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#Pandemie gegen Pandemie

Pandemie gegen Pandemie

Weniger Sex in Zeiten der Pandemie? Das scheint tatsächlich eine Nebenwirkung von Covid-19 zu sein, und das nicht nur, weil viele Bordelle geschlossen sind. Manche befürchten, 2020 könnte ein Jahr werden, in dem auch in Deutschland weniger Kinder geboren und gezeugt wurden, weil vielen Menschen in den kontaktlosen Zeiten die Lust auch am Intimsein vergangen ist. Positiv hingegen ist, dass die Zahl der sexuell übertragbaren Krankheiten wegen Corona zurückgegangen ist. Bei der Syphilis etwa, die anders als andere Geschlechtskrankheiten in Deutschland meldepflichtig ist, gab es nach Angaben des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) im ersten Halbjahr einen Rückgang bei den Infektionen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von rund 3400 auf 3200.

Peter-Philipp Schmitt

Ob auch die HIV-Zahlen 2020 zurückgehen werden, lässt sich noch nicht sagen, auch weil Ansteckungen oft schon Jahre zurückliegen können, bevor sie überhaupt festgestellt werden. Nach RKI-Angaben gab es allerdings 2019 etwas mehr neu erkannte Infektionen als in den Jahren zuvor – nämlich 2600. Das waren etwa 100 Fälle mehr als 2018. Damit ist ein Trend zu Ende gegangen: Seit 2015 mit damals rund 3700 Neudiagnosen war die Zahl der erkannten HIV-Neuinfektionen in Deutschland Jahr für Jahr rückläufig gewesen, nachdem es zuvor seit 2011, als ihre Zahl 2661 betrug, zu einem fast kontinuierlichen Anstieg gekommen war.

Drastische Rückgänge in Deutschland nicht zu beobachten

Insgesamt geht das Robert-Koch-Institut davon aus, dass rund 90.700 HIV-Infizierte Ende 2019 in Deutschland lebten, davon etwa 10.800, ohne von ihrer Infektion zu wissen. Das Virus wird vor allem von Personen übertragen, deren Infektion noch nicht diagnostiziert wurde. Geschätzte 3100 Personen werden, obwohl sie von ihrer HIV-Diagnose wissen, nicht mit antiretroviralen Medikamenten behandelt. Bei allen anderen (gut 96 Prozent) sei die Therapie fast immer erfolgreich, so dass sie nicht mehr ansteckend sind. Die Frage nach dem Einfluss der HIV-Vorbeugung durch die Medikamente lässt sich laut RKI noch nicht eindeutig beantworten. Drastische Rückgänge von HIV-Infektionen unter homo- und bisexuellen Männern, wie sie in San Francisco und London beschrieben wurden, seien „bislang landesweit in Deutschland nicht zu beobachten“.

Bei der Hauptbetroffenengruppe, homo- und bisexuellen Männern, sank die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen Jahren weiter – von 2200 im Jahr 2013 auf nunmehr 1600. Anstiege auf niedrigem Niveau werden hingegen bei der Übertragung auf heterosexuellem Weg gesehen (etwa 650 Fälle) und durch Rauschgiftkonsum mit Spritzen (360).

380 aidsbedingte Todesfälle

Ein großes Problem bleibt, dass rund ein Drittel der Diagnosen noch immer erst gestellt werden, wenn die Betroffenen schon einen fortgeschrittenen Immundefekt haben, in 15 Prozent der Fälle sogar erst mit dem Vollbild von Aids. Auch darum gab es im vergangenen Jahr 380 aidsbedingte Todesfälle. Sven Warminsky vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe nennt die Stagnation bei den Spätdiagnosen „tragisch“ und fordert mehr Anstrengungen etwa durch Fortbildungen für Ärzte, die HIV als Krankheitsursache oft nicht in Betracht zögen.

Auch wenn noch nicht klar ist, wie viele HIV-Diagnosen es in diesem Jahr geben wird, so zeichnet sich schon jetzt ab, dass coronabedingt viel weniger getestet wird. Einer der Gründe: Die Gesundheitsämter sind überlastet und bieten darum keine Tests auf HIV und andere Geschlechtskrankheiten an.

International weniger Tests wegen Corona

Auch international wirkt sich Corona auf den Kampf gegen HIV und Aids aus, wie ein UN-Aids-Bericht anlässlich des heutigen Weltaidstags zeigt. So wird weniger getestet, in Uganda etwa ging die Zahl der HIV-Tests allein im April um 40 Prozent zurück, und etliche afrikanische Länder berichten auch, dass einige Infizierte keine Therapien mehr bekommen könnten. Darauf basierend geht UN-Aids davon aus, dass es zu zwischen 123.000 und 293.000 zusätzlichen HIV-Infektionen und wegen Corona zu 69.000 bis 148.000 aidsbezogenen Todesfällen kommen könnte.

Schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie waren die von der Weltgemeinschaft gesteckten Ziele, die kurz gefasst „90-90-90“ lauten, nicht mehr zu erreichen. Bis Ende dieses Jahres wollte UN-Aids es schaffen, dass 90 Prozent aller HIV-Infizierten zumindest wissen, dass sie infiziert sind, 90 Prozent sollten eine Therapie bekommen, so dass 90 Prozent das Virus nicht mehr weitergeben können, da sie dank ihrer Medikamente nicht ansteckend sind. Doch von den 38 Millionen HIV-Infizierten auf der Welt hatten im Juni noch immer zwölf Millionen keinen Zugang zu einer antiretroviralen Therapie. Im vergangenen Jahr allein war die Zahl der HIV-Infizierten um 1,7 Millionen angewachsen, das waren dreimal so viele, wie von UN-Aids angestrebt worden waren. Allein 150.000 Kinder steckten sich 2019 mit HIV an und damit fast achtmal mehr als von UN-Aids gehofft.

Einer der Hauptgründe für das Scheitern: 2019 standen nur 18,6 Milliarden Dollar für den Kampf gegen HIV und Aids zur Verfügung und nicht, wie von UN-Aids gefordert, 26,2 Milliarden.

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