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#Indien verharrt zwischen den Lagern

„Indien verharrt zwischen den Lagern“

Mehr als einen Monat nach dem Einmarsch in die Ukraine besucht der russische Außenminister Sergej Lawrow die indische Hauptstadt Neu Delhi. Es ist die erste Reise des Außenministers nach Indien seit Beginn des Krieges. Kurz zuvor war er in China, das sichabermals hinter Moskau stellte. So weit geht die Regierung von Ministerpräsident Narendra Modi nicht. Sie hat zu Dialog und Waffenruhe aufgerufen, sich aber mit einer Verurteilung Russlands zurückgehalten. Bei der Verabschiedung russlandkritischer UN-Resolutionen hat sich Neu Delhi enthalten. Aus Moskau bekam Indien dafür Lob. Der amerikanische Präsident Joe Biden bezeichnete Indiens Haltung im Vergleich zu anderen Partnern hingegen als „etwas wackelig“.

Lawrow will dem Eindruck entgegentreten, wonach Russland inter­national „isoliert“ sei, und verhindern, dass Indien sich klarer positioniert. Derweil setzen die Vereinigten Staaten und ihre westlichen Verbündeten Delhi vor allem wegen des Ankaufs verbilligten russischen Öls unter Druck. Die amerikanische Wirtschaftsministerin Gina Raimondo sagte am Mittwoch laut Bloomberg, die USA empfänden „tiefe Enttäuschung“ über dieses Ar­rangement. Auch der EU-Sonderbotschafter für den Indopazifik sagte kürzlich, man sei über die indische Haltung „nicht erfreut“. Die Vielzahl von Treffen, virtuellen Konferenzen und Besuchen, mit denen beide Seiten derzeit auf Indien zugehen, zeigt aber, dass Indien von einer außenpolitischen Isolation weit entfernt ist. Am Donnerstag sollte auch die britische Außenministerin Liz Truss in Indien eintreffen, am selben Tag wie Lawrow. Unklar war, ob sie sich dort treffen würden. Nach seinem bisher letzten Zusammentreffen mit Truss hatte Lawrow gesagt, es sei, „als habe ein Tauber mit einem Stummen gesprochen“.

Neu Delhi nimmt westlichen Blick mit Befremden wahr

Schon am Mittwoch war der indischstämmige Vize-Sicherheitsberater für Wirtschaft von Joe Biden, Daleep Singh, in Neu Delhi, wie auch der au­ßen- und sicherheitspolitische Berater des Bundeskanzlers Olaf Scholz, Jens Plötner. Der Deutsche wurde in Neu Delhi vom Außenminister, Außensekretär und von dem nationalen Sicherheitsberater empfangen. Während ei­nes Briefings mit der indischen Presse wünschte auch er sich eine klarere Haltung Indiens. Deutschland sähe Indien gern „im selben Lager” wie die west­lichen Verbündeten. Es erkenne aber an, dass Indien aufgrund einer „komplizierten Nachbarschaft“ seine eigenen „Herausforderungen und Be­schränkungen“ habe. Auch Plötner kritisierte das Ölgeschäft, ohne Indien direkt zu nennen. „Wir erhoffen uns eine Situation, in der die Sanktionen, die wir verhängt haben, nicht unter­graben werden und kein befreundetes Land auf der Welt Schritte unternimmt, um aus dem Krieg wirtschaftliche Vorteile für sich zu ziehen.“

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Nach Angaben von Reuters hat In­dien seit Kriegsbeginn am 24. Februar schon 13 Millionen Barrel Öl gekauft, fast so viel wie im gesamten Jahr 2021. In den indisch-russischen Verhandlungen geht es auch darum, wie dieses Öl trotz der Sanktionen bezahlt werden kann. Offenbar gibt es dafür verschiedene Modelle, darunter die Möglichkeit eines Mechanismus zur Abwicklung direkter Rubel-Rupien-Geschäfte. Reuters zufolge hat Washington keine Einwände, solange Indien nicht gegen Sanktionen verstoße. Ein anonymer amerikanischer Funktionär warnte aber vor „großen Risiken“, falls Indien seine Ölimporte aus Russland stark er­höhe.

Der kritische Blick, mit dem der Wes­ten Indiens Zurückhaltung verfolgt, wird in Neu Delhi mit Befremden wahrgenommen. Der früheren Diplomatin Nirupama Menon Rao zufolge führe der Eindruck der versuchten Einmischung dazu, dass die Inder abwehrend reagierten. Die Aufrechterhaltung der strategischen Autonomie und Verteidigung nationaler Interessen werde auch von der Bevölkerung außerhalb der politischen Kreise unterstützt. „Un­sere Beziehungen zum Westen sind uns wichtig, aber Druck, den wir als unangemessen empfinden, funktioniert nicht“, schrieb sie auf Twitter.

Indien habe sich „ausgeprägten di­plomatischen Raum“ geschaffen und seinen Standpunkt zwischen Russland und dem Westen vorsichtig „kali­briert“, schrieb die Zeitung „The Indian Express“. Zwar habe Neu Delhi Russland nicht verurteilt, aber mit Diplomatie dem Westen zu verstehen ge­geben, dass man kein „Verbündeter“ Russlands sei. Vereinzelte Stimmen se­hen diesen Kurs aber als zu kurzsichtig an. Indien sollte sich darauf vorbereiten, dass es früher oder später zum Bruch mit Russland kommen werde, schreibt der Politologe Harsh V. Pant. Strategisch liege der Fokus auf China, das sich mit Indien in einem andauernden Grenzkonflikt im Himalaja befindet. Während sich Indien dem Westen annähere, würden die Beziehungen Moskaus zu Peking immer enger. Die Abhängigkeit von russischen Rüstungsgütern sei nicht nachhaltig. Für die zukünftige Weltordnung wäre Indien besser aufgestellt, wenn es sich um­orientiere.

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