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#Im Teufelskreis seiner Wut?

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Im Teufelskreis seiner Wut?

Luca ist ein Systemsprenger. Ein Problemkind, das seine seelischen Verletzungen in Wut verwandelt und dessen Zündschnur so kurz ist, dass es um sich schlägt, sobald es Gefahr wittert. In gewisser Weise sprengt Luca also tatsächlich das System, weil er als schwererziehbarer Neunjähriger, an dem Erwachsene oft scheitern, durch alle Raster fällt und nirgendwo lange bleiben darf.

Er wird von Heim zu Heim und von Pflegefamilie zu Pflegefamilie geschoben, wie eine Spielfigur auf einem Feld. Doch jedes neue Zuhause entpuppt sich schnell als transitorischer Ort, und so kapselt sich Luca immer mehr von seiner Umwelt ab, von der er nichts als Ablehnung erfährt – und wird immer aggressiver. Ein Teufelskreis.

Wie man in diesen Teufelskreis gerät, ihn durchbricht und ein Leben auf eigenen Beinen führen kann, zeigt die halbstündige Dokumentation „Schrei nach Liebe. Wie Kinder zu Systemsprengern werden“ von Liz Wieskerstrauch. Dass von der Existenz dieser Kinder zuletzt überhaupt eine breite Öffentlichkeit Notiz genommen hat, ist dem Sozialdrama „Systemsprenger“ mit der großartigen Helena Zengel in der Hauptrolle zu verdanken, das bei der Berlinale 2019 mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde und den das ZDF heute vor der Dokumentation „Schrei nach Liebe“ zeigt.

Auf abschüssigem Grund

Luca ist einer von schätzungsweise acht- bis dreizehntausend „Systemsprengern“ hierzulande. Schon als Säugling schlagen ihn die Eltern, das Jugendamt schreitet ein, nimmt ihn aus der Familie, sucht eine neue Unterkunft, doch für Stabilität im Leben von Luca sorgt es nicht. Das Kind ist lediglich eine Nummer im Verwaltungskosmos. Nach vielen Jahren des Weiterreichens hat Luca endlich Glück: Er kommt in eine Wohngruppe, deren Betreuer mit besonders schwierigen Fällen umgehen können. Anstatt innerlich auf gepackten Koffern zu sitzen, fasst Luca langsam Vertrauen.

Herausfordernd ist ein Kind wie er selbstredend auch für jene Pädagogen, die ein beneidenswertes Nervenkostüm besitzen. Dass auch sie von ihren traumatisierten Schützlingen durchaus an den Rand des Erträglichen getrieben werden, fängt die Dokumentation eindrucksvoll ein, indem sie verschiedene Betreuer zu Wort kommen lässt, die von Wutausbrüchen, Beschimpfungen und Gewalt erzählen. Angriffe, die an niemandem abperlen.

Angela Nöldge, Leiterin der Kinder- und Jugendpsychiatrie Haldensleben, diagnostiziert bei Luca eine „schwere Bindungsstörung mit Enthemmung“, gekennzeichnet durch plötzliche impulsive Ausbrüche. Seit 27 Jahren arbeitet sie in der Klinik, und obwohl schreckliche Schicksale keine Seltenheit sind, macht es sie nach wie vor traurig, was Kinder wie Luca ertragen müssen. Sie erzählt von im Keller eingesperrten Opfern, die gemeinsam mit dem Hund von einem Teller essen mussten. Und die Prognose für Systemsprenger? Die sei leider ausgesprochen schlecht, sagt Angela Nöldge. Das Ziel sei, gemeinsam mit den Betroffenen Strategien für eine erfolgreiche Impulskontrolle zu entwickeln, zu lernen, die Wut im Zaum zu halten, wobei Luca die Musiktherapie hilft. Der Weg, den er noch vor sich hat, ist jedenfalls weit. Ihn zu gehen aber lohnt sich.

Das zeigt die Geschichte von Karla, einer junge Frau, die bei drei Pflegefamilien und in acht verschiedenen Wohngruppen gelebt hat und sich aus der Abwärtsspirale freikämpfen konnte. Sie hat gelernt, ihre Dämonen auf Abstand zu halten. Heute lebt sie in Oldenburg, wo sie eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolviert. Eine Erfolgsstory? Jein. Die Schatten bleiben. Niemand kann seine Vergangenheit ganz abschütteln, jene prägenden jungen Jahre, in denen man im Idealfall das Gefühl entwickelt, auf festem Boden zu stehen. Luca, Karla und andere Systemsprenger stehen auf abschüssigem Grund. Aber sie können lernen, nicht zu fallen.

Schrei nach Liebe. Wie Kinder zu Systemsprengern werden läuft an diesem Montag um 22.10 Uhr im ZDF.

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