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#Good Lord

Good Lord

Nicht die unwichtigste Eigenschaft dieser Triumph: Sie ruft die alten Zeiten in Erinnerung, in denen Erbsen noch Erbsen waren und kein Ersatz für Fleisch. Schlote qualmten den Himmel voll, und Leute qualmten wie die Schlote. Motorrad- und Rollerfahrer standen sich kritisch gegenüber und fanden immer einen Anlass für eine zünftige Prügelei, in England zumindest, der Heimat des Motorradherstellers Triumph. Zum Beat der Sixties trug dessen berühmtes Modell Bonneville seinen Teil bei.

Die alten Zeiten versanken, auch Triumph ging unter, wurde aber neu gegründet. Seit der Neuauflage der Bonneville-Familie im Jahr 2001 verkauften sich rund 367.000 Stück. Bestseller unter den Bonnevilles ist derzeit das recht günstige Mittelklasse-Retromodell Street Twin. Davon gingen seit 2016 mehr als 30.000 Exemplare in den Handel. Für die jüngste Version werden je nach Farbe 9300 oder 9500 Euro berechnet, zuzüglich Nebenkosten.

Als fairen Gegenwert liefert Triumph Authentizität und Augenmerk aufs Detail, beides typisch für den Hersteller aus Hinckley, der in Thailand produziert. Ein Spaziergang ums Motorrad herum ist eine erfreuliche Angelegenheit. Abgesehen vom Plastik der Kotflügel und der Seitendeckel, ist alles so stilecht, wie es sein sollte. Ins Blickfeld rücken lauter schöne Komponenten, beispielsweise Scheinwerferhalter aus gebürstetem Aluminium, Faltenbälge an der Telegabel, markante Kühlrippen des Reihenzweizylinders, kunstvolle Krümmerschellen, rotbraune Zündkerzenstecker im Antik-Look des Bakelit-Zeitalters. Alles sehr nett. Aber nichts gegen das, was nach Betätigen des Anlasserknopfs geschieht.

Good Lord! Was für ein Sound! Ein Wummern bringt die Luft in Schwingung, wenn der Motor erwacht, dunkel wie ein hopfenbitteres Stout mit einer Krone angelsächsischen Bollerns. Der Rhythmus eines entfernten Trommelns dringt in Sitz und Handgriffe vor. Keith Moon? Jedenfalls nichts, was mit Erbse zu tun hat. Vielleicht lässt sich das Klangbild der Street Twin treffend mit jenem einer Sopwith Camel über dem Ärmelkanal vergleichen.

Ganz die Alte: Äußerlich unterscheidet die neue Street Twin nur wenig von der Vorgängerin. Verändert wurden die Räder.



Bilderstrecke



Die Triumph Street Twin
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Good Lord

Jedoch, darauf muss in diesen Zeiten der Erregbarkeit und des durchaus berechtigten Lärmempfindens hingewiesen werden: Der 900-Kubik-Bonneville-Twin arbeitet volltönend, zertrümmert aber keine Gitarren auf der Bühne. Aufdringlich laut ist er nicht. Beim Anblick seiner in schönem Schwung verlaufenden, beidseitigen Abgasanlage verbieten sich Überlegungen zu einem Tausch gegen Krawallkram von selbst. Mit einem in den Papieren und am Rahmen vermerkten Standgeräusch von 95 dB (A) rangiert die Street Twin gerade noch innerhalb jener Grenze, deren Überschreiten Fahrverbote in Tirol – und womöglich bald auch andernorts – zur Folge hat.

Die Umstellung auf die strengeren Euro-5-Normen ist die wesentliche Neuerung für die Saison 2021, selbstverständlich qualmt da nichts mehr. Mit einer Nennleistung von 65 PS (48 kW) bei 7500 Umdrehungen und einem Drehmoment von 80 Nm bei 3800/min weist die Maschine identische Werte auf wie ihre Vorgängerin. Erhalten blieb der prächtig bullige Charakter des Motors, dessen Stärken in niedrigen und mittleren Drehzahlen verortet sind, was den Umgang mit dem 216-Kilo-Motorrad zu einem unkomplizierten, herrlich entspannenden Erlebnis macht. Einfach nur fahren, Raps riechen, Wind spüren. Akzeptabel – rund 4,0 bis 4,5 Liter auf 100 Kilometer – fällt der Verbrauch aus.

Zugänglich und gutmütig, wie sie ist, empfiehlt sich die Street Twin für stilbewusste Einsteiger. Gleichwohl werden auch Routiniers gut unterhalten. Für Inhaber des A2-Führerscheins lässt die Maschine sich auf 48 PS drosseln. Dank der Sitzhöhe von nur 765 mm vermittelt sie Personen von geringer Körpergröße Vertrauen. Großgewachsene von 1,85 Meter und mehr dagegen müssen genau prüfen, ob sie sich wohlfühlen auf dieser Triumph. Uns behagte die neue, weichere Polsterung des Sattels nicht. Es dauert nicht lange, bis das Gesäß eine Kuhle hineinmodelliert.

Auf Komfort statt Sportlichkeit, auf Stabilität statt Wuseligkeit setzt das Fahrwerk. Die Vorderradbremse fällt durch Tüchtigkeit auf, das Pendant am Hinterrad durch Zahnlosigkeit, gemeinsam sind sie hinreichend stark. Die Schaltung ist keine, die es flutschen lässt, sondern Gangwechsel kantig, dafür präzise und mit kurzen Schaltwegen gestaltet. Das Volumen des Benzinbehälters – 12 Liter – fällt mickrig aus. Der Tankdeckel lässt sich nicht aufklappen, sondern muss abgenommen und während des Zapfens irgendwo hingelegt werden. Praktisch ist das nicht. Aber nun werden wir pingelig. Dabei geht es doch bei einem Klassik-Motorrad ums Herz und nicht ums Erbsenzählen.

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