#Israels Kriegsstrategie: Was folgt aus dem Rückzug aus Khan Junis?
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Nach dem Teilabzug der israelischen Armee aus Khan Yunis werden Spekulationen über den weiteren Kriegsverlauf laut. Ist die Großoffensive in Gaza vorläufig beendet? Oder folgt nun der Angriff auf Rafah?
Der Teilabzug der israelischen Armee aus Khan Junis im südlichen Gazastreifen hat Fragen aufgeworfen, die nicht nur in Israel Spekulationen über einen Wendepunkt im Kriegsverlauf lautwerden ließen. „Der Krieg in Gaza dauert an, und wir sind weit davon entfernt, aufzuhören“, beeilte sich Generalstabschef Herzi Halevi am Sonntag zu versichern. Ranghohe Funktionäre der islamistischen Hamas hielten sich in dem Küstengebiet weiter versteckt. Ein Ende des Kriegs in Gaza sei noch lange nicht in Sicht. Der israelische Verteidigungsminister Joav Gallant beteuerte, dass Israel weiter an den Plänen für eine Offensive in der südlichen Stadt Rafah festhalte. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte sich zuvor ähnlich geäußert. Er sei entschlossen, die Hamas „im gesamten Gazastreifen“ auszulöschen, „einschließlich Rafah“, sagte Netanjahu am Sonntag.
Ob der Rückzug der 98. Kommandodivision aus dem monatelang umkämpften Gebiet tatsächlich der erste Schritt zu einer Großoffensive in Rafah ist, bleibt derweil ungewiss. Der amerikanische Präsident Joe Biden warnt seit Wochen davor, dass ein Einmarsch in Rafah für ihn eine rote Linie darstellen würde, sollten die mehr als 1,5 Millionen Zivilisten, die dort Schutz suchen, zuvor nicht in Sicherheit gebracht werden. Dass die Einwohner, die vor den Kämpfen in Khan Junis in die südliche Küstenstadt geflohen sind, nun in ihre zerstörte Heimat zurückkehren können, könnte man als ersten Schritt in diese Richtung werten. Wie eine umfassende Evakuierung Rafahs aussehen könnte, bliebe aber weiter völlig unklar.
Erholung und Neugruppierung der Soldaten?
Die israelische Armee selbst hatte den Rückzug aus Khan Junis am Sonntag vor allem damit begründet, dass sich die Truppen erholen und auf weitere Operationen vorbereiten müssten. Ähnlich hatten sich daraufhin auch die Vereinigten Staaten geäußert. Die Reduzierung der Truppenstärke scheine der Erholung und Neugruppierung der Soldaten zu dienen, sagte der Sprecher für nationale Sicherheit John Kirby dem Sender ABC News. Ein Manöver zur Vorbereitung einer neuen Offensive sehe man in der Maßnahme hingegen nicht.
Israelische Medien zitierten am Montag ranghohe Regierungsbeamte, die ebenfalls von „rein strategischen“ Gründen sprachen. Mit einer Reaktion auf Druck aus dem Ausland, einen Geiseldeal zu erreichen, habe der Rückzug nichts zu tun. Im Verlauf des Krieges habe sich gezeigt, dass die dauerhafte Stationierung von Truppen das Risiko für die Soldaten erhöhe, zur Zielscheibe von Terroristen zu werden. Die Hamas komme außerdem nur aus ihren Verstecken, wenn die Armee ihre Position kontinuierlich verändere. Von Quellen aus dem Militär hieß es zudem, große Teile des Kriegsgeräts und der Ausrüstung müssten nach den monatelangen Kämpfen gewartet und teilweise erneuert werden.
Andere spekulierten am Montag über ein vorläufiges Ende der großen Bodenoffensive in Gaza. Von Beginn an hatte die Armee betont, der Krieg könne verschiedene Phasen beinhalten – von großen Truppenverbänden innerhalb des Küstenstreifens bis zu kleineren Operationen mobiler Kräfte. Während sich in den vergangenen Monaten zeitweise Divisionen in einer Stärke von etwa 30.000-40.000 Soldaten im Gazastreifen befunden hatten, waren es am Sonntag nur noch einige tausend.
Schwierig könnte ein solches Szenario für Natanjahu aber vor allem mit Blick auf seine rechten Koalitionspartner werden. Die ließen am Montag erwartungsgemäß nicht lange mit Kritik auf sich warten. „Wenn der Ministerpräsident beschließen sollte, den Krieg ohne eine Großoffensive in Rafah zu beenden, um die Hamas zu zerschlagen, wird er kein Mandat haben, um weiter als Regierungschef zu amtieren“, schrieb der ultrarechte Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir auf der Plattform X. Finanzminister Bezalel Smotrich kritisierte in einer Mitteilung, dass die Entscheidung über den Rückzug aus Khan Junis „ohne Genehmigung des Sicherheitskabinetts“ im kleineren Kriegskabinett getroffen worden sei. „Und das unter internationalem Druck, der der Dynamik des Krieges und unseren Sicherheitsinteressen schadet“, so Smotrich weiter.
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