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#Freudenschüsse in die Luft

Wenn die Schwiegermutter das Gewehr aus dem Schrank holt und der neunjährige Sohn in der Wahlkabine ein Kreuz machen darf: Wie ich die historische Kommunalwahl in der Türkei erlebte. Ein Gastbeitrag.

Ostern bin ich Zeuge eines historischen Wahlsiegs geworden. Man könnte sagen: Einer Auferstehung der Demokratie in der Türkei. Am Karfreitag landete ich mit meinem neunjährigen Sohn auf dem Flughafen in Ankara, er wollte seinen Cousin besuchen. Zunächst noch das gewöhnliche Bild: Überall Präsident Recep Tayyip Erdoğan, auf Plakaten, auf allen Fernsehbildschirmen, sogar entlang der Autobahn in die Stadt ein Erdoğan-Wahlplakat nach dem anderen: Man sieht ihn mit Sonnenbrille und einer Jacke wie Tom Cruise in „Top-Gun“ als Kampfpilot. Von Erdoğan in dieser Pose wurden Millionen Plakate angefertigt, obwohl er diesmal gar nicht direkt zur Wahl stand, es waren ja Kommunalwahlen.

Ostersamstag, am Vortag der Auferstehung, sind wir noch die Stufen zum Atatürk-Mausoleum in Ankara hochgestiegen. Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk ist der Urvater der Republikanischen Volkspartei CHP, die seit Jahrzehnten in den Präsidentschaftswahlen Erdoğans islamisch-konservativer AKP unterlegen ist. Oben auf dem Hauptplatz des Mausoleums exerzierten Soldaten die Wachablösung mit Befehlen und Gebrüll, auch das klang noch wie Erdoğan. Tausende liefen mit den Soldaten mit, filmten, winkten, salutierten. Einige standen in der Ehrenhalle des Mausoleums und weinten. Andere drängten sich, ihre Angehörigen vor dem symbolischen roten Marmor-Sarkophag zu platzieren und zu fotografieren, um danach auch zu weinen. Könnte man sich so etwas am Grab von Konrad Adenauer oder Theodor Heus vorstellen, den Gründungsvätern der Bundesrepublik?

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