#Gammastrahlenausbruch am Jet vom M87* eingefangen

Inhaltsverzeichnis
Das supermassereiche Schwarze Loch M87* ist durch das erste Foto eines Schwarzen Lochs berühmt geworden. Jetzt präsentieren Astronomen neue spannende Beobachtungen von diesem rund 55 Millionen Lichtjahre entfernten Schwarzen Loch und seinem Jet aus Strahlung und relativistischen Teilchen. Erstmals ist es ihnen gelungen, im Rahmen einer Multiwellenlängen-Beobachtungskampagne den Lichtring und den Jet des Schwarzen Lochs während eines Gammastrahlenausbruchs zu beobachten. Die Aufnahmen und Messdaten dieses Ereignisses vom energiereichen Gammastrahlungsbereich über Röntgen-, UV- und sichtbares Licht bis in den langwelligen Radiowellenbereich liefern wertvolle neue Erkenntnisse über den Ursprung solcher Strahlungsausbrüche im Umfeld aktiver Schwarzer Löcher und helfen dabei, theoretische Modelle zu den Triebkräften der hochenergetischen, beschleunigten Teilchen einzugrenzen.
Die Galaxie Messier 87, auch bekannt als NGC 4486, liegt rund 55 Millionen Lichtjahre von uns entfernt im Virgo-Galaxienhaufen und ist vor allem durch ihr aktives Schwarzes Loch M87* bekannt. Dieses supermassereiche Schwarze Loch umfasst rund 6,5 Milliarden Sonnenmassen und ist damit weit größer und massereicher als das zentrale Schwarze Loch der Milchstraße. Im Jahr 2019 wurde M87* weltberühmt, als es den Astronomen des Event Horizon Telescope (EHT) erstmals gelang, den Lichtring um den Ereignishorizont und den dunklen Schatten des Schwarzen Lochs selbst abzubilden – es war das erste Foto eines Schwarzen Lochs. Wenig später gelang es den Astronomen mithilfe dieses Verbunds gekoppelter Radioteleskope auch, den riesigen Jet aus energiereichen Teilchen und Strahlung aufzunehmen, der von diesem Schwarzen Loch ausgeht. Seit 1998 haben Gammastrahlenteleskope vom M87* zudem mehrere Strahlungsausbrüche in diesem kurzwelligen, energiereichen Bereich der Strahlung detektiert. Allerdings war es nicht möglich, den genauen Ursprung dieser Eruptionen zu bestimmen.
Multiwellenlängen -Kampagne zur richtigen Zeit
Jetzt berichten Astronomen um Projektkoordinator Giacomo Principe von der Universität Triest von der ersten koordinierten Beobachtung von M87* und eines Gammastrahlenausbruchs an diesem Schwarzen Loch mit Teleskopen von gleich sechs internationalen Beobachtungsverbunden und in Wellenlängen vom Gammastrahlenbereich über Röntgen-, UV- und sichtbares Licht bis hin zur langwelligen Radiostrahlung. Die Beobachtungen bestätigten zunächst die enorme Größe des Jets: Seine Länge übertrifft den Durchmesser des Ereignishorizonts um das Zehnmillionenfache – das entspricht dem Unterschied zwischen der Größe eines Bakteriums und dem größten bekannten Blauwal. Der Vergleich mit den ersten Aufnahmen vom M87* und seinem Jet enthüllte zudem, dass sich seine Position und die Stelle seines Ursprungs im Lichtring des Schwarzen Lochs im Verlauf dieses Jahres verändert hatten. „Das erste Bild von 2017 zeigte, dass die Emission des Rings ungleichmäßig war, mit helleren Bereichen, die Asymmetrien anzeigen. Nachfolgende Beobachtungen aus dem Jahr 2018 bestätigten diese Ergebnisse und zeigten, dass sich der Positionswinkel der Asymmetrie verschoben hatte“, sagt Co-Autor Daryl Haggard, Professor von der McGill University.
