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#Im dunklen Dickicht

Im dunklen Dickicht

Zwei sind zusammen, aber es gibt einen dritten. Der Schatten dieses Anderen liegt von Beginn an über ihrer Ehe. Sie kann seine Eifersuchtsanfȁlle nicht mehr ertragen. Seine ständigen Selbstzweifel, verpackt in gewalttätige Fragen: Wie war es früher, warum gab es einen Anderen vor ihm, wie sehr hat sie ihn geliebt, wann hat sie ihn das letzte Mal gesehen – „gehören deine Gedanken mir?“ Dagny Juels Zweiakter „Der Stärkere“ zeigt auf schneidende Weise das zerstörerische Vermögen der Liebe. Vorgestellt im Feuilleton dieser Zeitung wurde es von der Prosa- und Rundfunkautorin Manuela Reichart, die insbesondere die „subversive Kraft“ der weiblichen Hauptperson hervorhob und gleichzeitig von den modernen Vorstellungen einer emanzipatorischen Frauenfigur unterschied.

Erst seit fünfundzwanzig Jahren liegt das Werk der 1867 in Norwegen geborenen und schon mit Anfang dreißig von einem eifersüchtigen Liebhaber erschossenen Autorin Dagny Juel in ihrem Heimatland vor. Und erst seit 2019 gibt es eine deutschsprachige Ausgabe im Bonner Weidle Verlag. Herausgegeben, übersetzt und kenntnisreich kommentiert hat sie Lars Brandt, der Sohn des ehemaligen Bundeskanzlers. In der zweiten Folge der zweiten Staffel unserer Videoserie „Spielplanänderung“ schwärmt er von dem Stück als einem „Hardcore-Seelendrama, dargeboten in einer Laborsituation“. Er sieht im 1885 uraufgeführten Stück „seelische Problemfelder behandelt, die erst viel später beackert wurden“ und es mit seinem unerbittlichen Blick auf das Verhältnis zwischen Männern und Frauen aus der Vergangenheit in die Zukunft hineinragen. Der Zweiakter aus dem Fin de Siècle ziele mitten in „das dunkle Dickicht im Zentrum unseres Daseins“, sagt Brandt und meint damit das tiefe Misstrauen, das wir trotz aller vorgetäuschten Nähe zueinander hegen.

Das Schrecklichste in „Der Stärkere“ sind mithin die Fragen, die bohrenden, immer wieder aufs Neue gestellten Fragen, die nicht nach Antworten suchen, sondern die Qual der Eifersucht nur vergrößern. Daran gehen die Protagonisten des Stücks zugrunde, daran scheitert auch diese, von männlichem Besitzanspruch hingestreckte Autorin. Zumindest in dieser Folge ist Dagny Juel das, was sie lange schon hätte sein sollen: die Hauptperson.

Alle Folgen der Video-Theaterserie finden Sie hier in der Übersicht.

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