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#Virtuelle Hasen in Chanel

„Virtuelle Hasen in Chanel“

Hinsichtlich der Mannigfaltigkeit seiner Tätigkeitsfelder hat der 1970 geborene britische Choreograph Wayne McGregor sicher eine der interessantesten Karrieren der letzten zwei Jahrzehnte aufgebaut. George Balanchine arbeitete am Broadway als Musicalchoreograph, doch tat er dies nur, bis er das New York City Ballet gegründet hatte. Merce Cunningham verbrachte den größten Teil seiner Lebenszeit in seinem eigenen Studio – allein oder mit seinen Tänzern. Beiden, dem neoklassischen wie dem postmodernen Choreographen, ging es um die Ar­beit an ihrem Vokabular und der Syntax, Balanchine um die gültige tänzerische Umsetzung von Musik, vorzüglich Strawinskys, Cunningham um seine inneren Rhythmen, die sich wie von selbst auf der Bühne mit jenen der Musik, geschrieben oder ausgewählt von John Cage, synchronisierten.

McGregor ist das als Metier nicht ge­nug. Seine eigene zeitgenössische Company scheint sich von selbst zu leiten und tourt mit McGregors eigens für sie ge­schaffenen Stücken, während er das nächste Werk für das Royal Ballet schafft, dessen Hauschoreograph er seit 2006 ist, oder weltweit anderen Verpflichtungen nachkommt. Seit Neuestem ist er, als Nachfolger der Choreographen Ismael Ivo und zuletzt Marie Chouinard, Direktor der Biennale Danza in Venedig. Seiner zweiten Festivalausgabe, deren Aufführungen und Ausstellungen noch bis zum 31. Juli zu sehen sind, hat er die Überschrift „Boundary-Less“ gegeben, ein Titel, der seltsam weltfremd anmutet angesichts von Krieg und Vertreibung. Aber es war noch nie McGregors Sache, sich in seiner Arbeit mit realpolitischen Gegebenheiten auseinanderzusetzen, et­was, das von einem Choreographen ähnlich wie von einem Lyriker auch nicht verlangt werden sollte – von einem Festivaldirektor schon eher.

Virtuelle Tänzer zwischen echten

McGregor engagiert sich für die Ausdehnung des Tanzfeldes in ganz andere Richtungen. Früh begann er, sich für Film zu interessieren, und half etwa Monstern digital auf die Sprünge. 2005 war er der Bewegungsdirektor von „Harry Potter und der Feuerkelch“, stellte die Totesser auf die Füße und choreographierte die große Ballszene. Inzwischen, nachdem er sich tänzerisch mit Genetik und Robotik beschäftigt hat, ist er mit Google dabei, ein digitales Bewegungsarchiv zu erstellen. Motion Cap­ture, die Software zur Bewegungser­fassung, die Merce Cunningham erstmals so großartig nutzte, um in „Biped“ virtuelle Tänzer zwischen den echten auftreten zu lassen, benutzt McGregor wie andere ihr Essbesteck oder ihre Zahnbürste.

Auf der Liste seiner Affinitäten zu allem, was hip ist, steht die Popmusik natürlich mit an der Spitze. Er hat für die Bands Radiohead und Chemical Brothers gearbeitet. Im Mai hatte in London sein neuestes Projekt Premiere: „Abbavoyage“, das Konzert der Avatare der Band, das die nächsten fünf Jahre zu sehen sein wird. In einem kom­plizierten Prozess haben er und das Team virtuelle Kopien der Musiker geschaffen. Choreographiert und mit Motion Capture übertragen hat McGregor mit jungen Tänzern.

Zuschauer mit Helmbrille warten auf ihren Einsatz

So verwundert es kaum, dass die Biennale Danza 2022 auch mit einer Virtual -Reality-Produktion eröffnet wurde. Nicht nur McGregor, auch die Spanierin Blanca Li ist verliebt in die technische Erweiterung tänzerischer Räume. Aus Paris kam sie 2002 nach Berlin, schmiss aber die Leitung des Berlinballetts nach sechs Monaten hin. Nun hat die seither wieder freie Choreographin „Le Bal de Paris“ nach Venedig gebracht. Eine kleine Gruppe Zu­schauer bekommt dafür die technische Ausrüstung in einem Rucksack umgehängt, wird mit den Helmbrillen und Motion Capture ausgestattet und tritt da­nach im virtuellen Raum zunächst vor Vi­trinen, in denen Kostüme darauf warten, ausgewählt zu werden. Tierköpfe gehören dazu.

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