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#Fragile Freundschaft auf dem Prüfstand

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Fragile Freundschaft auf dem Prüfstand

Gefragt, ob sie eine zeitgenössische deutsche Persönlichkeit aus dem Bereich Kunst, Kultur und Sport kennen, muss die Hälfte der Italiener passen. Der anderen Hälfte fällt am ehesten ein Sportler ein, etwa zwanzig Prozent nennen Michael Schumacher, zehn Prozent Sebastian Vettel. Anders verhält es sich, wenn sie auf konkrete Namen angesprochen werden. Dann kennen 73 Prozent Sebastian Vettel, 25 Prozent die Band Rammstein, 23 Prozent die Schriftstellerin Herta Müller, siebzehn Prozent die Serie „Babylon Berlin“ und acht Prozent Jürgen Habermas.

Andreas Rossmann

In der Gegenrichtung sieht es etwas anders aus, da stehen keine Sportler vorne, sondern Eros Ramazzotti, der auf fünfzig Prozent, und Gianna Nannini, die auf zwanzig Prozent kommt; dreißig Prozent der Deutschen kennen Sophia Loren und sechzehn Prozent Adriano Celentano. Namentlich auf prominente Italiener angesprochen, erreicht Gianna Nannini sogar 72 und Umberto Eco 59 Prozent, mit der Serie „Gomorra“ können 27, mit dem Regisseur Roberto Benigni 25 und mit der Schriftstellerin Elena Ferrante neun Prozent etwas anfangen.

Insgesamt geringe Kenntnisse

Diese Daten finden sich in einer Umfrage, die das Büro Italien der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegeben und Ipsos im Herbst 2020 durchgeführt hat: In beiden Ländern wurden jeweils 1650 Personen interviewt. Die auch auf Nachfrage insgesamt geringen Kenntnisse müssen erstaunen angesichts der engen Beziehungen beider Länder: Deutschland ist für Italien mit Abstand der wichtigste Handelspartner, während Italien für Deutschland an fünfter Stelle steht. Allein die Lombardei hat ein größeres Import-Export-Volumen mit Deutschland als Japan.

Beide Länder sind Gründungsstaaten der Europäischen Union, und beide Bevölkerungen stellen trotz aller Skepsis, die in Italien heute größer ist als in Deutschland, die Mitgliedschaft mehrheitlich nicht in Frage. Doch stärker als ihre Position hat sich die Wahrnehmung verschoben. Gebeten, eine Rangliste der europäischen Länder nach Umfang ihrer Industrieproduktion vorzunehmen, kommen Deutsche und Italiener auf die gleiche Reihenfolge: Deutschland liegt auf Platz eins – Italien auf Platz vier. Der erste Teil der Antwort ist richtig, der zweite falsch. Denn Italien steht, auch wenn der Abstand zu Deutschland in den vergangenen Jahren gewachsen ist, weiter an zweiter Stelle, vor Großbritannien, Frankreich und Spanien. Dass es die Deutschen, aber vor allem die Italiener nicht besser wissen, ist bezeichnend.

Die Bürger beider Länder stimmen darin überein, dass sie Deutschland mehrheitlich positiv und Italien mehrheitlich negativ beurteilen. Dabei fällt auf, dass die Italiener ein deutlich besseres Bild von Deutschland haben als die Deutschen selbst. Die Italiener, anders als die Deutschen, haben optimistische Erwartungen. Auf beiden Seiten, so die Autoren der Umfrage, „ist eine kontrafaktische Generalisierung des Negativbilds Italiens zu konstatieren“. Übertragung und Gegenübertragung verlaufen geradezu musterhaft: Spiegelbildlich kommt es bei den italienischen Befragten zu einer deutlichen Überschätzung Deutschlands. Kann es sein, dass es sich bei den antideutschen Ressentiments, die in Italien zu vernehmen sind, auch um Neid handelt, der auf falschen Annahmen beruht? Um Phantomneid?

Die verzerrten Wahrnehmungsmuster erwachsen aus mangelhaften Kenntnissen über das andere, aber auch das eigene Land, wie (nicht nur) die Angaben zu den EU-Beiträgen bestätigen: 71 Prozent der deutschen Befragten glauben, dass Italien mehr aus dem EU-Haushalt erhält als es einzahlt, nur fünf Prozent sehen das Land richtigerweise als Nettozahler. Auf italienischer Seite wissen nur 42 Prozent, dass ihr Land, und nur zwanzig Prozent, dass Deutschland zu den Nettozahlern gehört.

Auch das Interesse ist asymmetrisch: 72 Prozent der Deutschen berichten von mindestens einem Italienbesuch, während nur vier von zehn Italienern schon einmal in Deutschland waren. Wurde in der vorherigen Meinungsumfrage der Ebert-Stiftung das deutsch-italienische Verhältnis noch mit „Fremde Freunde“ überschrieben, lautet der Titel nun „Fragile Freundschaft“. Die „schleichende Entfremdung“, die 2009 eine Studie des Instituts für Zeitgeschichte seit dem Mauerfall ausmachte, habe, so das Fazit, „eher zu- als abgenommen“.

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