#In Köln ruft bald der Muezzin
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„In Köln ruft bald der Muezzin“
Das Wetter ist mies an diesem Dienstag in Köln, es regnet fast ununterbrochen. Nur wenige Leute laufen unter Regenschirmen oder den Kopf tief zwischen die Schultern gezogen durch die Keupstraße. Vorbei an duftenden Feinkostläden, Juwelieren, Restaurants oder Kiosken. Die Inhaber heißen Usta, Özdag oder Meral.
An einem Haus hängt ein Schild über der Durchfahrt zum Innenhof: Ömer-ül Faruk Camii. Eine Moschee. Im Hof dann ein kleines zweistöckiges Gebäude, ganz unscheinbar und versteckt, wie eine Garage. Und so anders als das Bild, das in grüner Farbe an seine Fassade gemalt ist: eine prachtvolle, kuppelförmige Moschee mit Minarett, umsäumt von einem Park.
Ein alter Mann steht vor dem Eingang unter einem tropfenden Wellblech, er will gerade gehen. Darf man rein? Ja, natürlich, sagt er, mehr durch Gestik als durch seine Stimme, und er beeilt sich, die Schlüssel hervorzuziehen. Ach nein, keine Umstände, danke. Der Mann schaut enttäuscht drein, aber auch ein wenig erleichtert.
Nur wenige Schritte entfernt eine zweite Moschee, Sultan-Ahmet, wie die Blaue Moschee in Istanbul. Aber noch bevor man einen Blick erhaschen kann, versperrt ein abgeschlossener Zaun den Eingang. Ein großes Schild teilt mit, dass hier Privatgelände beginnt.
Freitags, und nicht länger als fünf Minuten
Zwischen beiden Moscheen liegt ein moderner und schicker Laden. Dekoration für Hochzeiten. Eine junge Frau flitzt herum und richtet die Auslage her. Aus einem Lautsprecher singt eine Stimme, es hört sich an wie ein Gebet. Die Frau heißt Dilara, sie hat den Laden gerade geöffnet. Hat sie gehört, dass bald schon aus den beiden Moscheen Muezzins freitags zu ihr herüberrufen könnten? Nein, das hat sie nicht.
Köln hat einen Versuch gestartet. Die Stadt erlaubt den etwa drei Dutzend Moscheegemeinden, öffentlich zum Gebet zu rufen, wie es im Islam üblich ist. Die Gemeinden müssen zuvor einen Antrag stellen, dann wird ein individueller öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen, mit Auflagen. Wenn etwa eine Moschee in einem Industriegebiet liegt, darf sie wahrscheinlich lauter zum Gebet rufen als eine andere Moschee in einem Wohngebiet.
Für alle Gemeinden gilt, dass nur freitags zum Mittagsgebet gerufen werden darf, und das nicht länger als fünf Minuten. Außerdem muss die Nachbarschaft zuvor mit einem Flyer informiert werden. Zwei Jahre will die Stadt testen, danach schauen, wie es weitergeht.
Dilara sagt: Ezan, der muslimische Gebetsruf, direkt gegenüber? Das fände sie sehr schön. „Ezan ist für mich wie eine Heimat, es würde mich null ärgern oder mir auf die Nerven gehen“, sagt sie. Das sei wie bei den Christen das Glockengeläut oder wie bei den Juden, vielleicht haben die auch so etwas, sie weiß es leider nicht genau. „Wir haben ja alle mittlerweile eine App auf dem Handy, die uns an die Gebetszeiten erinnert.“ Wenn die allerdings in einem Supermarkt losgeht, es beginnt ja mit Allahu Akbar, Gott ist groß, schauten sie viele Leute entsetzt an. „Die haben sich daran noch nicht gewöhnt. Aber das kommt dann ja vielleicht bald, inschallah.“
Ezan in echt fühlt sich für sie anders an als Ezan auf der App. Da bekommt sie eine Gänsehaut. „Man hat dann für eine Minute eine innere Ruhe, man schaltet für eine Minute ganz ab und überlegt: Was hast du heute schon für Allah getan?“ Gerade zum Mittagsgebet an den Freitagen gehen ja alle Gläubigen der Keupstraße hin. Da schließen die Geschäftsleute auch mal für 15 Minuten ihren Laden, wenn es möglich ist. Wenn gerade dann auch Ezan ertönen könnte, dann „bekommt man das Gefühl: Wir dürfen auch mal unseren Glauben ausüben. Und das wird akzeptiert.“
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