt. Falls das nicht ausreicht, steht ein Fake-Kursleiter zur Verfügung, um alles zu „bestätigen“.

Die Angebotsvielfalt ist groß: falsche Dokumente, Fake-Telefongespräche, falsche Meldeadressen, ein vorgetäuschter Auslandsaufenthalt. Es gibt auch die Möglichkeit, einen VIP-Status ab einem Preis von rund 200 Euro zu erwerben. Damit bekommt man Zugang zu exklusiven Clubs. Laut Freiraummanager erzeugt eine solche Mitgliedskarte, wenn man sie wie zufällig auf dem Tisch liegen lässt, Aufmerksamkeit und erfahrungsgemäß eine nachhaltige Wirkung. Dieser Service werde zunehmend von Frauen genutzt.

Besonders absurd mag ein gefälschter Lügendetektortest erscheinen, es gibt ihn ab rund 600 Euro. Dieses Angebot werde zu 75 Prozent von Frauen in Anspruch genommen. Die gefälschten Tests retten Rademacher zufolge Ehen. Man manipuliere sie so, dass jegliche Lügen und Geheimnisse aufrechterhalten werden könnten.

Falsche Angehörige für die Trauerfeier

Mithilfe von Freiraummanager kann man sich auch Fake-Freunde, Fake-Gäste und Fake-Angehörige für eine Trauerfeier mieten, eine Trauzeugin, eine Brautjungfer. Einen einfachen Freund gibt es ab 29 Euro. Meistens würden die Dienstleistungen als Hilfestellung in Alltagssituationen beansprucht, sagt Rademacher. „Wir sind in diesen Fällen scheinbar unkomplizierter als die eigene Familie, der eigene Freundes- und Bekanntenkreis.“ Man erlaube sich keine Meinung zu den Anliegen der Klienten.

Freiraummanager nennt sich „Lifestyle Agentur“, zählt acht Mitarbeiter im Tagesgeschäft und ist mit mehr als 1000 Schauspielern in Österreich und Deutschland vertreten. 2020 wurde ein Jahresumsatz von rund 800 000 Euro erzielt. Sobald das öffentliche Leben wieder richtig anspringe, werde der Umsatz um 80 Prozent steigen, prognostiziert das Unternehmen. Zurzeit expandiert Geschäftsführer Stefan Eiben nach Spanien.

Der Artikel stammt aus dem Schülerprojekt „Jugend und Wirtschaft“, das die F.A.Z. gemeinsam mit dem Bundesverband deutscher Banken veranstaltet.

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