#„Ich teste lieber einen Patienten zu viel als einen zu wenig“

Herr Spieren, in Ihre Praxis in Wenden im Sauerland kommen Patienten mit Covid-19, aber auch mit einer einfachen Erkältung oder einer Grippe. Wann sollte man Sie denn wirklich aufsuchen?

Erst einmal sollte man immer kommen, wenn man sich unsicher ist. In unserer Praxis kann man auch online einen Termin buchen, und jeder, der sich krank fühlt, kann auch kommen. Für Patienten mit Infekten gibt es eine gesonderte Sprechstunde, um Infektionspatienten von anderen regulären Patienten zu trennen.

Kann ich denn irgendwie festmachen, ob ich eher eine einfache Erkältung oder doch Covid-19 habe?

Viele Patienten, die Corona haben, sagen uns: Es fühlt sich irgendwie anders an. Eine Grippe kennen die meisten ja. Wenn man dieses Gefühl hat, dass es anders ist – dann sollte man auf jeden Fall zum Arzt gehen.

Bedeutet „anders“ den Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns?

Das sind die Symptome, die sich nachgewiesen von denen einer Erkältung oder einer Grippe unterscheiden, ja. Ansonsten sind die Patienten mit Covid manchmal etwas müder, fühlen sich abgeschlagen. Das ist aber individuell. Auch bei einer Grippe und Erkältung ist das so, die Diagnose ist ja nicht wie bei einem Armbruch. Manche Patienten haben mehr Fieber, andere mehr Husten.

Der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns ist also das einzige Symptom, das wirklich auf Covid-19 hindeutet?

Es gibt kein eindeutiges Corona-Symptom, Geruchs- und Geschmacksverlust können aber wegweisend sein. Trockener Husten und Fieber sind außerdem häufige Symptome, aber die treten eben bei einem grippalen Infekt auch auf. Ebenso Magen-Darm-Beschwerden. Man muss gerade einfach vernünftig sein. Jeder, der jetzt Symptome hat, die Grippe, Erkältung oder Corona bedeuten könnten, sollte das zu Hause erst einmal  beobachten und zum Beispiel über eine Videosprechstunde mit dem Hausarzt Kontakt aufnehmen. Wenn es dann nicht besser wird, sollte man wirklich einen Corona-Test machen. Allein schon deshalb, um sein Umfeld zu schützen. Darum tragen wir ja auch Masken, um unsere Mitmenschen zu schützen.

Wenn man jetzt einen herkömmlichen Schnupfen hat, der sich wie immer anfühlt…

Dann empfehle ich: Bitte zu Hause bleiben, nicht arbeiten gehen, drei Tage darf man daheim bleiben. Wenn es nicht besser wird, sollte man sich abstreichen lassen. Im Prinzip sollte man sich am besten sofort testen lassen, wenn man zum Beispiel mit Älteren zusammen wohnt oder seine Oma noch besuchen will.

Beobachten Sie unter Ihren Patienten denn gerade eine größere Verunsicherung, wenn sie eigentlich nur eine Erkältung haben?

Seit Beginn der Pandemie haben wir strikt getrennt, zwischen regulären Patienten und Patienten mit Erkältungs- beziehungsweise Infektsymptomen. Jetzt kommen die Leute auch schneller mal nur mit einem Schnupfen in die Praxis – aber das ist ja korrekt! Ich teste lieber einen Patienten zu viel als einen zu wenig. Wir haben von Anfang an aufgeklärt, wir wollten nie Panik verbreiten. Mit einem Test können wir das ja relativ einfach klären.

Das geht aber in großen Städten nicht so leicht.

Das stimmt, das ist eine Problematik. Wenn Sie in einer Großstadt keinen Arzt finden, der Sie testet, schürt das natürlich Angst. Das liegt auch daran, dass die Ärzte nicht unbedingt verpflichtet werden können, Testungen durchzuführen.

Auch Personen, die Kontakt zu Infizierten hatten, werden ohne Symptome nicht unbedingt getestet.