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#Geheime Nebenabsprachen zu Koalitionsabkommen

Geheime Nebenabsprachen zu Koalitionsabkommen

In Österreich gibt es eine weitere Korruptionsanklage gegen den früheren Vizekanzler und Vorsitzenden der rechten FPÖ, Heinz-Christian Strache. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, während der „türkis-blauen“ Regierung einen Aufsichtsratsposten in der Autobahngesellschaft Asfinag an einen Immobilienunternehmer vergeben zu haben. Die Gegenleistung soll in einer Spende von 10.000 Euro an den FPÖ-nahen Verein „Austria in Motion“ sowie einer Einladung zu einer Veranstaltung nach Dubai bestanden haben. Für die Bestellung war der damalige Verkehrsminister und heutige dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) zuständig, der aber laut Medienberichten im Unterschied zu dem Unternehmer nicht angeklagt ist.

Strache wies den Vorwurf zurück, er werde ihn „vor Gericht leicht entkräften“ können. Die Einladung nach Dubai habe er aus Compliance-Gründen abgelehnt und nie angetreten. Der frühere Asfinag-Aufsichtsrat Siegfried Stieglitz wurde von Hofer bestellt und von der heutigen Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) 2020 wieder abberufen. Er hatte bei dieser Gelegenheit gesagt, er habe nie an eine Partei gespendet, wohl aber an jenen Verein, weil ihm dessen Vereinszweck gefallen habe, „einen gewissen politischen Diskurs in Österreich zu unterstützen“.

Aufregung mit drei Ebenen

Die Ermittler dürften sich auch auf Chats zwischen den Beteiligten stützen, deren Mobiltelefone beschlagnahmt worden waren. Die Ermittlungen fügen sich in das Bild, das nach dem heimlich aufgenommenen Ibiza-Video entstanden ist. Da hatte Strache noch als Oppositionspolitiker einer fiktiven Oligarchin unter anderem gesagt, wenn man Geld an bestimmte Vereine gebe, dann könne man einer Partei helfen, ohne öffentlich als Spender in Erscheinung zu treten.

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Zeitlich fällt das zusammen mit einer großen politischen Aufregung, die wegen bekanntgewordener Koalitionsabsprachen über Postenverteilungen entstanden ist. Die Verteilung wurde in Nebenabsprachen zu den Koalitionsvereinbarungen verabredet. Am Wochenende wurde zuerst dieser sogenannte Sideletter zu der türkis-blauen Koalition von 2017 bekannt, dann wurde ein entsprechendes Geheimabkommen auch zur türkis-grünen Koalition von 2020 verbreitet. In beiden Papieren, unterzeichnet von den damaligen Parteivorsitzenden Sebastian Kurz (ÖVP) und Strache (damals FPÖ) beziehungsweise Kurz und Werner Kogler (Grüne), geht es um Ämter und Höchstrichter, Vorstände und Aufsichtsräte staatlicher und teilstaatlicher Unternehmen, sowie auch den ORF.

Die Aufregung hat drei Ebenen. Auf der einen wird generell der Vorwurf des „Postenschachers“ erhoben, insbesondere seitens der Opposition. Von sozialdemokratischer Seite hieß es, es werde „einmal mehr das Selbstverständnis des türkisen Systems deutlich, die geliehene Macht ausschließlich für parteipolitische Zwecke zu missbrauchen“. Die ÖVP begegnete dem kühl mit dem Hinweis, dass ebensolche Absprachen sämtliche, auch SPÖ-geführte große Koalitionen seit dem Krieg begleitet hätten, nur dass sie früher nicht „Sideletter“ hießen. Grünen-Chef Kogler sagte: „Wir waren zwar neu in der Regierung, aber nicht naiv. Wenn man verhindern will, dass die türkise ÖVP alle Positionen besetzt, braucht man als kleinerer Koalitionspartner eine Vereinbarung, wie die Vorgangsweise ist.“

Kritik an der Geheimhaltung und am Stil

Die zweite Ebene sind die betreffenden Institutionen. Bei Gesellschaften, in denen eigentlich der Aufsichtsrat die Vorstandsbestellung verantwortet, gibt es hier ein Auseinanderklaffen von rechtlicher und politischer Wirklichkeit. Zum Beispiel heißt es im Papier von 2017: „Der Vorstand der Beteiligungsgesellschaft wird durch die ÖVP nominiert.“ Kurz sagte später im U-Ausschuss, er sei in die Bestellung – es wurde wie von langer Hand erwartet Thomas Schmid – nur „im Sinne von informiert“ eingebunden gewesen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Falschaussage, was Kurz bestreitet. Protestrufe kamen jetzt auch aus dem ORF. Türkis-Grün teilte die Direktorenposten auf, Türkis-Blau sogar namentlich Führungsfunktionen bis tief in den journalistischen Bereich. Der Redakteursrat forderte gesetzliche Änderungen, um die journalistische Unabhängigkeit zu stärken.

Drittens gibt es Unruhe in der Koalition und innerhalb der grünen Partei. Dort gibt es Kritik an der Geheimhaltung und am Stil. Von der Mehrzahl der Abgeordneten und Landesgliederungen wird die Parteiführung verteidigt. Hingegen sieht man in der Veröffentlichung dieser Koalitionsabsprache ein „Foul“, als dessen Urheber die Anhänger des auf Druck nicht zuletzt der Grünen ausgeschiedenen Sebastian Kurz angesehen werden. Dort wolle man wohl vom bevorstehenden „ÖVP-Korruptionsausschuss“ ablenken. Allerdings ist auch zu hören, der heutige Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer sei wohl unschuldig, man könne weiter zusammenarbeiten.

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