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#In Zeiten des dschihadistischen Stimmungsterrorismus

„In Zeiten des dschihadistischen Stimmungsterrorismus“

Bei einem Buch Gilles Kepels sind die Erwartungen hoch. Seit drei Jahrzehnten legt der französische Sozialwissenschaftler und Fachmann für Islamismus triftige Werke vor. Sie haben die öffentliche Debatte über den Islam, die islamistische Gewalt und den Dschihad maßgeblich geprägt. Doch sein jüngstes Buch wird wohl kaum in den Kanon seiner großen Monographien eingehen.

Das hängt nicht nur damit zusammen, dass der Titel in die Irre führt. Kepel gelingt es zwar zu beschreiben, wie der Nahe Osten weitgehend selbstverschuldet in „Chaos“ versinkt. Der Zusatz „und Covid“ dient jedoch wohl vor allem der Verkaufsförderung. Im Buch selbst taucht der Verweis auf die Pandemie eher am Rande auf. Nicht eingelöst wird der Untertitel „Wie die Pandemie Nordafrika und den Nahen Osten verändert“. Dabei würde man gern lesen, wie die einzelnen Regime mit der Pandemie umgehen und ob die Qualität der Gesundheitssysteme ein Abbild der Regierungsführung ist. Oder wie eine gute Behandlung oft zu einem Bonus für Regimetreue wird.

Kepels Leitmotiv ist die holzschnittartige Einteilung des Nahen Ostens und Nordafrikas in zwei Achsen: die gute Achse der Abraham-Abkommen, also der arabischen Länder, die im Jahr 2020 ihre Beziehungen mit Israel normalisiert haben, und der bösen Achse des politischen Islams, also der sunnitischen Muslimbruderschaft und des schiitischen Islams. Auf dem Schachbrett stehen die Vereinigten Arabischen Emirate, Marokko und Ägypten, ergänzt um Saudi-Arabien, ihren Kontrahenten Qatar, der Türkei und Iran gegenüber – und immer wieder ist Frankreich auf der guten Achse mit von der Partie.

Mit dem Eifer eines gewissenhaften Chronisten

Als das Buch erschien, war es indes von der Wirklichkeit schon teilweise überholt. Saudi-Arabien und die Emirate hatten ihren Boykott gegen Qatar beendet, die Türkei hatte begonnen, ihre Beziehungen mit den Emiraten, Ägypten und Israel zu verbessern, und es war weiterhin nicht zu erkennen, dass die Türkei angeblich so eng mit Iran zusammenarbeiten würde.

Gilles Kepel: „Chaos und Covid“. Wie die Pandemie Nordafrika und den Nahen Osten verändert.


Gilles Kepel: „Chaos und Covid“. Wie die Pandemie Nordafrika und den Nahen Osten verändert.
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Bild: Kunstmann Verlag

Der Umgang Kepels mit der Türkei, einem gewiss schwierigen Partner Europas, ist durchaus verblüffend. Es ist schon bemerkenswert, mit welcher Polemik sich Kepel unablässig am türkischen Präsidenten Tayyip Erdoğan abarbeitet. Er macht ihn zum Mentor des politischen Islams schlechthin, der zudem mit seinen neoimperialen Ansprüchen die Pläne Frankreichs immer wieder durchkreuzt. Dem Autor entgeht indes, dass Erdoğan als opportunistischer Machtmensch die Chancen nutzt, die andere ihm bieten.

Bei der Lektüre irritieren außerdem immer wieder die zahlreichen sachlichen Fehler, die die Frage aufwerfen, wo die Lektoren ihre Augen hatten. So wird der saudische König fünf Jahre älter gemacht, als er ist, das türkische Forschungsschiff Oruç Reis wird zum Kriegsschiff, der protestantische Johanniterorden wird zu einem katholischen. Kepel macht die zwei starken Männer der Vereinigten Arabischen Emirate, Muhammad Bin Zayed und Tahnoun Bin Zayed, zu Halbbrüdern, sie sind aber Vollbrüder derselben Mutter Fatima. In den Emiraten wohnen zehn Millionen Menschen, nicht drei Millionen, wie Kepel schreibt. Solche Fehler und Ungenauigkeiten setzen sich fort.

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