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#Grönland war einst vollkommen eisfrei

Grönland ist von einem gigantischen Gletscher bedeckt, an einigen Stellen ragt er fast drei Kilometer hoch in die Luft. Lange Zeit gingen Forscher davon aus, dass sich dieser massive Eisblock in den vergangenen zweieinhalb Millionen Jahren kaum verändert hat. Tatsächlich waren aber große Teile der Insel noch vor 416.000 Jahren grün. Die eisfreie Tundra-Landschaft war geprägt von Moosen und Sträuchern, möglicherweise sogar einigen Bäumen und umherstreifenden Mammuts. Was in weiter Ferne zu liegen scheint, hat weitreichende Folgen für das Hier und Jetzt. Denn Grönlands Gletscher ist somit nicht so stabil, wie lange Zeit angenommen. Er könnte also noch schneller schmelzen und den Meeresspiegel weiter ansteigen lassen.

Das zeigt eine Studie, die in der Fachzeitschrift „Science“ erschien. Dafür untersuchte ein internationales Forscherteam eine Bodenprobe aus Zeiten des Kalten Krieges. Die sammelten Wissenschaftler während eines geheimen Militärprojekts der Vereinigten Staaten. Die amerikanische Armee wollte im Nordwesten Grönlands Atomraketen unter dem Eis verstecken und errichtete dafür eine Basis, die acht Meter unter der Oberfläche lag. Wissenschaftler begleiteten das sogenannte Projekt „Iceworm“, um zu untersuchen, ob das Eis standhalten kann. Sie fanden heraus, dass der Gletscher zu fragil ist, woraufhin die Mission abgebrochen wurde. Die Tunnel sind mittlerweile eingestürzt. Geblieben ist aber der Eiskern, die jahrzehntelang in einem Gefrierfach in Dänemark vergessen wurde. Die entdeckte das Forscherteam vor fünf Jahren wieder und untersuchte sie seitdem. „Wir haben nur sehr wenige Proben von der Unterseite des grönländischen Eisschildes, weil die meisten Bohrungen an der Basis des Eises enden“ sagt Tammy Rittenour, Geowissenschaftlerin aus Utah und Mitautorin der Studie.

Eine einzigartige Zeitkapsel

In der Zeitkapsel fanden die Forscher Reste von Blättern und Moosen. Zudem konnten sie beweisen, dass der Boden damals mit Luft und Licht in Berührung gekommen sein muss. So fanden sie heraus, dass zumindest Nordwestgrönland vor 416.000 Jahren eisfrei war. Dort entnahmen die Forscher damals die Probe. Andere Untersuchungen legen nahe, dass auch der Süden und möglicherweise das Landesinnere der Insel grün waren. Das führte dazu, dass der Meeresspiegel zu dieser Zeit um mindestens 1,4 Meter anstieg. „Hätten Forscher die Sedimente in der Vergangenheit untersucht, hätten wir keine der Analysen durchführen können, die wir für diese Arbeit gemacht haben“, sagt Rittenour. Dass die Probe in Vergessenheit geraten ist, war also ausschlaggebend für die neuen Erkenntnisse.

Ein Meeresspiegelanstieg von sieben Metern?

Der Gletscher schmolz während einer Zwischeneiszeit, dem MIS 11-Interglazial. „Es war eine ungewöhnlich lange Periode der Erwärmung mit mäßig erhöhtem Kohlendioxid in der Atmosphäre. Das Beunruhigende an dieser Erkenntnis ist, dass die heutigen CO₂-Werte 1,5-mal höher sind“, sagt die Expertin. Zwar war es in der Vergangenheit zu einigen Zeiten noch wärmer. Da ist der Gletscher aber nicht geschmolzen. Während des MIS 11 war ausschlaggebend, dass die Temperaturen sehr lange, fast 30 tausend Jahre, erhöht waren. Auch heute ist damit zu rechnen, dass es sehr lange überdurchschnittlich warm bleiben wird. Selbst wenn die CO₂-Konzentration im Jahr 2040 zu sinken beginnt, wird die Temperatur etwa 30.000  Jahre lang erhöht sein.

Sollte das gesamte grönländische Eis schmelzen, würde der Meeresspiegel um sieben Meter ansteigen. Die Stadt Hamburg wäre dann gänzlich unter Wasser. Dass das irgendwann eintritt, wird immer wahrscheinlicher. Denn der Gletscher schmilzt immer schneller. So gelangt die Oberkante des Eises in tiefere und somit wärmere Luftschichten. Dadurch wird die Eisschmelze irgendwann unaufhaltsam. Für einige Teile Grönlands ist so ein Kipppunkt bereits erreicht – selbst, wenn wir von heute auf morgen keine Emissionen mehr ausstoßen. So wird das tauende Grönlandeis den Meeresspiegel um mindestens 27 Zentimeter anheben. Das zeigt eine Studie, die im Journal „Nature Climate Change“ veröffentlicht wurde.

Dass der gesamte Gletscher schmilzt, würde allerdings mehrere Jahrhunderte dauern. Der Weltklimarat geht davon aus, dass Grönlands Eis den Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um sieben Zentimeter ansteigen lässt – insofern wir die Erderwärmung unter zwei Grad halten. Erhitzt sich die Erde auf vier Grad, sind es schon 15 Zentimeter. Das schrieb der Weltklimarat 2019 in einem Sonderbericht für Ozeane. Da war allerdings noch nicht bekannt, dass Teile Grönlands schon einmal eisfrei waren. „Die Vergangenheit Grönlands deutet auf eine warme, feuchte und weitgehend eisfreie Zukunft für den Planeten Erde hin. Es sei denn, wir können die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre drastisch senken“, sagt Paul Bierman, Geowissenschaftler aus Vermont und Mitautor der Studie.

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