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#Güte ist mehr als eine Marke

Güte ist mehr als eine Marke

Nach Vorwürfen von Übergriffen und Einschüchterungen am Set der „Ellen DeGeneres Show“ wird die Moderatorin ihre Sendung im kommenden Jahr beenden. Damit wirft eine der bekanntesten amerikanischen Moderatorinnen das Handtuch – und ausgerechnet eine, die auf der Moralskala lange Zeit ganz weit oben rangierte.

DeGeneres setzte sich für Elefanten und Gorillas ein, für Aids-Opfer und für die LGBTQ-Community und für Transzendentale Meditation. In ihrer Show macht sie (genauer: machen ihre Sponsoren) bedürftigen Bevölkerungsgruppen und Zufallsgewinnern großzügige Geschenke. Präsident Obama verlieh ihr 2016 die Freiheitsmedaille. „Seid nett zueinander“, sagt sie immer am Schluss ihrer Show. Seit neunzehn Jahren moderiert DeGeneres bei NBC, mit 61 Emmys wurde die Show ausgezeichnet, DeGeneres stilisierte sich als Verkörperung der „kindness“. Aber als im vergangenen Sommer Berichte über eine vergiftete Arbeitsatmosphäre und sexuelle Übergriffe hinter den Kulissen erschienen, wirkte ihr Motto plötzlich wie eine hohle Phrase. Schon einmal hatte sie ihre Show verloren, als sie 1997 nach ihrem Coming Out als lesbische Frau Opfer einer homophoben Kampagne wurde. „Ellen Degenerate“ nannte sie der Fernsehprediger Jerry Falwell, 1998 wurde „Ellen“ eingestellt. DeGeneres gab sich verständnisvoll. Sie verstehe, dass manche Leute nicht verstünden, sagte sie damals.

DeGeneres und das Image der „kindness“

Fünf Jahre später startete sie durch und positionierte sich mit Burschikosität, Lebensfreude und mild-sarkastischem Humor als schnörkelloser Gutmensch, den man gern zur besten Freundin haben möchte. Mit ihren Tanz- und Gesangseinlagen sorgte sie für Unterhaltung. Die dunklen Seiten ihrer Biographie – sexuelle Übergriffe durch ihren Stiefvater und die Erfahrung der Homophobie-Kampagne – verfestigten das Heiligenbild: Dass sie trotz allem für „kindness“ stand, steigerte ihr Ansehen (und ihren Marktwert) noch.

In der Konstruktion von Heilsfiguren der amerikanischen Popkultur steckt seit je viel Wunschdenken. Dabei geht es ums Geschäft. DeGeneres machte ihre vermeintliche Güte zur Marke. Zu dieser Marke gehören eine Plattenfirma, ein Produktlabel für Einrichtungsgegenstände, Kleidung und Haustierbedarf sowie eine Modelinie bei WalMart. Auf 87,5 Millionen Dollar bezifferte Forbes im Jahr 2018 ihr Vermögen.

Ein Segment ihrer Show trägt den Titel „Cash for Kindness“ – Bares für Güte. Ahnungslosen Passanten in Los Angeles wird vor versteckter Kamera eine Situation suggeriert, in der jemandem ein Missgeschick passiert. Hilfsbereite werden unter verdeckter Anleitung von DeGeneres aus dem Studio zu immer weiteren Hilfeleistungen aufgefordert, sehr zum Amüsement des Publikums. Am Ende werden die guten Samariter ins Studio eingeladen und mit einem Geldpreis bedacht. Aber die Vermarktung von Güte ist etwas ganz anderes als echte Güte, ebenso, wie die Vermarktung von Religion durch Amerikas „Televangelists“ mit christlichen Prinzipien wenig gemein hat.

Sie habe keine Ahnung von einer giftigen Arbeitsatmosphäre an ihrem Set gehabt, sagte sie jetzt bei der „Today Show“ zu den Vorwürfen. Sie könne unmöglich alle 255 Mitarbeiter ihrer Sendung im Auge behalten. „Ich bin ein lieber Mensch. Ich mache gern andere glücklich“, beteuerte DeGeneres. Eigentlich habe sie schon im vergangenen Sommer aufgeben wollen, sagte sie, aber ihre Therapeutin habe ihr mit den Worten davon abgeraten, sie mache schließlich sehr viele Menschen glücklich, und das sei nun einmal ihre Aufgabe.

Vielleicht ist es schlicht unmöglich für Ellen DeGeneres, den Ansprüchen der Öffentlichkeit gerecht zu werden. Vielleicht aber glaubt sie längst selbst blind an das Image, das sie kreiert hat. Das macht es schwierig, Widersprüche wahrzunehmen.

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