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#Ist das Streichquartett noch ein Lebensmodell?

Ist das Streichquartett noch ein Lebensmodell?

Sie sind mit dem Kuss-Quartett ganz jung auch durch die Schule von Walter Levin gegangen und haben mit ihm lange gearbeitet. Heute sind Sie in Hannover selbst Professor für Streichquartett. Wie kam es dazu?

Unser Quartett wurde 1989 von Eberhard Feltz gegründet, der es viele Jahre begleitete, wir waren vierzehn Jahre alt. Aber ja, Walter Levin habe ich auch viel zu verdanken, ihm begegnete ich als Sechzehnjähriger. Er hielt in Basel Kurse in einem Aufbaustudiengang für Quartette, die er in den letzten Jahren immer mit jemandem teilte. 2009 fragte er mich, ob ich Lust hätte, mit ihm zusammen diese Kurse zu unterrichten – das war mir natürlich eine Ehre. So arbeitete ich im letzten Kurs, den er in Basel gab, mit ihm zusammen. Aus Krankheitsgründen blieb er bald in Amerika, sodass ich fünf phantastische junge Quartette allein unterrichtete. Zeitgleich wurde ich von der Musikhochschule Hannover eingeladen und erhielt 2011 die neu geschaffene Professur für Streicherkammermusik. In Hannover war gerade ein neues Kammermusik-Institut gegründet worden, ziemlich einmalig, für Klavierensem­ble, Lied und Streichquartett.

Was zeichnet den Studiengang Streichquartett in Hannover aus?

Wir konnten das Institut frei gestalten, es gab damals in Deutschland keine etablierten Modelle für so einen Master. Ich hatte das Glück, dass Quartette aus Basel mitkommen wollten, die eine neue geistige Heimat suchten, sich aber nicht durch Residenzpflicht (Hauptfach, wöchentliche Nebenfächer, Orchester) binden konnten. Es war klar: Wir haben eine große Chance, wenn wir flexibel sind. Wir könnten das Streichquartett-Programm mit eta­blierten Ensembles beginnen, die vielfältig innerhalb und außerhalb der Schule Präsenz zeigen würden. Aber der Studiengang müsste dies eben ermöglichen: eine intensive, individuelle Betreuung, bereichert durch gemeinsame Workshops mit Profis aus der aktuellen Szene, für Programmgestaltung, Musikvermittlung, Arbeit mit Komponisten, Konzerte in verschiedenen Formaten. So geschah es.

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Mittlerweile gibt es an vielen Hochschulen Kammermusik-Studien und auch Professuren, aber oft sind diese formal nicht eigenständig genug, um kreative Freiheit und einen hilfreichen Übergang in den Beruf zu ermöglichen. Individuelle Betreuung im Musikstudium ist ein großes Thema für mich. Ich möchte junge Künstler zur Selbständigkeit erziehen, sie sollen sich während des Studiums schon ein eigenes Netzwerk aufbauen.

Wo sind die Quartette dann untergebracht, wenn sie in Hannover sind?

Wir haben einen großartigen Förderkreis, bei dem ich gleich aufgeschlagen bin: Ich will kein Geld, ich brauche Gastfamilien. Die Ensembles können während mehrtägiger Besuche also privat übernachten und werden richtig verwöhnt. Ich arbeite vier, fünf Stunden pro Tag mit ihnen – diese intensive Betreuung ist für alle richtig so in dieser gründenden Lebensphase. Anders als bei den fest terminierten Kursen von Walter Levin, die manche Ensem­bles absagen mussten, weil sie ein Konzert oder eine Aufnahme hatten.

Hält der Streichquartett-Boom an?

Den Traum des Streichquartetts trägt wohl jeder Streicher in sich. Vom Quartettspiel leben können nur zwei Handvoll berühmter Ensembles – daran hat sich nichts geändert. Den Wunsch allerdings, ein selbstbestimmtes musikalisches Leben zu führen, aber nicht allein, das hat vielleicht mit aktuellen Lebensentwürfen zu tun. Im Streichquartett habe ich die ganze Welt der Musik vor mir und muss entscheiden, was mache ich jetzt, welchen Weg gehe ich, was interessiert mich, um welche Stärken kümmere ich mich. Aber man muss Quartett richtig lernen, das geht nie schnell. Wie arbeite ich miteinander, wie verstehe ich diese großen Partituren, wie finde ich eine gemeinsame Sprache – viele Stunden heftigster Auseinandersetzung.

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