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#Gazproms Gunst der teuren Stunde

Gazproms Gunst der teuren Stunde

Nachdem das Parlament in Chişinău am vergangenen Freitag wegen eines möglicherweise bevorstehenden Gasmangels gebilligt hat, dass der Notstand ausgerufen wird, versucht die Regierung der moldauischen Ministerpräsidentin Natalia Gavriliţa auf verschiedenen Kanälen, die Energieversorgung des Landes langfristig sicherzustellen. Der Notstand war eine rechtliche Voraussetzung dafür, um Haushaltsmittel für den kurzfristigen Kauf von Gas über diverse Lieferanten auf den internationalen Gasmärkten freigeben zu können. Er gilt zunächst für einen Monat.

Michael Martens

Korrespondent für südosteuropäische Länder mit Sitz in Wien.

Bisher ist die Republik Moldau eine Kundin von Gazprom. Doch der Vertrag, der eigentlich schon Ende September ausgelaufen, aber noch einmal kurzfristig um einen Monat verlängert worden war, endet in wenigen Tagen. Die Verhandlungen mit dem russischen Monopolisten werden zumindest nicht erleichtert durch den Umstand, dass die neue Führung in Chişinău sich außenpolitisch unmissverständlich an der EU orientiert.

Marktpreise überfordern finanzielle Möglichkeiten

Zwar hat das Land keine formale Beitrittsperspektive, doch lassen weder Staatspräsidentin Maia Sandu noch Regierungschefin Gavriliţa und ihre Kabinettsmitglieder Zweifel am grundsätzlichen Ziel einer Westintegration. Günstige „Freundschaftspreise“ für den Bezug von russischem Gas, wie sie zuletzt Belarus hatte aushandeln können, darf man in Chişinău deshalb nicht erwarten. Die derzeitigen Marktpreise überfordern die finanziellen Möglichkeiten des Landes jedoch deutlich. Moldau ist neben dem Kosovo das wirtschaftlich schwächste Land des Kontinents.

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Gazprom hat über einen Sprecher am Wochenende angekündigt, sollte nicht bis zum 1. Dezember ein neuer Liefervertrag unterzeichnet sein, werde man die Exporte nach Moldau einstellen. Ministerpräsidentin Gavriliţa hatte zuvor von einer „kritischen Situation“ für die Gasversorgung ihres Landes gesprochen. Im Grunde will die moldauische Regierung weiter eine Vertragsbeziehung zu Gazprom unterhalten. Gerade ist der stellvertretende Ministerpräsident Andrei Spînu, zuständig für Energie und Infrastruktur, von Gesprächen aus Moskau zurückgekehrt, über deren Verlauf öffentlich zunächst nichts Genaues bekannt wurde. Bezeichnend ist, dass Spînu offenbar von Vladislav Kulminski nach Moskau begleitet wurde.

Der ist ebenfalls ein stellvertretender Regierungschef, zuständig für den Konflikt um die von der Republik Moldau abtrünnige Republik Transnistrien. Das ist ein international nicht anerkannter Quasistaat mit Unterstützung aus Moskau, gelegen zwischen der eigentlichen Republik Moldau, zu der es völkerrechtlich gehört, sowie der Ukraine. Nicht nur aus Kulminskis Anwesenheit in Moskau ergibt sich die Frage, ob Gazprom nur die Gunst der teuren Stunde nutzen und der Republik Moldau einen möglichst hohen Gaspreis abverlangen oder zugleich politische Konzessionen Chişinăus im Transnistrien-Konflikt mit verhandeln will. Es wäre nicht das erste Mal, dass Moskau auf diese Weise Druck auf Moldau auszuüben versucht.

Wie viel Druck will der Kreml ausüben?

Die Regierung in Chişinău ist auch mit anderen potentiellen Lieferanten im Gespräch. Infrastruktur, um Gas aus Rumänien, der Ukraine oder Polen zu beziehen, ist vorhanden. Außenminister Nicu Popescu war in dieser Angelegenheit in der vergangenen Woche zu Gesprächen in Kiew, Spînu in Polen, während Regierungschefin Gavriliţa „intensive Gespräche“ mit Gazprom bestätigte. Ein Kauf von Gas auf dem internationalen Markt (mit Lieferung über Rumänien) hätte für Moldau zwar den Vorteil, nicht mit politischem Druck im Transnistrien-Konflikt verbunden zu sein. Teuer wird ein solches Arrangement aber auf jeden Fall – womöglich sogar teurer als eine Einigung mit Gazprom.

Derweil ist unklar, wie stark der Druck ist, den der Kreml auf Chişinău ausüben will. Schon jetzt hat die moldauische Regierung den staatlichen Energieverbrauch vorsorglich zurückgefahren, so bei der Beleuchtung historischer Monumente. Moldau kann in gewissem Umfang mit westlicher Hilfe rechnen, um die das Land auch schon gebeten hat. Allerdings um den Preis, dass westliche Mittel, die eigentlich zur Unterstützung des Landes durch langfristige Investitionen gedacht waren, stattdessen in den Gaseinkauf oder die Subventionierung der Gaspreise für die wirtschaftlich schwächsten Verbraucher fließen werden. Zudem macht sich in Chişinău niemand Illusionen darüber, dass eine soziale Krise mit solchen Hilfen gänzlich abgefedert werden könnte.

Zwar wird es wohl möglich sein, die Folgen für die ärmsten Teile der Bevölkerung zu mildern, nicht oder kaum aber für die schwache Wirtschaft des Landes. Unklar ist auch, wie Moskau reagieren würde, sollte die moldauische Regierung sich tatsächlich dafür entscheiden, langfristige Lieferbeziehungen unter Ausschluss Gazproms einzugehen. Über den Transnistrien-Konflikt hat Russland vielfältige Möglichkeiten in der Hand, um der Regierung in Chişinău das Leben schwer zu machen.

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