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#„Giftalgen“ seit der Bronzezeit gedüngt

„„Giftalgen“ seit der Bronzezeit gedüngt

Es ist ein Phänomen der Neuzeit, könnte man meinen – doch nun zeigt eine Studie, dass der Mensch schon vor Jahrtausenden das Wachstum der berüchtigten Blaualgen in Gewässern gefördert hat. Dies zeigen DNA-Spuren der Winzlinge in den Sedimenten eines Sees in Mecklenburg. Demnach führten die Blaualgen dort lange ein Schattendasein, bis sich in der Bronzezeit Menschen in der Region ansiedelten. Schon damals sorgten sie offenbar für einen Düngeeffekt im See, von dem die potenziell problematischen Algen besonders profitieren konnten. Die Grundlagen heutiger „Giftalgen-Blüten“ reichen demnach weit in die Geschichte zurück, so die Forscher.

Baden verboten! Wenn sich Blaualgen in Seen zu stark vermehren, müssen die Behörden eingreifen. Denn bestimmte Vertreter dieser auch Cyanobakterien genannten Organismen bilden Giftstoffe, die Menschen gefährlich werden können. Manchmal kommt es sogar zu kritischen Anreicherungen im Trinkwasser. Darüber hinaus können Blaualgen-Blüten auch die aquatischen Ökosysteme stark schädigen. Als Ursache für die Massenvermehrungen gelten menschengemachte Faktoren: Die Klimaerwärmung und vor allem Nährstoffeinträge kommen speziell den Blaualgen zugute. Denn diese Photosynthese betreibenden Mikroben besitzen eine besondere Fähigkeit: Sie nehmen atmosphärischen Stickstoff auf und können ihn als Nährstoff nutzen. Ihr Wachstum wird dadurch eher vom Mangel an anderen Nährelementen beschränkt – vor allem Phosphor. Bei entsprechenden Einträgen ins Wasser können sich Blaualgen deshalb auf Kosten anderer Algen besonders stark vermehren.

Genetische Einblicke in die Blaualgen-Geschichte

Bisher gab es allerdings eine Wissenslücke in der Blaualgen-Forschung: Es war kaum etwas darüber bekannt, wie die ursprüngliche Besiedlung unserer Seen mit diesen Organismen ausgesehen hat und wie sie sich in der Vergangenheit bis heute entwickelt haben. Das lag daran, dass Cyanobakterien – im Gegensatz zu Kieselalgen – keine sichtbaren fossilen Spuren in Sedimenten hinterlassen. Doch durch genetische Methoden haben die Forscher um Ebuka Nwosu vom Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam (GFZ) nun Einblicke gewonnen. „Mit modernen Verfahren lässt sich DNA verschiedener Organismen in Sedimenten nachweisen und das ermöglicht es uns, die Geschichte der Cyanobakterien zu entschlüsseln“, so Nwosu.

Für ihre Studie haben die Forscher den „Tiefen See“ im Naturpark Nossentiner-Schwinzer Heide in Mecklenburg ausgewählt, denn zu diesem Gewässer gab es bereits zahlreiche Informationen. Das Untersuchungsmaterial lieferte ein elf Meter langer Sedimentbohrkern aus dem Grund des Sees. Seine Schichten lassen sich präzise datieren – sie reichen von heute bis in die Zeit vor 11.000 Jahren zurück. In ihnen haben sich die Forscher auf die Suche nach genetischen Spuren der Cyanobakterien gemacht, die Rückschlüsse auf ihre einstigen Bestandsdichten und die Artenvielfalt liefern konnten.

Entwicklungssprung bei Erscheinen des Menschen

So zeigte sich zunächst: Schon vor 11.000 Jahren kamen Blaualgen in dem See vor – Anzahl und Diversität waren allerdings sehr gering. Diese Organismengruppe spielte demnach ursprünglich keine wichtige Rolle im Ökosystem des Gewässers, erklären die Forscher. Doch vor etwa 4000 Jahren kam es dann zu einem markanten Sprung, zeichnete sich in den Analyseergebnissen ab: Zahl und Artenvielfalt nahm bei den Blaualgen deutlich zu und den genetischen Spuren zufolge machten sich auch potenziell giftige Arten breit. In der Folge wurde der natürliche Zustand vor diesen ersten Änderungen nie wieder erreicht.

Doch was hatte den Sprung verursacht? Er deckte sich zeitlich genau mit der Datierung der frühesten bekannten Gräber in der Nähe des Sees, berichten die Forscher. Mit jedem weiteren bekannten Besiedlungsschub im Bereich des Sees florierten die Blaualgen dann erneut. „Es liegt somit nahe, dass auch schon die frühen Kulturen einen Einfluss auf den Nährstoffhaushalt des Sees hatten“, sagt Nwosu. Konkret könnten durch die Asche von Brandrodungen sowie die Exkremente der Menschen und ihrer Nutztiere relevante Nährstoffeinträge in den See gelangt sein. Diese kamen dann offenbar speziell den Blaualgen zugute, erklären die Wissenschaftler.

Die Studienergebnisse dokumentieren auch, wie seit etwa 150 Jahren die verstärkten Nährstoffeinträge im Zuge der Industrialisierung der Landwirtschaft das Wachstum der Blaualgen noch einmal deutlich intensivierten. „Doch wie unsere Studie zeigt, wurden die Voraussetzungen für diese Entwicklung schon viel früher geschaffen, als wir bisher angenommen haben“, betont Seniorautorin Susanne Liebner vom GFZ. Dies könnte auch eine weitreichendere Bedeutung haben: „Für ein kluges Management heutiger aquatischer Systeme könnte ein Bewusstsein für das Erbe des menschlichen Einflusses hilfreich sein, der möglicherweise mehrere Jahrtausende weit zurückreicht“, schreiben die Forscher abschließend.

Quelle: Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Fachartikel: Commun Biol, doi: 10.1038/s42003-023-04430-z

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