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#Hier schätzt man die Kunst des Stöberns

„Hier schätzt man die Kunst des Stöberns“

Das Amazon-Bashing kommt schon recht früh, in den einleitenden Bemerkungen nämlich. Und es bleibt keineswegs bei dieser einen Schelte. Für Jeff Deutsch ist der Onlineversandhändler so etwas wie der größte vorstellbare Endgegner, ein Konzern, der Bücher zu Ramschpreisen anbietet, um Kunden anzulocken, die dann teurere Produkte erwerben sollen. Der Frust ist nachvollziehbar, zumal in einem Essay mit dem Titel „In Praise of Good Bookstores“, der aber durchaus kein Abgesang ist.

Dabei gibt es Gründe, pessimistisch zu sein. 1994 existierten siebentausend unabhängige Buchhandlungen in den Vereinigten Staaten; 2019 waren es noch rund zweitausendfünfhundert. Ein Zufall ist das nicht, denn heute muss jemand, der auf der Suche nach brauchbarer Lektüre ist, kein Geschäft mehr betreten, um fündig zu werden. Tatsächlich wäre das eher umständlich. Zugleich war es Deutsch zufolge aus finanzieller Sicht noch nie sinnvoll, eine Buchhandlung zu eröffnen: Schon Denis Diderot und Jean Baptiste le Rond d’Alembert haben in ihre „Encyclopédie“ den Vermerk aufgenommen, der Buchbranche gehe es nicht mehr allzu gut.

Jeff Deutsch: „In Praise of Good Bookstores“.


Jeff Deutsch: „In Praise of Good Bookstores“.
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Bild: Princeton University Press

Deutsch ist Leiter der Seminary Cooperative Bookstores, einer 1961 gegründeten Genossenschaft mit zwei Buchhandlungen in Chicago. Was müssen solche Läden bieten? Es gehe nicht darum, die vorrätigen Titel so schnell wie möglich loszuwerden, sondern den Besuchern einen Raum zum Stöbern zu präsentieren. Die daraus resultierende Selbstreflexion sei nur eine Frage der Zeit. Deutsch spricht hier sogar von der „Kunst des Stöberns und Blätterns“, zählt mit Verve und Begeisterung verschiedene Arten dieser Tätigkeit auf und holt sich, wie bei jedem abgehandelten Aspekt, Hilfe von einer unüberschaubaren Stichwortgebermannschaft, deren Zitate den Lektürefluss immer wieder ausbremsen: Dante und Aristoteles, Gaston Bachelard und William Blake, Machiavelli und Aby Warburg.

Von dem Mathematiker S. R. Ranganathan borgt sich Deutsch die fünf Gesetze der Bibliothekswissenschaft, um sie, leicht modifiziert, auf den Verkauf von Büchern zu beziehen: Bücher sind zum Benutzen da; jedem Buch seinen Leser; jedem Leser sein Buch; die Zeit des Lesers sparen; eine Bibliothek ist ein wachsender Organismus. Der Autor macht sich kluge Gedanken über Kategorien wie Zeit, Raum oder Gemeinschaft, um in den besonders akademischen und pathoslastigen Passagen häufig seinen eigentlichen Gegenstand zu vergessen – Kundengespräch, Verkauf, Umsatz. Will ein Buchgeschäft überleben, muss es schließlich mehr sein als ein Ort zum Stöbern und Schmökern. Bei all dem fragt sich, ob Deutsch nicht ohnehin offene Türen einrennt. Wer seinen Essay konsultiert, muss von dessen Thesen wahrscheinlich nicht mehr überzeugt werden.

Jeff Deutsch: „In Praise of Good Bookstores“. Princeton University Press, Princeton 2022. 208 S., geb., 19,50 €.

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