#Gab es in Athribis ein Felsheiligtum?

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Archäologen könnten bei Ausgrabungen im ägyptischen Athribis den Eingang zu einem antiken Felsentempel freigelegt haben. Zwei monumentale, einst 18 Meter hohe Tortürme flankieren einen Eingang, hinter dem sich ein hinter Schuttbergen verborgenes Felsheiligtum verbergen könnte. Inschriften am Tor deuten darauf hin, dass diese Tempelanlage unter Ptolemaios VIII. im 2. Jahrhundert v. Chr. errichtet wurde. Im Torbereich zeigen Reliefs unter anderem die löwenköpfige Göttin Repit und den Fruchtbarkeitsgott Min.
Die Ruinen der Tempelanlage von Athribis liegen rund 200 Kilometer nördlich von Luxor nahe des Dorfes Sohag. Auf über 30 Hektar erstreckt sich dort eine erst zum kleinen Teil erkundete archäologische Fundstätte. Schon seit 2012 finden Ausgrabungen eines Teams der Universität Tübingen und des ägyptischen Ministeriums für Tourismus und Altertümer statt, um den hier vermuteten Tempelbezirk mitsamt Siedlung, Nekropole und Steinbrüchen freizulegen. Die Anlage wurde in der Zeit zwischen 144 vor und 138 nach Christus errichtet und damit in der Zeit der ptolemäischen Herrscher über Ägypten. Einen unter Ptolemaios XII. errichteten Tempel hat das Team bereits freigelegt.

Pylon mit monumentalen Tortürmen
Jetzt berichtet das Tübinger Archäologenteam um Projektleiter Christian Leitz und Grabungsleiter Marcus Müller von neuen Funden, die auf die Existenz eines ptolemäischen Felsheiligtums in Athribis hindeuten. Indiz dafür ist ein sogenannter Pylon – eine für antike ägyptische Tempel charakteristische Toranlage mit zwei flankierenden Türmen. Das gesamte Torbauwerk war einst 51 Meter breit, die beiden monumentalen Tortürme des Pylons waren Schätzungen zufolge rund18 Meter hoch. Heute sind von dieser Höhe jedoch nur rund fünf Meter übrig. Zwischen den Tortürmen vermute man den Eingang zu einem in den Fels gehauenen Tempel, noch sei dieser jedoch von hoch aufgetürmten Schuttbergen verdeckt, berichten Leitz und Müller.
Erste Ausgrabungen im nördlichen Turm und am Eingangstor haben bereits spannende Funde zutage gefördert. Im Eingangstor fand das Team unter anderem Reliefs eines Königs, der der löwenköpfigen Göttin Repit und ihrem Sohn Kolanthes Opfer darbringt. Dort entdeckte hieroglyphische Inschriften verraten auch, welcher König für die Dekoration und vermutlich auch für den Bau des Pylons verantwortlich war: Ptolemaios VIII. aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. Bei den Ausgrabungen im nördlichen Turm stießen die Archäologen auf den Eingang zu einer Kammer, der von einem rund 20 Tonnen schweren, in den Sand gestürzten Deckenblock versperrt war. Nachdem das Team diesen Steinblock mit einem Luftkissen, Holztürmen und Rollen aus dem Weg geräumt hatte, konnte es die Turmkammer betreten.
Götterreliefs und eine Kammer im Torturm
Es zeigte sich: Die Kammer im Nordturm des Pylons ist etwa sechs Meter lang und fast drei Meter breit. Ein Korridor führte durch den Pylon zur Kammer, sodass sie auch von außen zugänglich war. Die Archäologen vermuten, dass die Kammer erst als Lagerraum für Tempelgerätschaften genutzt wurde und später als Ablage für Amphoren diente. Ähnlich wie der Eingang zum mutmaßlichen Felsentempel war auch der Zugang zur Kammer mit Reliefs und Hieroglyphen verziert: Auf einer Seite ist erneut die Göttin Repit zu sehen, während der gegenüberliegende Türrahmen den Fruchtbarkeitsgott Min zeigt.
Die Götterreliefs werden zudem von zwei selten dargestellten Wesen begleitet, wie das Team berichtet: Das Relief zeigt je einen sogenannten Dekan – einen Stern, dessen Auf- und Untergang der Zeitrechnung diente und der in der ägyptischen Mythologie für eine bestimmte Zeiteinheit stand. Die beiden Dekan-Sterne auf dem Athribis-Tor sind mit einem Falken- und einem Ibiskopf verziert. Einzigartig in der ägyptischen Tempelarchitektur ist auch eine zweite Tür an der Fassade des Pylons, die zu einem bislang unbekannten Treppenhaus führt. Die Archäologen vermuten, dass es ins heute zerstörte Obergeschoss des Turmes führte, wo sich wahrscheinlich weitere Lagerräume befanden.
Zurzeit setzt das Archäologenteam seine Ausgrabungen in Athribis fort mit dem Ziel, Hinweise auf den hinter dem Pylon vermuteten Tempel zu finden. „Fein geglättete Kalksteinblöcke an einer senkrecht abgeschlagenen Felsfassade könnten zu einem Felsheiligtum gehören“, sagt Leitz. Die mehr als vier Meter hohe Fundlage und Dekorationen, wie sie für den oberen Abschluss eines Tempels typisch sind ‒ beispielsweise ein Kobrafries ‒, deuten darauf hin, dass sich dahinter eine Tür finden könnte.
Quelle: Eberhard Karls Universität Tübingen, Athribis-Projekt
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