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#In diesem Jahr ist alles anders

In diesem Jahr ist alles anders

Zum guten konsumkritischen Ton gehörte es bislang, sich darüber zu echauffieren, dass Weihnachten jedes Jahr früher stattzufinden schien. Jedenfalls suggerierte das ein Blick in die bereits Anfang November mit Weihnachtsdekoration, Lebkuchen und Plätzchen gefluteten Kaufhäuser und Supermärkte. Mit dem Fest wollte man sich bitte nicht schon Wochen vorher beschäftigen. Weihnachten, diese mit maximalen Erwartungen aufgeladene Veranstaltung, käme ohnehin. In diesem Jahr ist alles anders und über das Land legt sich eine erstaunliche Weihnachtsverklärung.

Eine Boulevardzeitung schrieb unlängst: „Weihnachts-Drama: Dürfen Millionen Deutsche zum Fest nicht verreisen?“ Und setzte gleich nach: „Lockdown statt Lametta? Deutschland droht das traurigste Weihnachten seit Jahrzehnten!“ Diese Tragödie haben die Ministerpräsidenten der Länder nun kurz vor dem ersten Advent abgewendet und eine Sonderregel für Weihnachten gefunden: Maximal zehn Personen aus verschiedenen Haushalten dürfen gemeinsam feiern.

Das Schreckgespenst einsamer Corona-Weihnachten

Ob Weihnachten damit gerettet ist, steht auf einem anderen Blatt – auch wenn es in den vergangenen Wochen oft klang, als lebten in Deutschland nur glückliche Familien, die jedes Jahr am 24. Dezember aus allen Himmelrichtungen in die Heimat reisen, um unterm Weihnachtsbaum in stiller Eintracht zusammen zu sitzen. Aber Weihnachten ist auch die Zeit, in der jener Riss, der durch viele Familien geht, besonders sichtbar wird. Es ist die Zeit, in der Patchworkkinder auf zugigen Bahngleisen stehen, den Blick bang auf die Bahnhofsuhr gerichtet, unterwegs zum anderen Elternteil, wo sie ein zweites Mal Weihnachten spielen müssen, mit Stiefmutter oder Stiefvater und Stiefgeschwistern. Dass das Unverfügbare die Sehnsucht ins Unermessliche steigert, ist eine Binsenweisheit.

Wenn nun wieder und wieder das Schreckgespenst einsamer Corona-Weihnachten bemüht wird, sollte man eines nicht vergessen: Die Einsamkeit vieler Menschen spitzt sich seit jeher an Weihnachten zu. Wie schon dem kleinen Mädchen mit den Schwefelhölzern in Andersens traurigem Märchen, schnürt der Blick auf das Weihnachtstreiben hinter geschmückten Fenstern jenen, die einsam sind Herz und Kehle zu. Ob die Harmonie Fassade ist, spielt für den Einsamen egal welchen Alters keine Rolle. Er sieht nur, was ihm fehlt. „Wir sehnen uns nach Hause, und wissen nicht, wohin?“, heißt es in einem Gedicht von Eichendorff. Um das Leid der Vergessenen, Obdachlosen und sozial Abgehängten zu lindern, organisieren überall in Deutschland von zahllosen ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstütze Einrichtungen Weihnachtsfeste.

Dass in Pandemie-Zeiten solche Angebote menschlicher Nächstenliebe nicht wie gewohnt aufrecht erhalten werden können, das ist die wahre Corona-Weihnachtstragik. Und immerhin haben in diesem Jahr jene, die dem Schauspiel eines gezwungenen Familienfriedens längst überdrüssig sind, eine gute Ausrede, daheim zu bleiben. Außerdem gibt es ja noch Facetime als kleinen digitalen Trost. Nur nicht für alle.

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