#„Ich hab nix im Kopf gehabt“
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„„Ich hab nix im Kopf gehabt““
„Wir Deutschen können schon ein bisschen Ski fahren“, sagte Josef Ferstl und musste selbst ein bisschen schmunzeln angesichts seiner Erkenntnis nach dem Super-G von Wengen. Den sechsten Platz hatte Ferstl am Donnerstag belegt, mit 0,86 Sekunden Rückstand auf den Schweizer Tagessieger Marco Odermatt – und er war damit nicht mal der Beste seines Teams. Denn Romed Baumann kam noch mal eine Viertelsekunde schneller vom Berg ins Tal und wurde Vierter.
„Auf der ganzen Strecke wohlgefühlt“ habe er sich, bekannte Baumann: „Ich bin richtig cool ins Fahren gekommen.“ Und damit bewies der Routinier einen Tag vor seinem 36. Geburtstag an diesem Freitag zum ersten Mal seit langer Zeit, dass seine Silbermedaille im Super-G bei der Ski-WM 2021 in Cortina d’Ampezzo mehr war als ein spätes Aufglühen seines großartigen Potentials. Nach dem „verhaltenen Start in die Saison“, wie es Baumann selbst nach zwei Ausfällen sowie den Rängen 20 und 26 in seiner Spezialdisziplin diplomatisch ausdrückte, war seine Vorstellung bei dem Ersatzrennen für den in Lake Louise und Bormio zweimal ausgefallenen Super-G „gut fürs Selbstvertrauen“.
Noch besser wäre es um seine Stimmung freilich bestellt gewesen, wäre er mit vollem Risiko auch durch das Ziel-S gekommen, „dann hätte es fürs Podium gereicht“, wie Baumann selbst erkannte. Ein kurzer Quersteller in dieser späten Schlüsselpassage kostete ihn sicher mehr als die drei Hundertstel, die ihn in der Endabrechnung von Rang drei trennten.
Ferstl wiederum erklärte seinen „guten sechsten Platz“ damit, dass es ihm gelungen sei, „voll auf Angriff zu fahren“. Nach zwei für ihn persönlich schwierigen Jahren, in denen ihn „immer irgendein Mist“ blockiert habe, wie er seine vielen kleinen Verletzungen bezeichnete, konnte er diesmal perfekt abschalten auf der Strecke: „Ich hab nix im Kopf gehabt“, sagte er auf herrlich unverblümte Weise.
Dreßen fehlt in dieser Saison
Die deutschen Speedfahrer zeigten mit den beiden Topresultaten einmal mehr, dass mit ihnen zu rechnen ist in den schnellen Disziplinen, auch wenn der von Cheftrainer Christian Schwaiger geforderte „Knaller“ einmal mehr fehlte – nämlich der Platz auf dem Siegerpodest. In der laufenden Saison war zuvor bereits Andreas Sander im Super-G von Beaver Creek auf den vierten Platz gefahren, Dominik Schwaiger hatte in der Abfahrt von Bormio Rang fünf belegt. Baumann selbst war in Lake Louise Sechster in der Schussfahrt geworden und Simon Jocher Abfahrts-Achter in Gröden.
In der Summe haben sich damit bereits fünf deutsche Athleten in den schnellen Disziplinen für die Olympischen Spiele von Peking (4. bis 20. Februar) qualifiziert – und das, obwohl Thomas Dreßen als nominell bester Mann nach Hüft- und Knieoperationen in dieser Saison aussetzt und gerade erst wieder mit dem Aufbautraining im Schnee begonnen hat.
Schwaiger dürfte somit im fernen China mit der ungewohnten Luxussituation konfrontiert sein, vor den beiden Medaillenrennen auf dem Kurs in Yanqing Ausscheidungsfahrten durchführen zu müssen, wie man sie sonst nur von den Österreichern kennt, bei denen sich stets mehr als die vier pro Nation teilnahmeberechtigten Abfahrer um die begehrten Olympia-Plätze streiten.
Auf dem Podium in Wengen tummelten sich einstweilen die Topstars der Szene aus den klassischen Siegernationen der Skiwelt. Der im Gesamtweltcup führende Schweizer Odermatt gewann auf der 2683 Meter langen Strecke unterhalb der majestätischen Bergkulisse von Eiger, Mönch und Jungfrau und bewältigte die 603 Höhenmeter Differenz in glatt 1:29 Minuten.
Der jugendliche Alleskönner war damit um 0,23 Sekunden schneller als der Norweger Aleksander Aamodt Kilde, der die jüngsten drei Super-G gewonnen hatte und somit nur knapp daran scheiterte, den Siegesserien-Rekord im Super-G von Alpin-Legende Hermann Maier (Österreich) einzustellen. Tagesrang drei belegte ein anderer Mayer aus Österreich, mit „y“ und Vornamen Matthias – und der ist immerhin aktueller Olympiasieger im Super-G.
Lokalmatador Odermatt gelang es nach seinem Sieg im Riesenslalom von Adelboden zum zweiten Mal binnen einer Woche, auf einer Schweizer Prestigestrecke zu triumphieren. Auch wenn es auf der legendären Lauberhorn-Abfahrt diesmal nur ein Super-G war, der erste seit 1994 übrigens, baut er eine gewaltige Erwartungshaltung vor Olympia auf, die er mit seinem fröhlichen Gemüt aber galant von sich fernhält. „Ich habe die Schlüsselpassagen gut getroffen“, meinte er nur und befand, von seinem Sieg „selbst überrascht“ zu sein.
Vor den beiden Weltcup-Abfahrten am Freitag und Samstag verkündete Ferstl wiederum selbstsicher: „Ich kann viel“, und der Januar sei traditionell der Monat, in dem es ihm am besten gelinge, dies auch zu zeigen. Baumann wiederum blickte schon in den Februar voraus und erklärte mit einem Blick auf die Ergebnisliste vielsagend, vielleicht habe er sich das „Hundertstel-Glück“ für ein wichtigeres Rennen aufgespart.
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