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#Ist das Sie noch zu retten? Und wollen wir das überhaupt?

„Ist das Sie noch zu retten? Und wollen wir das überhaupt?“

Im Beruf von Alex Meil gibt es Momente, da setzt er ganz aufs Du. Er arbeitet als Projektmanager bei einem Computerhersteller und berät manche seiner Kunden zu Cybersicherheit. „Da versuche ich immer zu duzen, damit sich der Kunde abgeholt fühlt.“ So ist, wenn der Ernstfall eintritt, seiner Erfahrung nach das Vertrauen größer. „Wenn ein Kunde gehackt wurde, ist er natürlich panisch und zweifelt alles an. Wenn ich ihn duze, nimmt das Angst.“

Lösungsvorschläge bringt der 31-Jährige unterschiedlich an, je nachdem, ob er den Kunden siezt oder duzt: „Beim Du erzähle ich mehr aus der Praxis“, sagt er. Mit den Worten „so unter uns“ reiße er dann auch mal unverbindliche, eigene Ideen an, die keinem vorgegebenen Schema entsprechen. Anders, wenn er mit dem Kunden per Sie ist: „Da achte ich auf unsere Vorgaben und stelle nur die offiziellen Lösungen vor.“ Einen Graubereich gebe es nicht, wenn man sich siezt – der Kunden könne einen dann im Nachhinein auf jede vorgeschlagene Möglichkeit festnageln.

Kleine Wörter mit Bedeutung

Du und Sie sind nur kleine Wörter, aber sie ändern vieles, legt man sich auf das eine oder das andere fest. Meil, der in Wirklichkeit anders heißt, ist während des Gesprächs mit der F.A.S. unterwegs zu einem Kunden, den er noch nicht kennt. Das Unternehmen gibt es seit dem Jahr 2000, deshalb, schätzt er, könnten viele jüngere Leute unter den Mitarbeitern sein. Er wird dort eine Präsentation halten mit anschließender Diskussion. „Ich gucke mir die Leute an, werde mich als Alex Meil vorstellen mit der Option zu duzen – wer das annimmt, den spreche ich auch mit Vornamen an.“ Und er überlegt dann spontan, wie er die Diskussion moderiert, je nachdem welche Anrede ge­wünscht wird, wird es „etwas lockerer oder professioneller“.

Noch vor ein paar Jahrzehnten hätte Meil sich darüber nicht den Kopf zerbrechen müssen, alle hätten sich einfach gesiezt. Doch das Duzen ist im deutschsprachigen Raum auf dem Vormarsch, so zumindest die öffentliche Wahrnehmung. Und es gibt nicht wenige Menschen, die sich davon bedroht fühlen. Sprachdebatten führen wir sowieso gerne, und mit dem Für und Wider des omnipräsenten Dus verhält es sich ähnlich wie mit der Frage nach der Sinnhaftigkeit genderneutraler Sprache.

Zwar führt die Öffentlichkeit den Kulturkampf um die „richtige“ Anrede mit weniger emotionsgeladenen Waffen, aber auch hier geht es ums Überleben der persönlichen Vorliebe, die zu gesichtswahrenden Zwecken mit Bedeutung aufgeblasen wird. Die Siezer führen ähnliche, teils bequeme Argumente: „Sprache soll so bleiben, wie sie ist“, heißt es etwa, und, wie es die Überschrift eines Kommentars in der „NZZ“ aus dem Jahr 2020 zusammenfasst: „Das angeordnete Du passt nicht zu unserer Gesellschaft.“

Am Internet liegt es nicht

Doch was war zuerst da, das angeordnete oder das zeitgeistliche Du? Es ist ein Henne-Ei-Problem. Zur viel beschworenen Gesellschaft gehören eben auch die Geschäftsführerin, die Duzen für alle Mitarbeiter durchsetzt, und der Barista am Cafétresen, der ohne Umschweife fragt: „Was bekommst du?“ Das Chat-Programm auf der Arbeit zeigt nur noch Vornamen an und duzt in Antwortvorschlägen. Sogar der Self-Checkout bei Rewe duzt.

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