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#Vertrockneter See erzählt Klimageschichte

„Vertrockneter See erzählt Klimageschichte

Wo heute Wüsten die Landschaft prägen, grünte es einst in Nordafrika und Saudi-Arabien. Genauere Einblicke in die klimatische Entwicklung in dem für die Ausbreitung des Menschen wichtigen Kontaktbereich dieser beiden Regionen liefert nun die Untersuchung von Sedimenten eines ausgetrockneten Sees. Demnach gab es im Nordwesten der Arabischen Halbinsel nur eine kurze freundliche Phase im Rahmen der großräumigen saharo-arabischen Feuchtperiode vor 11.000 bis 5500 Jahren. Vor allem in der etwa 200 Jahre langen Hochphase dieser klimatisch günstigen Bedingungen könnte der Bereich den steinzeitlichen Menschen allerdings als ein wichtiger grüner Korridor zwischen Nordafrika und Asien gedient haben, sagen die Forscher.

Neben geologischen Spuren verdeutlichen auch Felszeichnungen prähistorischer Menschen: Wo heute in der Sahara und auf der Arabischen Halbinsel die Sonne auf den nackten Boden brennt, gab es einst Gewässer und grüne Landschaften. Als Grund für die wiederholten feuchten Klimaphasen in der saharo-arabischen Großregion gelten verstärkte und nordwärts verlagerte Monsunregen. Zuletzt kam es zu einer solchen Feuchtzeit im frühen bis mittleren Holozän vor etwa 11.000 bis 5500 Jahren. Sie fällt damit in eine wichtige Phase der Menschheitsentwicklung. Es ist dabei davon auszugehen, dass in dieser Zeit grüne Korridore den Menschen Ausbreitungsmöglichkeiten in dem heute trockenen Wüstengürtel geboten haben. Doch bisher fehlten klimageschichtliche Daten aus einer Region, der dabei wohl eine besonders wichtige Rolle zukam: dem Nordwesten der Arabischen Halbinsel, der im Brückenbereich zwischen Ägypten in Nordostafrika und Asien liegt.

Wüstensee als Klimaarchiv

Um Einblicke in den genauen zeitlichen Verlauf und die Intensität der Feuchtphase im Nordwesten der Arabischen Halbinsel zu gewinnen, haben die Forscher um Ina Neugebauer vom Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum Sedimentbohrkerne eines ausgetrockneten Sees in der Region untersucht. Das Gewässer befand sich vor etwa 8000 Jahren nördlich der alten Oasensiedlung Tayma, die als eine der am besten untersuchten archäologischen Fundstätten Saudi-Arabiens gilt. Funden zufolge spielte die Siedlung schon früh eine zentrale Rolle als Handels- und Kommunikationspunkt in der Region.

Die sechs Meter langen Bohrkerne aus dem einstigen Seegrund wurden mit den neuesten sedimentologischen und geochemischen Methoden untersucht, um Hinweise auf die Klimaentwicklung zu bekommen. In den Schichten zeichnen sich Strukturen ab, die an Baumringe erinnern, sagen die Forscher. Die Analyse von Pollenkörnern konnte dabei Aufschluss über die einstige Vegetationsgeschichte im Bereich des Sees geben und Radiokarbondatierungen ermöglichten die zeitliche Einordnung. Die Feuchtphasen mit höheren Niederschlägen und niedrigerer Verdunstung spiegelten sich zudem in Analyseergebnissen von Wasserstoffisotopen der Blattwachse von Pflanzenresten im Sediment wider.

Besondere Bedingungen in einer Knotenregion

Wie das Team berichtet, belegen die Ergebnisse, dass es im Rahmen der großräumigen saharo-arabischen Feuchtphase zu starken regionalen Unterschieden gekommen ist: Ein feuchtes Klima prägte den Bereich des Sees demnach nur vor 8800 bis 7900 Jahren und war damit viel kürzer als die allgemein definierte holozäne Feuchtperiode. „Während für die Sahara und den Süden der Arabischen Halbinsel vielfältige Hinweise belegen, dass es im Holozän von 11.000 bis 5500 Jahren eine Feuchtphase gab, hatten wir bisher keine Kenntnis darüber, wie lange die Feuchtphase im Norden gedauert hat und welche klimatischen Bedingungen jungsteinzeitliche Menschen in dieser Region vorgefunden haben. Die Seeablagerungen im Norden von Tayma schließen daher nun diese entscheidende Lücke“, sagt Neugebauer.

Im Detail stellten die Forscher zudem eine zwei Jahrhunderte lange Spitzenfeuchtigkeit im Bereich des Sees fest, die interessanterweise zu einer Zeit auftrat, als eine hundertjährige Trockenanomalie vor etwa 8200 Jahren die holozäne Feuchtperiode in den angrenzenden Regionen unterbrach. „Für die Menschen der Jungsteinzeit ergaben sich in dieser Zeit wohl besonders günstige Bedingungen, den Norden Arabiens als Lebensraum zu erschließen“, sagt Co-Autor Max Engel von der Universität Heidelberg.

Dass diese Phase im Großraum der saharo-arabischen Wüste regional so unterschiedlich ausgeprägt war, hatte offenbar mit komplexen Änderungen der atmosphärischen Zirkulation zu tun. Wie die Forscher erklären, prägte vor 8200 Jahren eine Kaltphase im Nordatlantik das Wetter in der Großregion. Sie könnte auch zu einem speziellen Regionaleffekt geführt haben: Die heute eher seltenen tropischen Wolkenfahnen, die hoch in der Atmosphäre feuchte tropische Luft in bestimmte subtropische Regionen transportieren, könnten verstärkt den Norden Arabiens erreicht haben, erklären die Forscher. „Dies verdeutlicht, dass kleinskalige Wetterlagen in der Paläo-Klimamodellierung berücksichtigt werden sollten, um auch regionale Unterschiede darstellen zu können“, sagt Neugebauer abschließend.

Quelle: Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Fachartikel: Communications Earth & Environment, doi: 10.1038/s43247-022-00368-y

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