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#In „Bio-Sand“ wird Plastik eingebaut

„In „Bio-Sand“ wird Plastik eingebaut

Mehr als nur winzige Steinchen – der Sand von Stränden kann auch zu erheblichen Teilen aus den Kalkgehäusen mariner Kleinstlebewesen bestehen. Wie nun aus einer Studie hervorgeht, kann in diesem „biologischen Sand“ offenbar Nanoplastik stecken: Die Forscher haben aufgezeigt, wie die sogenannten Foraminiferen die Partikel in ihre Sediment-bildenden Schalen einbauen. Welche Bedeutung dies für die wichtigen Baustofflieferanten vieler Küsten der Welt hat, sollte nun genauer geklärt werden, sagen die Wissenschaftler.

Die hässliche Signatur der Zivilisation ist vielerorts nicht zu übersehen: Müll liegt herum oder dümpelt an den Ufern der Gewässer. Besonders problematisch ist dabei Plastik, da es nicht biologisch abgebaut wird. Die Teile zerfallen stattdessen nur in immer kleinere Stückchen, bis man sie als Mikroplastik und ab Größen unter einem Mikrometer schließlich als Nanoplastik bezeichnet. Das verkleinert das Problem nicht etwa – im Gegenteil: Es wimmelt in der Umwelt von diesen winzigen Partikeln und sie werden von vielen unterschiedlichen Lebewesen aufgenommen, zeigen Studien. Im Körper der Organismen können sie dann möglicherweise problematische Effekte verursachen. Die genaue Bedeutung der wachsenden Belastung mit Mikro- und Nanoplastik bleibt bisher allerdings unklar. Wichtig erscheinen bei der Erforschung dieser Frage vor allem Informationen dazu, wie sich die Partikel auf ökologisch besonders wichtige Lebewesen auswirken könnten.

Wichtige Winzlinge im Visier

Die Forscher um Marlena Joppien vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen richten dabei nun den Blick auf die sogenannten Foraminiferen. Es handelt sich dabei um Einzeller, die teils bis zu einige Millimeter große Kalkgehäuse mit Kammern ausbilden, die an winzige Muscheln oder Schnecken erinnern. Sie kommen weltweit vor, aber vor allem in warmen, flachen Küstenbereichen. Dort tragen sie mit ihren Gehäusen maßgeblich zur Entstehung von Sand bei, der sich an Stränden und am Meeresboden ablagert. Dadurch kommt ihnen eine große Bedeutung bei der Stabilität von Küsten zu. Joppien und ihre Kollegen sind nun bisherigen Hinweisen auf eine Aufnahme von Plastikpartikeln durch Foraminiferen genauer nachgegangen.

„Diese Organismen ernähren sich unter anderem von Mikroalgen oder organischen Materialteilchen, die sie am Meeresgrund finden. Mikro- und Nanoplastikpartikel haben ähnliche Größen und könnten leicht für potenzielles Futter gehalten werden“, erklärt Joppien. Um entsprechende Vorgänge zu untersuchen, führten die Wissenschaftler Versuche mit den bis zu etwa einen Millimeter großen Foraminiferen aus der Gruppe der Amphistegina durch. In Meerwasserbecken setzten sie die Winzlinge Polystyrol-Nanopartikeln in einer Konzentration aus, wie sie unter heutigen Umweltbedingungen auftreten können. Anschließend untersuchten sie mittels Fluoreszenzmikroskopie, inwieweit sie die Partikel aufnahmen und in ihre Kalkschale einbauten.

Verspeist und ins Kalkskelett integriert

Wie die Forscher berichten, fanden sie bei den meisten Foraminiferen eine teils große Anzahl der gelb fluoreszierenden Nanoplastikpartikel. „Wenn Plastikpartikel klein genug sind, nehmen die Foraminiferen sie also als Nahrung auf“, sagt Senior-Autorin Marleen Stuhr vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung. Zwar stieß ein Teil der Einzeller nach den Futterversuchen das Plastik wieder ab, doch rund die Hälfte der Foraminiferen behielt die Plastiklast bei. Nach acht Wochen offenbarte dann eine Untersuchung mittels Rasterelektronenmikroskopie, dass viele der Einzeller die Plastikteilchen bereits mit einer Kalkschicht überkrustet hatten. Mit anderen Worten: Die Partikel wurden in die Kalkgehäuse integriert. Der Einbau schien dabei auch mit der Bildung neuer Kammern in den Strukturen verbunden zu sein, schreiben die Forscher.

Doch was bedeuten die Ergebnisse nun? „Für die Umwelt könnte der Einbau der Partikel Vorteile und Nachteile haben. So könnten die Billionen von Foraminiferen am Meeresgrund eine Senke für Nanoplastik darstellen – also ein System, was dem Ozean Plastik entzieht“, sagt Stuhr. Doch auf der anderen Seite könnten die Partikel den Winzlingen auch schaden. Inwieweit das zutrifft, bleibt bisher allerdings unklar. Wenn die Einzeller jedoch Plastikpartikel mit der natürlichen Nahrung verwechseln und in ihr Kalkgehäuse einbauen, könnten ihre Fitness, die Bildung der Schalen und deren Stabilität gestört sein – mit Folgen für ihre Population insgesamt, sagen die Wissenschaftler.

Das wiederum könnte langfristig Auswirkungen auf Küsten und Inseln haben, die bereits unter der Last des Meeresspiegelanstiegs und der wachsenden Erosionsprozesse zu leiden haben. Denn der Beitrag der Foraminiferen zum Material an Küsten kann erheblich sein: An Stränden und in flachen Meeresgebieten werden die Gehäuse häufig in Dichten von mehr als einem Kilogramm pro Kubikmeter abgelagert. „Die aktuellen Ergebnisse machen deutlich, dass die Auswirkungen der Kunststoffverschmutzung auf kalkbildende Organismen weiter untersucht werden müssen“, schreiben die Wissenschaftler abschließend.

Quelle: Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung, Fachartikel: Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-022-18547-4

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