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#Interview: Wettermoderatorin Katja Horneffer: „Ich halte nichts von Wetter-Apps“

Interview: Wettermoderatorin Katja Horneffer: „Ich halte nichts von Wetter-Apps“

Exklusiv

Warum die ZDF-Moderatorin Katja Horneffer mit den Handy-Prognosen nichts anfangen kann. Und wie sie versucht, ihrer Verantwortung als Meteorologin gerecht zu werden.

Frau Horneffer, kommt mit der Häufung von Extremwetterlagen aufgrund des Klimawandels Wettermoderatorinnen und Wettermoderatoren mehr Verantwortung zu?

Katja Horneffer: Ich glaube, dass wir durchaus die Verantwortung haben, etwas richtig einzuschätzen. Wir müssen beispielsweise unterscheiden: Ist das ein punktuelles Gewitter oder ist es ein Ereignis, das große Teile Deutschlands betreffen wird? Ich finde es übrigens fast schon frustrierend, wie wenig über das richtige Verhalten bei Gewittern bekannt ist. Selbst Grundschullehrer und -lehrerinnen oder Erzieherinnen und Erzieher wissen oft nicht genau, was da zu tun ist. Manchmal wissen das auch die Eltern nicht.

Wie soll man sich denn bei Gewitter verhalten?

Horneffer: Schauen, wo ist der höchste Punkt in der Umgebung. Der ist besonders gefährdet, also ab in die Kuhle, den Graben. Räder weit weg. Alles, was leiten könnte, meiden: den Fahnenmast, den Zaun. Und bin ich in der Gruppe unterwegs: Jede und jeder für sich allein! Klein hinhocken, Füße eng beieinander, Kopf schützen. Und mitzählen: Blitz zuckt, 21, 22, dann donnert’s. Das Gewitter ist kaum mehr als zwei mal 300, also 600 Meter entfernt, also direkt über mir.

Spüren Sie als Meteorologin eine gewachsene Verantwortung?

Horneffer: Ja, bei solchen Extremwetterereignissen wie der jüngsten Flutkatastrophe in Deutschland schon. Da sind wir sehr gefragt. Alle wollen wissen: Wie konnte es dazu kommen? Oder: Müssen wir so etwas häufiger erwarten? Hat das etwas mit dem Klimawandel zu tun? Das ist mehr geworden und es ist auch gut, dass wir gefragt werden und nicht irgendjemand. Wir haben ja auch alle den wissenschaftlichen Hintergrund. Ich habe tatsächlich den Eindruck, dass das stärker im Fokus steht als noch vor 20 Jahren.

Meterhoch türmten sich nach der Flut-Katastrophe an der Ahr Wohnwagen, Gastanks, Bäume und Schrott.

Foto: Boris Roessler, dpa

Wie zuverlässig ist die Meteorologie heute? Kann man morgens wirklich sagen, wo es nachmittags kracht?

Horneffer: Oh, da kann ich Ihnen ein schönes Beispiel nennen. Wir hatten ja kürzlich Fußball-Europameisterschaft. Und da gab es beim ZDF ein Zelt, aus dem aus gesendet wurde. Unsere Aufgabe als Wetterteam war es, die Verantwortlichen für dieses Zelt dahingehend zu beraten, ob im Laufe des Tages Gewitter aufziehen. Dann hätten sie nämlich in ein Studio umziehen müssen. So habe ich das Wetter an der Stelle an mehreren Abenden akribisch verfolgt. Dabei stellte ich wieder mal fest, dass sich Gewitterzellen auflösen können oder auch einen Haken schlagen. Immer wenn ich das begleitet habe, sind übrigens die Gewitterwolken netterweise ums ZDF herumgezogen. Daran sieht man aber, dass morgens früh kein Mensch sagen kann, wo sich eine Gewitterzelle nachmittags abregnen wird.

Trotzdem hat man den Eindruck, dass sich viele Vorhersagen verbessert haben. Um wie viel besser sind die Wettermodelle im Vergleich zu den Vorhersagen früherer Jahre?

