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Filme des Grauens: Can’t Stop the Music

Ausgerechnet eine Village People, die für Queer standen, sollten das Aushängeschild eines Familienfilms werden.

Es gibt Flops – und es gibt «Can’t Stop the Music». Der Film aus dem Jahr 1980 gilt bis heute als einer der spektakulärsten Fehlschläge der Filmgeschichte. Als knallbuntes Musical rund um die Disco-Formation Village People geplant, endete das Projekt in einem katastrophalen Mischmasch aus Selbstüberschätzung, schlechtem Timing und dem völligen Unverständnis darüber, was Kinozuschauer eigentlich sehen wollen. Der Film ist so verrückt, so überproduziert und so hanebüchen, dass er längst Kultstatus unter Trash-Fans erreicht hat.

«Can’t Stop the Music» erzählt eine fiktive Entstehungsgeschichte der Village People. Im Zentrum steht ein junger Komponist (Steve Guttenberg), der mit Hilfe seiner Model-Freundin (gespielt von Ex-Olympionikin Caitlyn Jenner, damals noch unter dem Namen Bruce Jenner bekannt) und einer resoluten Musikmanagerin (Valerie Perrine) eine neue Band aufbauen will. Diese besteht, wie wir wissen, aus einem Polizisten, einem Cowboy, einem Bauarbeiter, einem Soldaten, einem Indianer und einem Lederbiker. Die Story? Dünn. Die Dialoge? Peinlich. Die Musiknummern? Überzogen bis ins Groteske. Alles wirkt wie ein endloses Musikvideo auf LSD.

Die 1970er endeten mit einem Höhepunkt der Disco-Welle. Filme wie «Saturday Night Fever» hatten den Weg geebnet für Musikfilme mit großen Tanzszenen. Die Village People, als erfolgreiches Disco-Phänomen mit Songs wie „Y.M.C.A.“ oder „Macho Man“, waren kommerziell höchst erfolgreich – und ihre Plattenfirma Casablanca Records suchte nach neuen Wegen der Markenverwertung.

Ein Film sollte das Band-Image weiter festigen – dabei wurde übersehen, dass Disco 1980 bereits tot war. Die sogenannte «Disco Demolition Night» von 1979 hatte das Genre endgültig verbrannt. Inmitten dieses Kulturwandels kam «Can’t Stop the Music» in die Kinos – und wurde zu einem Mahnmal dafür, was passiert, wenn Produzenten und Studios den Zeitgeist völlig verkennen.

Die Regie übernahm Nancy Walker, besser bekannt als Schauspielerin in Sitcoms wie «Rhoda» oder «The Mary Tyler Moore Show». *Can’t Stop the Music* war ihr Regiedebüt und blieb zugleich ihr einziger Kinofilm. Sie hatte keinerlei Erfahrung im Umgang mit einem so aufwändigen Projekt, das eher eine Choreografin oder ein Musical-Veteran gebraucht hätte. Ihre Inszenierung wirkte stellenweise wie eine Revue aus dem Lokalfernsehen – mit gigantischem Budget.

Das Drehbuch stammt von Allan Carr, Produzent des Filmklassikers «Grease». Carr war ein exzentrischer Hollywood-Player, bekannt für seinen Hang zum Camp und zur Extravaganz. Seine Idee war es, ein „glitzerndes Disco-Erlebnis für die ganze Familie“ zu schaffen. Was er nicht erkannte: Die Village People waren nie familienfreundlich, sondern ein ikonisches Symbol der queeren Subkultur. Diese Zweideutigkeit wurde im Film so weit geglättet, dass am Ende nur greller Kitsch übrig blieb.

Allan Carr starb 1999. Seine Karriere konnte sich nach dem Fiasko kaum erholen. 1989 wurde er nochmals prominent – als Produzent der Oscars, was mit der berüchtigten „Rob Lowe singt mit Schneewittchen“-Nummer endete. Wieder ein Desaster. Nancy Walker konzentrierte sich nach dem Flop wieder aufs Fernsehen, wo sie bis zu ihrem Tod 1992 aktiv blieb. Steve Guttenberg konnte den Film weitgehend abschütteln und startete später mit «Police Academy» und «Cocoon» durch. Valerie Perrine hingegen, einst Oscar-nominiert für «Lenny», erlebte mit «Can’t Stop the Music» ihren Karriereknick. Caitlyn Jenner wiederum trat nach dem Film kaum noch als Schauspieler auf und wurde später als Reality-TV-Star weltbekannt.

Der Film spielte in den USA gerade einmal rund zwei Millionen Dollar ein – bei Produktionskosten von über 20 Millionen. Der Kritiker Roger Ebert nannte ihn einen „schwer fassbaren, seltsam faszinierenden Reinfall“. 1981 wurde «Can’t Stop the Music» mit der „Goldenen Himbeere als Schlechtester Film des Jahres“ ausgezeichnet – die allererste überhaupt verliehene „Razzie“. Und das völlig zu Recht. «Can’t Stop the Music» ist ein Denkmal des Größenwahns, ein Film, der nicht versteht, für wen er eigentlich gedacht ist. Vielleicht kann man heute sogar ein bisschen Spaß daran haben – unter der Rubrik: „So schlecht, dass es schon wieder gut ist.“ Aber damals war es einfach nur peinlich.

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