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#Hallo Fremde!

Hallo Fremde!

Sie ist mir nicht ganz fremd, diese Person, die mich im Spiegel anschaut. Ich kann aber auch nicht sagen, dass ich sie kenne. Rot glitzernde Lippen, grüne, überzeichnete Augenbrauen, lange Wimpern. Das bin doch ich – oder zumindest eine Version von mir.

Jede Bewegung meines Gesichts ist nun mindestens doppelt so groß, jede Emotion deutlich sichtbar. Es ist keine zwei Stunden her, da blickte mich noch mein alltägliches Ich an. Matthias. Nun ist es die Person, die ich später „Betsy Bush“ nennen soll.

Drag ist kein Nischenphänomen mehr. Drag sieht man inzwischen im Fernsehen. Im vergangenen Jahr etwa auf Pro Sieben, wo Conchita Wurst, Heidi Klum und Bill Kaulitz durch „Queen of Drags“ führten. Oder auf Netflix: „RuPaul’s Drag Race“. Dabei handelt es sich um Shows, in denen Dragqueens gegeneinander antreten, Formate, die Drag sichtbarer machen. Alle Facetten von Drag zeigen sie aber nicht. Häufig reduzieren sie Drag auf das Glamouröse. Dabei ist Drag mehr. Deshalb möchte ich ausprobieren, was diese Transformation mit mir macht. Und ich möchte mit Dragqueens darüber sprechen, was sie empfinden, wenn sie sich verwandeln.

Der erste Auftritt

Bambi Mercury macht aus mir Betsy Bush. Bambi war Teil der Show „Queen of Drags“, wurde damit bekannt und kann inzwischen von Drag leben. Seit sechs Jahren ist sie eine Dragqueen. „Bei den ersten Malen in Drag sah das noch richtig schlimm aus – aber es hat sich immer richtig angefühlt“, sagt die Dreiunddreißigjährige. Damals war sie mit Freunden auf einer Party, auf der Dragqueens auftraten. Sie dachte: Das will ich auch machen. Sie ging zur Gastgeberin und fragte, ob das möglich sei.

Wenige Tage später stand Bambi auf der Bühne. Ein Freund, der Visagist ist, schminkte ihr das Gesicht. Auf der Bühne führte sie „Bette Davis Eyes“ von Kim Carnes auf. Wie das war? „Das hat sich einfach nur geil angefühlt.“

Vivenne P. Lovecraft möchte ein magisches Wesen sein


Vivenne P. Lovecraft möchte ein magisches Wesen sein
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Bild: Vivenne P. Lovecraft

Anfang August treffen wir uns in der Wohnung von Bambi in Neukölln. Ohne Drag heißt Bambi übrigens Tim. Der Plan ist klar: Ich soll ein Drag-Makeover bekommen.

In Bambi Mercurys Wohnzimmer hängen die Wände voll mit Fotos. Von ihr und von anderen Drag-Artists. Plattencover von Madonna-Alben, Aufnahmen der Popsängerin Sandra, gerahmte Noten von „Bohemian Rhapsody“ von Queen. Von Freddy Mercury hat Bambi ihren Drag-Nachnamen. Und inmitten all dessen ein großes Bild von Friedrich dem Großen beim Flötenspiel.

Ein Konzept, das Unbehagen hervorrufen kann

Wir gehen ins Nebenzimmer, den Ankleide-und Make-up-Raum von Bambi. Offene Schränke mit Kostümen auf Kleiderbügeln, eine Galerie aus Perücken auf Styroporköpfen, auf dem Makeup-Tisch eine Glasflasche mit abgetrennten Barbie-Köpfen. Hier entsteht Bambi Mercury. Mit Schminke, Kleidung und fremden Haaren wird aus Tim eine Dragqueen. „Wenn ich in Drag bin, dann bin ich nicht krass anders“, sagt Bambi. „Ich bin immer noch ich – nur offener und gewitzter.“

Bambi mag inzwischen ein Teil von Tim geworden sein, auch wenn gerade kein Make-up auf dem Gesicht ist. Dennoch: Als Tim würde sich Bambi nie auf die Bühne stellen, da seien Hemmungen da, Unsicherheiten. Mit Drag aber sei das anders. Damit könne man die Teile der Identität verändern, auf die man sonst besonders sensibel reagiere.

„Wenn ich mich fertigmache, dann läuft Musik: Kylie Minogue oder Rammstein“, sagt Bambi. Es ist ein kleines Ritual, das Einläuten des Anderswerdens. Zuerst wird das Gesicht mit Alkohol gereinigt, dann werden die Augenbrauen abgeklebt, damit darüber neue größere Augenbrauen gemalt werden können. „Wenn ich mir die Wimpern aufs Augenlid setze und den Glitzer auf die Lippen, ist der Punkt gekommen, an dem ich mich als Bambi fühle. Dann weiß ich: Es wird eine magische Nacht.“

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