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#Gandhi statt Partygate

„Gandhi statt Partygate“

Der indische Ministerpräsident Narendra Modi hat Erfahrung damit, hohem Besuch einen gebührenden Empfang zu bereiten. Als der britische Premierminister Boris Johnson am Donnerstag in Indien landete, waren die Straßen mit großflächigen Willkommensschildern gepflastert. Am Gehsteig standen Tänzer, Chöre und jubelnde Zuschauer. Für den Regierungschef, der wegen der „Partygate“-Affäre unter Druck geraten ist, war das sicher eine willkommene Abwechslung. Denn am Donnerstag sollte das britische Unterhaus darüber abstimmen, ob ein Untersuchungsausschuss Johnsons Aussagen zu den Partys während des strengen Corona-Lockdowns 2020 überprüft, wozu es dann auch kam.

Anstatt in London der Debatte zu folgen, besuchte der britische Premierminister in Gujarat, der Heimatregion des indischen Ministerpräsidenten, den früheren Aschram des indischen Freiheitshelden Mahatma Gandhi. Johnson hängte einer Statue Gandhis einen Schal um und setzte sich an ein hölzernes Spinnrad. In seinem Eintrag ins Gästebuch dankte er laut indischen und britischen Medien für das Privileg, zu erfahren, wie Gandhi „solche simplen Prinzipien wie Wahrheit und Gewaltlosigkeit eingesetzt hatte, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen“. Als Geschenk bekam Johnson unter anderem einen London-Reiseführer überreicht, den Gandhi selbst verfasst hatte. Danach besichtigte er noch eine Universität und traf den indischen Unternehmer und Milliardär Gautam Adani.

Unmut über Indiens “neutrale“ Haltung gegenüber Russland

Die politischen Gespräche mit Modi sind erst für diesen Freitag geplant, den zweiten Tag der Reise, die wegen der Pandemie mehrmals verschoben worden war. Spätestens dann dürfte sich zeigen, dass der Besuch kein reiner Eskapismus ist. Seit die russische Armee in der Ukraine einmarschiert ist, hat sich die Regierung in Neu Delhi mit direkter Kritik an Moskau zurückgehalten. Die „neutrale“ indische Haltung sorgt unter den westlichen Verbündeten für derzeit noch milde, aber wachsende Irritationen. Dazu gehört nicht nur, dass sich Indien bei allen russlandkritischen Resolutionen, die in den verschiedenen UN-Gremien verabschiedet wurden, seiner Stimme enthalten hat. Neu Delhi hat auch seine Ölimporte aus Russland erhöht, während die europäischen Länder ihre Abhängigkeit von russischer Energie zu verringern suchen.

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Doch Indien reagiert auf die Kritik an seiner Haltung den alten russischen Verbündeten gegenüber bislang ablehnend. Bei einem Besuch in Washington warf Außenminister Subrahmanyam Jaishankar dem Westen sogar Scheinheiligkeit vor. Er wies darauf hin, dass die EU an einem Nachmittag wohl mehr russisches Öl kaufe als Indien in einem Monat. Wegen dieser Befindlichkeiten hieß es schon vor der Reise, dass Johnson Indien keine „Vorträge“ halten werde. Die Strategie dürfte vielmehr lauten, Indien durch Einbindung zu einem Abrücken von Russland zu bewegen. Das ist durchaus im Sinne der britischen Strategie, die sich mit einem sogenannten Schwenk („tilt“) in Richtung des indopazifischen Raums dieser Wachstumsregion verstärkt widmen will.

Dabei geht es auch um Wirtschaft und Handel. Seit dem Brexit sucht Großbritannien auch in Asien neue Absatzmärkte. Laut Ankündigungen sollten während Johnsons Reise Investitionen und Exportabkommen im Wert von einer Milliarde Pfund beschlossen werden. Die Briten und ihre Verbündeten werden auch versuchen, Indien durch Waffengeschäfte von Moskau unabhängiger zu machen. Russland ist Indiens größer Waffenlieferant. Neu Delhi kauft aber auch zunehmend in den Vereinigten Staaten, Frankreich und Israel Rüstungsgüter ein. Großbritannien könnte seine Position in diesem lukrativen Markt stärken.

London legt mit dem „Schwenk“ auch den strategischen Fokus auf den Indopazifik. Britische Schiffe durchkreuzen das Südchinesische Meer. Mit dem AUKUS-Sicherheitspakt, an dem auch die Vereinigten Staaten und Australien beteiligt sind, hat sich Großbritannien einem der multilateralen Foren der Region angeschlossen. Indien gehört neben den Vereinigten Staaten, Japan und Australien der sogenannten Quad-Gruppe an, die in der Sicherheitspolitik kooperiert. Gerade im Umgang mit Chinas wachsender Macht lassen sich durchaus auch Synergien zwischen Indien und dem Westen finden.

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