Horneffer: Die sind deutlich besser und deutlich genauer geworden. Trends, die wir früher für fünf Tage im Voraus sagen konnten, können wir jetzt schon über zehn Tage prognostizieren. Auch die nähere Zukunft wird präziser eingeschätzt. Was früher für zwölf Stunden galt, hat sich jetzt auf eineinhalb Tage ausgedehnt. Wobei die Prognose-Verbesserung ein natürliches Ende hat. Alles, was über zehn Tage hinausgeht, da wird es schwierig. Das ist noch immer der Tatsache geschuldet, dass das Wetter einfach ein chaotisches System ist.

Weil Gewitter Haken schlagen?

Horneffer: Ganz genau. Eine der Hauptschwierigkeiten ist es, einzuschätzen, wie schnell so ein Wettersystem zieht. So ein typisches Tief kann sich eben schneller oder langsamer bewegen. Darum sind punktgenaue Vorhersagen so schwierig. Auch bei fünf bis zehn Tagen in der Zukunft kann man nur sagen: Der Wettercharakter wird so oder so sein, also es kommt etwa eine neue Hitze. Aber wie die genau aussehen wird, weiß man auch mit den neuen Wettermodellen bis heute nicht.

Horneffer: Wetter-Apps auf dem Handy seien „beliebig falsch“

Viele Menschen orientieren sich an Wetter-Apps. Was halten Sie davon?

Horneffer: Nichts! Apps haben die Eigenschaft, dass sie sich auf ein Wettermodell beziehen, deswegen können die auch 14 Tage in die Zukunft das Wetter scheinbar voraussagen. Aber das ist nur das Ergebnis aus einem Modell heraus. Darum sind diese Apps beliebig falsch. Das höre ich auch von vielen Menschen. Wenn eine App das so einfach könnte, dann bräuchte es für uns Wetterexpertinnen und Wetterexperten auch kein Studium, bei der Vorhersage müssten wir nicht viele Modelle berücksichtigen, aus denen eine vernünftige Prognose entsteht. Das ist leider nicht immer so einfach!

Sind Sie eigentlich wetterfühlig?

Horneffer: Nein. Zumindest nicht im Sinne von: Ich merke, dass das nächste Tief heranzieht, weil ich Kopfschmerzen bekomme. Ich kann also nicht schon, wie manche Tiere, im Vorfeld spüren, wie sich das Wetter verändert.

Katja Horneffer erklärt dem ZDF-Publikum die Wetteraussichten. Gerade angesichts der jüngsten Flut-Katastrophe verspürt sie große Verantwortung.

Foto: ZDF/Torsten Silz

Wie intensiv ist denn dieser Beruf? Blitzt und donnert es nachts auch manchmal in Ihren Träumen?

Horneffer: Ich will mal so sagen: Ich kann mein Freizeitverhalten fantastisch an das Wetter anpassen. Denn ich weiß meist ganz genau, wann sich eine Radtour lohnt. Irgendwie spielt das Wetter ja in viele Dinge des Lebens rein. Man kann darum schon sagen: Ich lebe meinen Beruf von morgens bis abends.

Wie sehen Sie das? Lieber ein wenig Panik machen und mit den Warnungen etwas überziehen – oder lieber „Best-Case-Szenarien“ schildern?

Horneffer: Ha, das ist eine interessante Frage! Denn die Warnungen des Deutschen Wetterdienstes sind nicht mehr mit unseren Wetterberichten verknüpft. Diese amtlichen Verlautbarungen kommen bei uns in den Nachrichten. Wir versuchen dann hinterher, das korrekt einzuordnen, also weder Panik zu schüren noch zu verharmlosen. Das ist natürlich immer ein schmaler Grat. Genauso sensibel ist es, eine Bewertung vorzunehmen. Ich kann mich nicht hinstellen und sagen: Richtig schönes Wetter, strahlender Sonnenschein, 35 Grad! Viele würden dann sagen, ob ich einen Knall hätte, weil sie das überhaupt nicht toll finden. Das Wichtigste ist für uns, die Wetterlage so genau und so wahrheitsgetreu es irgendwie geht darzustellen. Das ist eine schwierige Aufgabe.

Haben Sie eine Lieblingswetterlage?

Horneffer: Ja. Ich mag es am liebsten sonnig und warm, so um die 30 Grad. Da fühle ich mich richtig wohl!

Zur Person: Katja Horneffer wurde am 13. August 1968 in Göttingen geboren. Sie ist promovierte Meteorologin und seit Januar 2020 Leiterin des Wetterteams im ZDF. Sie moderiert die Wetterberichte in verschiedenen Sendungen des Senders.

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