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#Glück im Lotto, Pech in der Liebe

„Glück im Lotto, Pech in der Liebe“

Auf der Internetseite des Saarlands lautet der erste Satz der Selbstvorstellung: „Mit grenzenlosem Charme gilt das Saarland unter Erholungssuchenden immer noch als Geheimtipp.“ Mit anderen Worten: Niemand fährt hin. Dabei warten „verborgene Schätze“ darauf, entdeckt zu werden: „idyllische Seen und Weiher, herrliche Flussauen, schier endlose Wälder“, und natürlich der „Bestseller auf Instagram“: die Saarschleife bei Mettlach.

Wenn die Welt nicht ins Saarland kommt, dachte man sich, kommt das Saarland eben in jedes Wohnzimmer. So wurde im Jahr 2017, als es an Krimis im deutschen Fernsehen auch schon nicht unbedingt mangelte (und der Saarbrücken-„Tatort“ schon fast ein halbes Jahrhundert alt war), im ZDF die angenehm entspannte, in Saarlouis spielende Krimiserie „In Wahrheit“ mit Christina Hecke lanciert. Die surft wiederum entspannt auf der True-Crime-Modewelle, spielt also nicht wirklich reale Fälle nach, sondern lässt sich von diesen nur „inspirieren“.

Beim Baumwipfelpfad ermordet

Zu sehen ist im Grunde immer dasselbe: Idyllische Seen und Weiher, herrliche Flussauen, schier endlose Wälder und angenehm langweilige Kriminalfälle. Wenn das, wie hier, mit Damien Rice‘ traurig-schönem Song „It Takes a Lot to Know a Man“ unterlegt ist (worin im Übrigen schon die ganze Botschaft der vorliegenden Episode steckt), würde man die Saarschleife auch stundenlang in Dauerschleife ansehen. Was man ja in etwa tut. In der Regel will Kommissarin Judith Mohn nur einen ruhigen Tag und sich von einem pensionierten Kollegen mit grenzenlosem Charme (Rudolf Kowalski) bekochen lassen, aber dann taucht halt immer eine Leiche auf. Mal ist es die Tochter einer Freundin Judiths, mal ein Jugendlicher in just jener Arbeitersiedlung, in der die Protagonistin aufgewachsen ist. In der neuen Episode (Buch Katja Töner, Regie Gunnar Fuß) kennt Judith zwar nicht die beim Baumwipfelpfad an der Saarschleife ermordet aufgefundene junge Putzkraft persönlich, ist aber in den Fall, den sie gemeinsam mit Kollege Robin Sondermann (Freddy Breyer) und dem Pensionär wieder unaufgeregt und allürenfrei löst, noch viel direkter verwickelt als sonst.

Judiths Mutter (Steffi Kühnert) nämlich im Internet auf einen Liebesbetrüger aus Gent hereingefallen. Allein ist sie damit nicht. Der verschlagene Charmeur (Peter Trabner) hat einer ganzen Reihe einsamer Saarländerinnen das Gefühl gegeben, nicht länger als verborgener Schatz im endlosen Wald zu verkümmern. Keine der gestandenen Frauen schöpfte denn auch Verdacht, als der Belgier sie noch vor einem Treffen um ihr gesamtes Erspartes bat. Um die Fallhöhe zu erhöhen, hat sich Katja Töner einen die Probabilität leicht überdehnenden Schlenker einfallen lassen: Die Mutter, die gerade noch Sätze wie „Die Sozialhilfe reicht ja hinten und vorne nicht“ sagte, hat heimlich im Lotto gewonnen, was Judith nur bemerkt, weil zufällig ein nicht sonderlich seriös wirkender Zettel herumliegt, auf dem in riesigen Lettern steht: „Ihr Gewinn: 18.000 Euro“. Der ist nun also futsch beziehungsweise in Gent, aber die Summe reicht laut Einschätzung des Galans für ein neues gemeinsames Leben noch nicht aus, weshalb die Verliebte nun auch die Tochter anpumpt.

Ob und wie das mit dem Todesfall zusammenhängt, muss sich erst noch zeigen, vorerst gibt es nur ein Foto, das die Mutter zusammen mit dem Opfer zeigt, aber der Haupttatverdächtige, der arbeitslose, eifersüchtige und aggressive Ehemann des Opfers (Nico Rogner), verhält sich dermaßen auffällig schuldbewusst, dass er nach allen Regeln des Fernsehkrimis kaum der Mörder sein kann. Andererseits soll ja die Realität Pate gestanden haben für dieses „Krimi-Drama mit emotionalem Tiefgang“ (Presseheft); vielleicht ist der wahrscheinliche ja dann ausnahmsweise der tatsächliche Täter.

Für den Kriminalfall interessiert sich der Film vor lauter hochemotionalem Tiefgang aber überhaupt kaum, weshalb die dramaturgischen Unzulänglichkeiten niemanden gestört zu haben scheinen. Es beginnt schon damit, dass die Tote weithin sichtbar direkt unterhalb des Baumwipfelpfads liegt und die Kommissarin laut überlegt, ob der Täter vielleicht davon ausging, „dass man sie hier eh so schnell nicht finden würde“. Auch die hellseherischen Fähigkeiten einer Assistentin (Jeanne Goursaud), die sich im richtigen Moment an Nummernschilder und Gesichter erinnert, wirken erst albern, dann müde. Erklären lässt sich das alles nur mit einer blinden Liebe zum Regionalkrimi, weil einfach jeder idyllische Winkel sein eigenes Ermittlerteam braucht.

Angenehm entspannt geht es an der Saarschleife aber auch diesmal wieder zu, einige Szenen haben sogar ein wenig Witz und in einer ansehnlichen Doppelverhör-Beichtszene verschwimmen schließlich die Konturen der Schuldfrage. Ein Bestseller auf Instagram wird das wohl nicht. Aber für Erholungssuchende ist dieser Wellness-Krimi ein Geheimtipp.

In Wahrheit: Blind vor Liebe läuft heute um 20.15 Uhr auf Arte

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