#Interview mit Kiews Unterhändler Podoliak
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„Interview mit Kiews Unterhändler Podoliak“
Herr Podoljak, vier Tage nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine begannen Friedensverhandlungen. Sie sind Kiews Unterhändler. Wie laufen die Gespräche?
Sie kommen sehr mühsam voran. Am Anfang sprach die russische Seite eine Sprache der Ultimaten. Jetzt ist sie konstruktiver, es gibt eine Grundlage für Dialog, auch wenn sie weiterhin in ihren propagandistischen Klischees und Illusionen gefangen ist. Über das, was für uns wesentlich ist, hat unser Präsident Wolodymyr Selenskyj mehrfach gesprochen: Waffenstillstand, schnellstmöglicher Abzug der russischen Truppen, territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine. Und wir brauchen, damit dieser Krieg sich nicht wiederholt, unbedingt präzise Sicherheitsgarantien von einer Reihe von Ländern, die über ein bedeutendes militärisches Potenzial verfügen. Wir wollen nicht kurzfristige, situative Erfolge erzielen auf Kosten der globalen Sicherheitsinstrumente, die uns wichtig sind.
Warum geht es so mühsam?
Weil die Russische Föderation sich noch nicht bewusst gemacht hat, wie tief sie gefallen ist. Wenn Russland vollends begreift, wie stark die Ukraine und die internationalen Sanktionen sind, werden die Gespräche konstruktiver verlaufen.
Welchen tiefen Fall meinen Sie?
Erstens: Russland ist es gelungen, ein Bild von sich als einem Monster zu erzeugen, vor dem man Angst haben muss. Aber das Bild von der militärischen Stärke Russlands ist jetzt zerstört. Zweitens ist das Ansehen Russlands als verantwortliches Mitglied der Weltgemeinschaft ruiniert. Drittens gilt das gleiche für Russland als Mitglied der Weltwirtschaft: Heute will die Welt die wirtschaftlichen und finanziellen Bande zu Russland kappen. Viertens: Russland erlebt einen Niedergang in den Augen seiner eigenen Elite. Und fünftens, das wichtigste: Wir erleben den Niedergang seiner moralischen Autorität. Russland hat gezeigt, dass seine große kulturelle Tradition einen heuchlerischen Klang hat. Das wird ein sehr tiefer Fall für die Russen sein. Was ist das für eine Kultur, wenn sie eine Nation formt, die dann ein Nachbarland überfällt, Städte bombardiert und Kinder tötet?
Mychajlo Podoljak (rechts) mit Verteidigungsminister Oleksij Resnikow bei den Gesprächen mit Russland Anfang März
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Bild: dpa
Medien berichteten, es werde über das Konzept eines künftigen neutralen Status der Ukraine als Staat verhandelt.
Wir diskutieren heute nicht über eine Neutralität. Die Ukraine besteht auf ein System von Sicherheitsgarantien, an dem Staaten beteiligt sind, die bereit sind, diese Garantien – auch im militärischen Sinne – auszusprechen. Davon hängt vieles andere ab. Das ist unsere Ausgangsposition.
Wäre das System ohne Amerika denkbar?
Nein.
Und was wird mit der Krim und der Ostukraine?
Für uns ist die territoriale Unversehrtheit des Landes sehr wichtig. Das ist eine schwierige Frage. Die können nur die Präsidenten der Ukraine und Russlands lösen.


Wann könnte dieser multilaterale Vertrag über Frieden und Sicherheitsgarantien, wie Sie ihn nennen, unterzeichnet werden?
Dann, wenn Russland sich bewusst wird, dass eine Fortsetzung dieses Krieges ihm selbst größere Verluste einbringt als der Ukraine. Damit das geschieht, muss unsere Armee effizient arbeiten, und dazu ist es notwendig, dass unsere Partner uns angemessen unterstützen. Wenn Sie keine Flugverbotszone einrichten wollen, geben Sie uns Luftverteidigungssysteme, damit wir selbst den Himmel kontrollieren können, damit nicht friedliche Städte bombardiert werden. Zweitens: Geben Sie uns Waffen, um die Belagerung von Städten wie Mariupol zu beenden. Drittens: Notwendig sind Sanktionen wie ein Ölembargo gegen Russland, größtmögliche Beschränkungen für Finanztransaktionen und ähnliches.
Täglich um 12.00 Uhr
Sind die Ukrainer von der NATO enttäuscht?
Wir sind dankbar für die Hilfe westlicher Länder. Was die Allianz betrifft: Es ist doch die Aufgabe der Militärs der NATO, die Risiken von Kriegen zu antizipieren oder sie zu bekämpfen, wenn sie schon da sind. Das ist ihre Aufgabe. Und jetzt sagen sie: Krieg in der Ukraine? Nein, nein, das ist nicht unser Krieg. Aber der Krieg geht weiter, und er ist bereits ein Stück des Dritten Weltkriegs. Das überrascht uns. Außerdem: Warum haben sie so früh erklärt, dass sie im Falle eines Krieges nicht eingreifen würden? Das hat Russland zur Eskalation verlockt.
Können wir etwas von der Ukraine lernen?
Schauen Sie sich Selenskyjs Fähigkeit an, auf Herausforderungen zu reagieren. Wenn Sie „Leader“ sein, wenn Sie führen wollen, dann übernehmen Sie Verantwortung. Und messen Sie nicht alles in Dollar oder Euro. Ich verstehe die Last der Geschichte auf Deutschlands Schultern. Aber – nehmen Sie Verantwortung auf sich. Und noch etwas: Unterstützen Sie nicht die Russische Föderation. Das ist, in historischer Perspektive, keine aussichtsreiche Sache.
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