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#Gamestop zwingt Finanzaufseher zum Handeln

Gamestop zwingt Finanzaufseher zum Handeln

Wieder einmal sind Hedgefonds am Aktienmarkt einen heißen Reifen gefahren. Die Kursturbulenzen der Aktie des Computerspielehändlers Gamestop haben nun die amerikanische Finanzministerin Janet Yellen auf den Plan gerufen. Die für die amerikanischen Finanzmärkte zuständigen Aufsichtsbehörden werden die Gamestop-Kapriolen nun darauf untersuchen, ob diese Aktivitäten mit Investorenschutz sowie mit fairen und effizienten Märkten vereinbar waren und sind, wie Yellen im Anschluss an ein Treffen der Aufseher am Donnerstag verlauten ließ. Für die ehemalige Präsidentin der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) hat sich die Marktinfrastruktur als widerstandsfähig gegenüber Kursschwankungen und hohen Handelsaktivitäten gezeigt.

Markus Frühauf

Das war aber im Corona-Crash im März 2020 nicht der Fall, als einige der Marktteilnehmer aus dem Reich der Schattenbanken, auch Hedgefonds, vor größeren Problemen standen. Der als Bankenkritiker bekannt gewordene Volkswirtschaftsprofessor Martin Hellwig spricht von einem „Run-Problem“, also vielen Anlegern, die gleichzeitig aus Hedgefonds und anderen Anlagen ihre Gelder abziehen wollten. Das setzte die Fonds plötzlich unter Liquidationsdruck. Sie mussten ihre Wertpapiere verkaufen, um die ausstiegswilligen Kunden bedienen zu können.

Nach Ansicht von Hellwig hat dies den Börseneinbruch verstärkt und auch den Markt für amerikanische Staatsanleihen unter Stress gesetzt, den Hedgefonds für ihr Liquiditätsmanagement genutzt hätten. „Die amerikanische Notenbank Fed hat das Problem gelöst, indem sie alles gekauft hat“, sagt Hellwig auf Anfrage der F.A.Z. Das Ereignis ist in der Öffentlichkeit in Vergessenheit geraten, aber hat in Notenbanken und Aufsichtsbehörden die Sorge ausgelöst, dass Finanzrisiken außerhalb der regulierten Banken zugenommen haben und eine größere Krise auslösen können.

„Das muss unbedingt korrigiert werden“

„Es zeigt sich eine massive Diskrepanz zwischen der vergleichsweise schlanken Regulierung der Schattenbanken und ihrer zunehmenden Rolle. Das führt zu hohen Risiken für das Finanzsystem und muss unbedingt korrigiert werden“, fordert Michael Peters, Fachmann der Bürgerbewegung Finanzwende. Hellwig hält den Begriff der Schattenbanken für irreführend: „Er sollte verboten werden, weil er sehr unterschiedliche Institutionen umfasst.“

In der Tat listet das Financial Stability Board (FSB), dem Vertreter von Finanzministerien, Notenbanken und Aufsichtsbehörden aus den G20-Ländern angehören, in seinem jüngsten Bericht dazu unter anderem Versicherer, Pensionsfonds, Investmentfonds, Geldmarktfonds oder Hedgefonds auf. Statt Schattenbanken verwendet der Finanzstabilitätsrat den hölzernen Begriff „Nicht-Bank-Finanzintermediäre“. Das Gremium der G20-Regierungen will diesen Bereich strenger regulieren.

Für dieses Jahr sind Vorschläge für Geldmarktfonds angekündigt worden, im kommenden Jahr sollen auch noch die anderen Bereiche erfasst werden. Geldmarktfonds sind für Hellwig eine sehr wichtige Finanzierungsquelle für Banken, insbesondere im Dollar-Geschäft für europäische Institute. Ein Run könne die Geldmarktfonds zwingen, sich aus dem Geldmarkt zurückzuziehen und diesen einfrieren.

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) blickt mit Sorge auf die Schattenbanken. Finanzwende-Fachmann Peters verweist auf den seit der Finanzkrise verdoppelten Anteil in der Kreditvergabe an Unternehmen. Aktuell sei es ein Drittel. Die EZB beobachtet nach dem Corona-Crash eine höhere Risikoneigung der Schattenbanken. Das kann ihrer Ansicht nach zusammen mit den strukturellen Schwachpunkten die Widerstandsfähigkeit der „Nicht-Bank-Finanzintermediäre“ beeinträchtigen. Schwachstellen sind die Liquiditätsrisiken in Krisenzeiten, wenn viele Anleger ihr Geld aus diesen Vehikeln abziehen, aber auch die Verschuldung dieser Marktteilnehmer.

Hedgefonds setzen auf Leerverkäufe

Allerdings schmilzt das Reich der Schattenbanken, die dem jüngsten FSB-Bericht zufolge fast die Hälfte aller Vermögenswerte im Finanzbereich auf sich vereinigen, deutlich, wenn es um die besonders riskanten Hedgefonds geht. Deren Volumen beträgt 5,6 Billionen Euro oder knapp 3 Prozent des Gesamtvolumens der Schattenbanken. Grundsätzlich handelt es sich hier um Anlagevehikel, die mit riskanten Strategien ihren Investoren überdurchschnittliche Renditen versprechen. Die Strategien können sich auf Finanzmärkte oder auf makroökonomische Entwicklungen beziehen.

Am Aktienmarkt treten Hedgefonds oft als Leerverkäufer auf, sie suchen sich ihrer Ansicht nach überbewertete Titel, um dann auf einen Kursrückgang zu spekulieren. Das geschieht über Leihegeschäfte: Sie leihen sich bei einer Bank Aktien, die sie sofort verkaufen. Fällt der Kurs bis zum Rückgabetermin, können sie die Titel dann günstiger zurückkaufen. Die Differenz zwischen Verkaufskurs und später niedrigerem Rückkaufpreis ist ihr Gewinn.

Krasses Missverhältnis bei Gamestop

Den Gamestop-Turbulenzen war ein krasses Missverhältnis vorausgegangen: Die Leerverkaufpositionen machten bis zu 140 Prozent des Aktienbestands aus. Mehr Gamestop-Aktien wurden verkauft, als es tatsächlich gibt. Offenbar gab es ungedeckte Leerverkäufe, die nach der Finanzkrise in Europa verboten und in den Vereinigten Staaten kaum noch möglich sind, oder Aktienpakete wurden mehrfach verliehen. Das legt die Vermutung nahe, dass die nur wenig regulierten Hedgefonds immer wieder Schlupflöcher finden, die geschlossen werden müssen.

Mit diesen Risiken beschäftigt sich auch Christoph Becker, Professor an der Hochschule Darmstadt. Seiner Ansicht nach herrscht seit der Finanzkrise 2008 die Devise vor: „Das Schattenbankensystem verstehen wir nicht hinreichend, wir regulieren es auch kaum, und hoffentlich verschwindet es von selbst wieder.“ Becker hält es für nötig, dass die Regulierung der Schattenbanken Rettungsaktionen wie im März 2020 vorbeugen soll. Das kann den Risikoappetit in Zeiten ohne Krise zügeln. Dann muss es für ihn um die Frage gehen, wie das bislang von Schattenbanken gehaltene Kreditvolumen verwaltet wird.

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