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Gefährlicher Glibber

Es ist nicht das erste Mal, dass vor den Ufern des Marmarameers ein hellbrauner Algenschleim wabert. Doch in diesem Frühsommer wächst die Plage in alarmierendem Tempo. Die Fischerboote laufen nicht mehr aus, weil der Schleim auch unterhalb der Wasseroberfläche die Netze zerstört. Die Jachten bleiben in den Häfen, in denen sich der dicke Schleim über das blaue Meerwasser gelegt hat. Und an den Ufern, an denen viele Istanbuler in ihren Sommerhäusern die Wochenenden und den Urlaub verbringen, bleiben die Strände lee0r.

Für die Menschen am Marmarameer, das das Schwarze Meer mit der Ägäis verbindet, ist dieser Schleim nicht unbekannt. Als natürliches Phänomen kann er in jedem Frühjahr für kurze Zeit auftauchen, wenn die Wassertemperatur steigt. Im Jahr 2007 aber hatten Meeresbiologen und Umweltschützer erstmals Alarm geschlagen. Es war erkennbar geworden, dass die Schleimplage chronisch zu werden drohte, dass sie ein bedrohliches Ausmaß erreichen und immer länger als bisher dauern werde. Heute sei das Meer stark belastet, sagt Bayram Öztürk, Professor für Biologie an der Universität Istanbul. Und der Höhepunkt sei noch nicht erreicht.

Denn die Algen, die den Schleim im sauerstoffarmen Marmarameer absondern, wachsen bedrohlich schnell. Zum einen begünstigt der Anstieg der Wassertemperatur ihr Wachstum. So liegt in diesem Jahr die Oberflächentemperatur 2,5 Grad über dem Durchschnitt der vergangenen 40 Jahre. Da das Marmarameer weitgehend leer gefischt ist, fehlen zudem die Fische, die sich von Phytoplankton und Algen ernähren und damit deren Ausbreitung eingrenzen. Nahrung bekommen die Algen indessen von ungeklärten Abwässern und den Schiffen, die den Bosporus passieren. Um das Marmarameer, das fast so groß ist wie Schleswig-Holstein, leben etwa 20Millionen Menschen in Städten wie Istanbul, Tekirdag, Yalova und Izmit.

Abfälle der petrochemischen Industrie

Jedes Jahr passieren 10.000 Schiffe, die länger als 200 Meter sind, den Bosporus. Viele von ihnen entsorgen ihren Abfall im Marmarameer. Durch den Bosporus gelangen ferner ungeklärte Abwässer aus dem Schwarzen Meer in das tiefer liegende Marmarameer. Hinzu kommen Abfälle der petrochemischen Industrie in Izmit und der verarbeitenden Industrie in Bursa. Und eine neue Gefahr entstehe, wenn die Regierung an ihrem Plan festhalte, das Schwarze Meer und das Marmarameer mit einem Kanal für die Schifffahrt zu verbinden, warnen Ökologen. Denn das Schwarze Meer habe einen weit höheren Nährgehalt als das Marmarameer.

In diesem Jahr begann die Schleimplage bereits Anfang Mai. Seither breitet sie sich unaufhaltsam aus. In der Türkei macht sich niemand Illusionen darüber, dass man die lange unterschätzte Gefahr auf die Schnelle wird beseitigen können. Jetzt endlich handelt die Regierung. Am Wochenende stellte Umweltminister Murat Kurum einen Aktionsplan mit 22 Punkten vor, um der Plage Herr zu werden. Das Ziel sei es, die Schleimplage völlig zu beseitigen, sagte er nach einem Treffen des Koordinierungsrats für den Aktionsplan, an dem Hochschulen und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen beteiligt sind.

Eine dicke Schicht von Meeresschleim bedeckt das Marmarameer am Fischerhafen von Kartal, auf der asiatischen Seite Istanbuls.


Eine dicke Schicht von Meeresschleim bedeckt das Marmarameer am Fischerhafen von Kartal, auf der asiatischen Seite Istanbuls.
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Bild: dpa

Noch in diesem Jahr werde eine Fläche von mehr als einem Drittel des Marmarameers als Schutzgebiet ausgewiesen werden, sagte Kurum. Als vorrangige Aufgabe will die Regierung den Ausbau der Kläranlagen angehen. Denn 70Prozent des Abwassers der 16 Millionen Einwohner Istanbuls werden lediglich vorbehandelt in das Marmarameer geleitet. Die bestehenden Kläranlagen sollen in den kommenden drei Jahren auf biologische Abwasserbehandlung umgestellt werden.

Kurum rechnet damit, dass mit einer Reduzierung des Stickstoffgehalts um 40 Prozent viel erreicht werde. Neue Bestimmungen für die Behandlung und Entsorgung der Abwässer sollen in den kommenden drei Monaten erlassen werden. Derzeit werden erst 3,2 Prozent der Abwässer nach einer Behandlung wiederverwendet. Diesen Wert will Kurum bis zum Jahr 2030 auf 15 Prozent steigern. Ferner sollen mehr Kontrollen sicherstellen, dass die Schiffe ihre Abwässer und Abfälle nicht im Marmarameer entsorgen.

Das Marmarameer ist nicht das einzige Gewässer, das derzeit in der Türkei in den Schlagzeilen steht. Umweltschützer warnen auch vor dem Zustand des 182 Meter tiefen Kratersees Salda nahe der westanatolischen Stadt Burdur. Abwässer werden unbehandelt in den abflusslosen See geleitet, in dem dadurch giftige Gase entstehen. Zudem gefährden Bauprojekte zur touristischen Erschließung das ökologische Gleichgewicht. Sie wurden im vergangenen Herbst gestartet, und die Bauunternehmen nutzten die Pandemie, um entgegen der Genehmigung auch an den einzigartigen weißen Sandstränden zu bauen. Um den See und auf dem See leben 110 Vogelarten, von denen die Berner Konvention des Europarats zur Erhaltung der wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume 75 unter Schutz stellt.

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