Die große Besonderheit der aktuellen Ergebnisse ist jedoch der Strahlungsausbruch, der sich im April 2018 zufälligerweise während der Beobachtungskampagne ereignete. Wir hatten das Glück, während der Multi-Wellenlängen-Kampagne des EHT einen solchen Gammastrahlenausbruch von M87* zu entdecken – das erste derartige Ereignis seit über einem Jahrzehnt“, sagt Principe. Der letzten Gammastrahlenausbruch aus M87* wurde im Jahr 2010 detektiert. Der Ausbruch machte sich durch einen plötzlichen Anstieg der Gammastrahlung bemerkbar. Dabei verdoppelte sich die Strahlungsabgabe oberhalb von 3690 Gigaelektronenvolt Energie im Verlauf von 36 Stunden, wie das Team berichtet. Der gesamte Helligkeitsausbruch dauerte im Gammabereich etwa drei Tage. Das glückliche Zusammentreffen mit der Multiwellenlängen-Beobachtungskampagne ermöglichte es den Astronomen erstmals, die Quelle eines solchen Flares und das Verhalten des Jets am Schwarzen Loch abzubilden. “Wir haben damit einen vollständigen Satz komplementärer, gleichzeitiger Multiwellenlängen-Beobachtungen für M87* erhalten, der nun die Modellierung und Interpretation unterstützt sowie Daten für die künftig Forschung liefert”, erklären die Astronomen. “Zusammen mit den EHT-Aufnahmen bieten diese Datensätze wertvolle Informationen, um die große Spannbreite theoretischer Szenarien für Akkretion und Jet-Ursprünge sowie für die Ursachen des Strahlungsausbruchs einzugrenzen.”
Ein-Zonen-Modell passt nicht
So erlaubten es die Auswertungen erstmals, das Ursprungsgebiet eines solchen Gammastrahlenausbruchs einzugrenzen. Wie die Astronomen ermittelten, hat das Emissionsgebiet eine Größe von rund 170 Astronomischen Einheiten. Aus seiner Lage schließt das Team, dass das bisher diskutierte Modell nur einer Beschleunigungszone im Falle von M87* nicht zutreffen kann. “Dieser komplexe, breitbandige Ausbruch kann nicht durch ein Ein-Zonen-Modell modelliert werden”, berichten Principe und seine Kollegen. “Stattdessen muss es eine zusätzliche zweite Komponente oder sogar eine dritte geben, um diese Emission zu erklären.” Noch reichen die Beobachtungen nicht aus, um eindeutig festzustellen, welches theoretische Modell passt. Dennoch sehen die Astronomen in ihren Resultaten einen wichtigen Fortschritt. „Wie und wo die Teilchen in den Jets supermassereicher Schwarzer Löcher beschleunigt werden, ist seit langer Zeit ein Rätsel. Zum ersten Mal können wir nun direkte Aufnahmen aus dem Umfeld des Ereignishorizonts während eines Gammastrahlenausbruchs kombinieren und so Theorien über die Ursprünge dieser Ausbrüche testen“, sagt Co-Autorin Sera Markoff von der Universität Amsterdam.
Nach Ansicht des Astronomenteams ist dieser Erfolg ein Beispiel dafür, wie sich Beobachtungen im Radio- und im Hochenergiebereich dieser massereichsten Objekte im Universum ergänzen. „Der Beitrag von Spitzentechnologie in der Radioastronomie, in Koordination mit verschiedenen Beobachtungseinrichtungen auf der Erde und darüber hinaus, zeigt hier in besonderer Weise, wie Multifrequenz-Studien von Objekten wie M87 den Weg für die Förderung zukünftiger Forschung und potenzielle Durchbrüche im Verständnis des Universums ebnen”, sagt J. Anton Zensus, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und Gründungsvorsitzender der EHT-Kollaboration.
Quelle: Giacomo Principe (Universität Triest) et al., Astronomy & Astrophysics, doi: 10.1051/0004-6361/202450497
Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.
Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Wissenschaft kategorie besuchen.