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#Flirt mit Nathalie

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Flirt mit Nathalie

Schmetterlingstüren, Schalensitze, das Lenkrad wie im Formel-1-Boliden, ein dreiteilig entfaltetes Cockpit-Display, FIA-zertifizierter Überrollkäfig – spätestens beim Anlegen der Renngurte steigt der Blutdruck. Es kann losgehen. Mit dem Fuß auf der Bremse und Druck auf den roten Startknopf im Lenkrad.

Unter leisem Surren fahren elektronische Systeme hoch, eine Pumpe nimmt die Arbeit auf. An der Klaviatur der Fahrschalter drücken wir „D“ und rollen nahezu lautlos vom Hof. Dann fällt der Blutdruck in den Keller. Denn geräuschloses Fahren macht nicht an, es ist nicht sexy. Wir juckeln im Ingolstädter Stadtverkehr von Ampel zu Ampel, eigentlich so wie in jedem anderen Elektroauto auch. Bis zur Autobahnauffahrt Ingolstadt-Süd.

Einfädeln auf die Überholspur, aufs Gas- – sorry, aufs Fahrpedal –, und dann raubt es dem Fahrer den Atmen. Ein explosionsartig einsetzender Schub sitzt uns im Nacken, 1000 Nm Drehmoment liegen an, konstant, eine nicht abreißende Durchzugskraft, da hängen 544 PS (400 kW) am rechten Fuß. Nur wenige und extrem teure Supersportwagen mit Verbrennungsmotor drücken vergleichbar aufs Tempo. Bei 170 km/h ein leises „Klack“, die Nathalie hat den zweiten Gang eingelegt, ohne Zugkraftunterbrechung. Statt Antriebssound hören wir dumpfe Abroll- und ein paar pfeifende Windgeräusche.

Der Vater dieses elektrischen Sportcoupés ist Roland Gumpert, ein branchenbekannter Visionär. Er verspricht eine Beschleunigung aus dem Stand auf 100 km/h in 2,5 Sekunden, die der 1,8-Tonnen-Zweisitzer nur mit Allradantrieb umsetzen kann. Wir erleben den enormen Schub bis weit über 200 km/h. Selbst in diesen Sphären reißt der Nachdruck nicht ab. Die Endgeschwindigkeit von 300 km/h zu erreichen, lässt der Verkehr nicht zu.

Schmetterlingstüren dürfen bei so einem Sportwagen nicht fehlen.



Bilderstrecke



Elektro-Sportwagen
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Gumpert Natalie

Spätestens jetzt werfen Verfechter der Elektromobilität ein, dass den Wagen solch hochdynamische Fahrweisen nicht guttun. Weil deren Batterie in wenigen Minuten leergesaugt sei und der anschließende Ladestopp länger dauere als das kurzfristige Fahrvergnügen. Um genau dieses Argument zu entkräften, hat Gumpert seinen Zweisitzer entwickelt.

Die recht zart gebaute, nur 1,31 Meter flache Gumpert Nathalie trägt auf einer Verkehrsfläche von 4,37 Meter Länge und 2,08 Meter Breite über einem extrem leichten und verwindungssteifen Chassis aus mit Karbonfaser verstärktem Kunststoff (CFK) eine Karosserie, deren tragende Teile zur Hälfte ebenfalls aus Karbon bestehen. Die andere Hälfte machen Anbauteile aus einem wiederverwertbaren Kompositmaterial aus. Es wird aus mit Kunstharz verklebtem Hanf gefügt und bildet Fronthaube, Kotflügel, Heckschürze, die Böden sowie Innenverkleidungen ab.

Vier jeweils 136 PS (100 kW) starke Elektromotoren ziehen Strom aus einem T-förmig im Mitteltunnel und hinter den Sitzen verbauten Akku. Dessen Kapazität von 60 kWh erlaubt je nach Fahrweise eine Reichweite von 100 bis 350 Kilometern, bevor sich der Fahrer an einer Ladesäule die Füße in den Bauch stehen müsste. Normalerweise, doch die langen Ladezeiten sieht Gumpert als unzumutbare Reiseunterbrechungen und schafft sie zum Teil ab. Seine Lösung: Nachgeladen wird unterwegs. Über eine Brennstoffzelle mit einem Wirkungsgrad von 45 Prozent als Range Extender verspricht er bis zu 820 Kilometer.

Während der Fahrt oder beim Parken

Die dänische Blue World Technologies in Aalborg stellt kompakte Brennstoffzellen für automobile Anwendungen her. Eine mit 15 Kilowatt Leistung baut sie genau passend für die Nathalie. Doch Gumpert ist die Betankung mit Wasserstoff ein Dorn im Auge: Das H2 an Bord erzeugen, in Strom umwandeln und in die Batterie einspeisen, das ist seine Lösung.

So entwirft Gumpert ein Kochrezept, wie er es nennt, und richtet an: Ein Reformer, welcher der Brennstoffzelle vorgeschaltet ist, wandelt wässriges Methanol, das zu gleichen Teilen mit Wasser gemischt ist, in Wasserstoff um. Ohne dass mit explosiver Chemie hantiert werden müsste, denn industriell hergestelltes Methanol ist in dieser Hinsicht vergleichsweise harmlos. Der gewonnene Wasserstoff setzt in der Brennstoffzelle elektrische Energie frei und lädt so die Hochvoltbatterie. Während der Fahrt oder beim Parken. Reformer und Brennstoffzelle bilden eine geschlossene Einheit und sind im Vorderwagen verbaut. Der Tank fasst 65 Liter, Gumpert liefert seinen Kunden im ersten Jahr das Methanol kostenfrei. Wenn mehr Leistung abgerufen wird, als Brennstoffzelle und Batterie zusammen liefern können, ein Zustand, der laut Gumpert selten eintritt, begrenzt Nathalie ihre Höchstgeschwindigkeit auf 120 km/h.

Roland Gumpert glaubt an die Zukunft seines Antriebssystems, das problemlos an Personenwagen aller Klassen angepasst werden könne. Die Blaupause für eine Limousine liegt bereits vor. Allerdings reichen die Fertigungskapazitäten bei Gumpert in Ingolstadt zunächst nur für maximal 500 Nathalie in vier Jahren. Zum Preis von 407.000 Euro an plus Steuern geht es mit 20 Einheiten der First Edition los. Von Anfang 2021 an fahren die ersten in Kundenhand. Es lägen zahlreiche Vorbestellung vor, sagt Gumpert, einschließlich der 15.000 Euro Anzahlung.

Warum etablierte deutsche Automobilhersteller eine vergleichbare Lösung nicht favorisieren? Roland Gumpert schaut zum Himmel, sinniert über die Macht der Wasserstofflobby und beantwortet die Frage knapp und bedeutungsschwer: „Weil sie schlafen!“ Ob das der einzige Grund ist, lässt sich schwer beurteilen. Kritiker des Methanol-Konzepts wenden ein, dass der Heizwert je Liter nur etwa die Hälfte von Benzin betrage. Beim Reforming-Prozess werde Kohlendioxid freigesetzt. Und wenn das Methanol aus umweltfreundlich erzeugtem Synthesegas hergestellt werden soll, wird dazu dann doch wieder Wasserstoff gebraucht.

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