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#Die Raserei kann einen rasend machen

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Die Raserei kann einen rasend machen

Viele Krimis wollen mehr sein als ein neunzigminütiges Whodunit. Leiche, Ermittlung, Aufklärung – was wäre dieser Dreischritt ohne Mehrwert? Vielleicht gute Unterhaltung? Jedenfalls ist der Erziehungs- und Servicegedanke so tief in der DNA des deutschen Fernsehens verankert, dass es ohne Reflexionsimpulse und kritische Seitenhiebe sein ureigenes Profil verlieren würde. Davon zeugt auch „Der Kommissar und die Wut“ aus der Feder von Christoph Darnstädt. Stein des Anstoßes sind illegale Straßenrennen, die immer wieder Todesopfer fordern.

Kai Spanke

Wie illustriert man am besten, was von dieser kriminellen Form des Kräftemessens zu halten ist? Indem man einen Ermittler ins Rennen schickt, der grummelig und, man kann es nicht anders sagen, angepisst genug ist, um dem Zuschauer eine Lektion in puncto Empörungsrhetorik zu erteilen. Aufgabe: Welche Synonyme gibt es für jene aufgemotzten Schlitten, deren Geknatter auf eine Ausweitung der Kampfzone mitten in unseren Städten hindeutet? Kommissar Martin Brühl (Roeland Wiesnekker) hat da einiges im Angebot, wobei seine Verachtung erst in vollständigen Zornausbrüchen richtig zur Geltung kommt: „Sag mir einen Grund, einen, warum jemand, der oben und unten noch ganz richtig ist, sich in so ’ne furzende Blechgurke setzt und seine Mitmenschen belästigt.“

Zwei Fälle in einem Film

Nicht schlecht, aber es geht noch drastischer. Gepimpte Fahrzeuge? „Waffen, die mit hundert km/h durch die Stadt jagen.“ Der Halter eines solchen Geschosses? Eine „motorisierte Drecksau“. Einem Clan-Mitglied, das in seiner wummernden „Rotzgurke“ auf einer Straße herumlungert und Brühl fragt, ob er ein Problem habe, gibt er zur Antwort: „Ja. Dein Dicke-Eier-mir-gehört-die-ganze-Straße-fick-dich-Motorsound – der kotzt mich an.“ So viel Klartext lässt man sich als Zuschauer dann doch gerne gefallen, denn passiv-aggressive Beckmessermahnungen, die auf beunruhigende Entwicklungen im Straßenverkehr abheben, würden an der Sache vorbeigehen.

Regisseur Andreas Senn hat zwei Fälle in dem Film untergebracht: Zum einen geht es um eine Frau (Katrine de Candole), die bei einem Autorennen auf der Berliner Tauentzienstraße getötet wurde, zum anderen um Tim (Aaron Hilmer), den neunzehnjährigen Sohn des Luxusautohändlers Heiner Jatzkowski (Benno Fürmann). Der Teenager war mit seinem basslastig brummenden Ford Mustang unterwegs, ist in den bürgerlichen Südwesten Berlins gefahren und verschwunden. Als eine Lösegeldforderung bei Jatzkowski eingeht, kümmern sich Brühl und seine Kollegenfreundin Susanne Koch (Meike Droste) um die Angelegenheit. Verdächtiger Nummer eins ist Oliver Froeling (Lucas Gregorowicz), vor dessen Haustür der Mustang gefunden wird – und dessen Frau die Tote von der Tauentzienstraße ist. Mehr über die verworrene Geschichte darf nicht verraten werden: Spoileralarm.

Die Wut, die der Film im Titel führt, befeuert mehrere Figuren. Brühl gerät, wie gezeigt, in krisenhafte Zustände, wenn er an die ganzen Angeberkarren denkt, die aus den Straßen der Stadt einen Gefahrenparcours machen. Tim hält kaum aus, wie sein aalglatter und restlos empathiefreier Vater alle Entscheidungen für ihn trifft. Froeling ist ein geiferndes Bündel aus Hass und Rachsucht. Aus dem normalen Leben hat er sich längst verabschiedet, da ihn nur noch eine Frage umtreibt: Wer hat seine Frau auf dem Gewissen? Warum es so attraktiv ist, mitten in der Stadt Rennen zu fahren, ist hier nicht von Interesse. Zum Glück, denn die Suche nach einer Antwort hätte aus dem Krimi eine Sozialstudie gemacht, die dem Phänomen in anderthalb Stunden nicht auf die Schliche kommen könnte.

Nachdem zwei Raser 2016 einen tödlichen Unfall auf dem Berliner Kurfürstendamm verursacht hatten, wurde einer der Fahrer wegen Mordes verurteilt. Hatte das abschreckende Wirkung? Im Jahr darauf ist ein weiterer Mensch bei einem Rennen in Mönchengladbach gestorben. Über die Umstände war in der Presse einiges zu lesen. Über das Leid der Hinterbliebenen nicht. Darum kümmert sich Andreas Senn, indem er vor allem Froelings Perspektive, seinen Absturz und seine Ohnmacht in den Blick nimmt. Das geschieht zwar arg schematisch nach der Fasson „Erst Trauma, dann Vergeltung“. Aber viel differenzierter sind Brühls verbale Ausfälle auch nicht – und trotzdem hat er recht.

Der Kommissar und die Wut läuft heute um 20.15 Uhr im ZDF.

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