#„Ich weiß, ich kann’s noch“
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„„Ich weiß, ich kann’s noch““
Für die besten Spiele eines Turniers gibt es keine Pokale, aber sie tun der Seele gut und dem Selbstbewusstsein sowieso. So ein Spiel waren jene 199 Minuten, in denen Angelique Kerber und eine Spanierin namens Sara Sorribes Tormo ein Fest aus Ausdauer, Leidenschaft und Mut feierten, zelebriert auf Court No. 2, am Ende von den Zuschauern belohnt mit einer Standing Ovation. Die Spanierin überraschte ohnehin mit einem großartigen Auftritt, aber war wirklich Angelique Kerber auf der anderen Seite, die vor Beginn der Championships bei drei Grand-Slam-Turnieren zuletzt kein einziges Spiel gewonnen hatte? „Ich weiß, ich kann’s noch“, sagte sie hinterher.
Auf einmal scheinen wieder Dinge möglich zu sein, hinter denen einen Weile lang große Fragezeichen gestanden hatten. Und man liegt sicher nicht falsch, hinter diesem begeisternden Auftritt in Wimbledon all das zu vermuten, was in der Woche zuvor in der Champagnerluft und rund um die Heilquellen von Bad Homburg passierte. Beim neuen Turnier – klein, aber fein – gewann Angelique Kerber nicht nur den ersten Titel seit ihren Wimbledon-Sieg 2018, die Dinge fügten sich auch auf eine Art zusammen, die sie sich nicht schöner hätte wünschen können.
Eingebunden in das Turnier als dessen Botschafterin und zukünftige Chefin, erlebte sie, wie ihr Engagement von allen gelobt und wertgeschätzt wurde; so was kann Wunder wirken. Sie hatte weniger Zeit als sonst bei einem Turnier, sich um ihr Spiel zu kümmern, darüber nachzudenken und wie so oft ins Grübeln zu kommen. Und vielleicht vertraute sie gerade deshalb ihren Instinkten wieder mehr und gewann fünf Spiele nacheinander, davon zwei an einem Tag.
Das Selbstvertrauen ist zurück
Go with the flow. Kann es also sein, dass es die Ereignisse auf dem Rasen Wimbledons ohne den Vorlauf bei ihrem Turnier in Bad Homburg nicht gegeben hätte? Schon möglich, sagt sie. „Es hat mir gezeigt, dass ich wieder Matches gewinnen kann, egal, ob es bei einem kleinen oder größeren Turnier ist. Das hat mir das Selbstvertrauen wiedergegeben, und mit dem Vertrauen bin ich nach Wimbledon gereist.“
Aber Angelique Kerber fühlt sich auch deshalb wohler, weil nun wieder Zuschauer auf den Rängen sitzen dürfen. Das war in kleinerer Zahl schon in Bad Homburg der Fall, und jetzt in Wimbledon ist es fast wie in alten Zeiten. Das Gefühl der Verbundenheit, in den mehr als drei Stunden des Spiels mit der famosen Spanierin gewachsen, trug beide auch in Momenten, als die Erschöpfung in Brustkorb und Beine kroch. Diese Unterstützung habe ihr in den vergangenen Monaten sehr gefehlt, sagt Angelique Kerber. „Das ist es, was ich mir immer gewünscht hab, und das gibt mir noch mal diesen letzten Kick, diese Leidenschaft und den Spaß am Tennis.“
Selfie auf dem Centre Court: Angelique Kerber, Deutschlands beste Tennisdame, posiert mit dem Siegerpokal der Bad Homburg Open.
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Bild: dpa
Und nun ergibt sich ein Szenario, wo mit frisch erblühter Leidenschaft und runderneuertem Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten Dinge möglich sind, die sich vor ein paar Wochen kaum einer vorstellen konnte. Selten lichteten sich die Reihen der gesetzten Spielerinnen bei einem Grand-Slam-Turnier derart schnell wie diesmal in Wimbledon. Naomi Osaka (Depression) und Simona Halep (Verletzung) fehlten von Anfang an, dann verabschiedeten sich innerhalb weniger Tage Elina Switolina (Nummer 3 der Setzliste), Sofia Kenin (4), Bianca Andreescu (5), Serena Williams (verletzt/6), Petra Kvitova (10), Viktoria Asarenka (12) und Maria Sakkari (15).
Schon jetzt Favoritin?
Nach der Auslosung hatte es so ausgesehen, als werde Angelique Kerber vielleicht in Runde drei gegen Serena Williams spielen, doch nach dem Abschied der Amerikanerin wird sie nun an diesem Samstag auf Aliaksandra Sasnowitsch (Belarus) treffen, aktuell Nummer 100 der Weltrangliste. Ist das nun ein leichteres Los, als gegen Serena Williams zu spielen, oder ein schwereres, weil sie sich weniger gut auf die Partie einstellen kann und das Adrenalin vielleicht zu Beginn nicht mit gleichem Tempo fließt?
Nach leichtem Zögern antwortete Angelique Kerber: „Ach, das wird kein einfacheres Match. Wer in der dritten Runde steht, hat zwei Matches gewonnen und verdient es, dort zu stehen. Es fängt alles wieder bei null an.“ Und für weitergehende Überlegungen zur kommenden Woche ist sie ohnehin nicht zu haben. Jedes Spiel sei einfach nur eine nächste Runde, jede weitere Runde sei ein Sieg, und dabei werde es bleiben. „Ich lass mich da nicht aus meinem Konzept und aus meiner Routine bringen.“
Außerdem gibt es ja auch einen Gegengeschichte zur jetzt schon fehlenden Elitegruppe gesetzter Konkurrentinnen. Denn jene Spielerinnen, die in diesem Jahr bisher am erfolgreichsten waren, sind allesamt noch dabei, angeführt von der Nummer eins, Ashleigh Barty aus Australien, und der zwei, Aryna Sabalenka (Belarus). Und wer nach dem Auftritt von Sara Sorribes Tormo beim Feuerwerk gegen Angelique Kerber nicht begriffen hat, dass die größte Gefahr manchmal nicht von den bekanntesten Gegnerinnen droht, der sollte noch mal genauer hinsehen. Die Spanierin steht in der Weltrangliste auf Platz 50 und spielte wie eine Gegnerin aus den Top Ten.
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