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#Ist der echt?

Merriam-Webster, das ame­rikanische Nachschlagwerk, kürte im Dezember das Wort „gaslighting“ zum Wort des Jahres 2022. Damit ist eine Form der psychischen Gewalt gemeint; das Opfer wird gezielt getäuscht, bis es beginnt, an seinem Verstand zu zweifeln. Irgendwann ­verliert es den Bezug zur Realität. Der Begriff stammt von einem britischen Theaterstück, „Gaslicht“, aus dem Jahr 1938, auf das in den Vierzigerjahren zwei Filme mit diesem Titel folgten. Es handelt davon, wie ein Ehemann seine Frau systematisch in den Wahnsinn treibt.

Die Suche nach diesem Begriff auf der Website von Merriam-Webster war im vergangenen Jahr um 1740 Prozent gestiegen – ohne konkreten Anlass. Vielleicht hat es damit zu tun, dass die Täuschung in der Luft liegt. Das zeigen zum Beispiel Film- und Serienhits wie „Der Tinder-Schwindler“, „Inventing Anna“ und „The Dropout“ – immer wieder geht es darin um wahre Begebenheiten aus den vergangenen Jahren, in denen einerseits dreist, andererseits faszinierend kaltschnäuzig betrogen wurde.

Die Mode folgt: Bei den Schauen für dieses Frühjahr wurde geschwindelt und hinters Licht geführt. Bei Bottega Veneta gab Matthieu Blazy seinen Einstand als Chefdesigner, unter anderem mit einer Hose aus feinem Leder, die täuschende Ähnlichkeit mit einer Jeans hatte. Dazu ein Hemd, ebenfalls aus Leder, das wie ein dickes Flanellhemd aussah. Kate Moss trug den Look. Nur bei ganz genauem Hinsehen, vielleicht auch erst beim Anfassen konnte man die Täuschung erkennen.

Gar nicht so einfach, heute den Durchblick zu behalten

Der Designer Glenn Martens spielte derweil beim Modelabel Y/Project ebenfalls mit diesem Täuschungseffekt, indem er Doppelripp auf T-Shirts druckte und Denim auf Blazer. Wenn sich in diese Materialitäten-Verwirrung irgendetwas hineinlesen lässt, dann die Botschaft, dass es heute eben schwierig ist, den Durchblick zu behalten. Das gilt auch im Hinblick auf Mode. Ist die zum Beispiel als so nachhaltig gepriesene Kollektion wirklich unter fairen und schonenden Bedingungen gefertigt worden? Oder handelt es sich dabei doch um einen Fall von Greenwashing, womit Verbraucher eben bewusst hinters Licht geführt werden? Und sind die Influencerinnen und Influencer wirklich so begeistert von den Produkten, die sie auf Tiktok und Instagram in die Kamera halten? Oder sind diese Bilder und Videos doch nur Teil einer größer angelegten Werbepartnerschaft?

Ist das eine Jeans? Supermodel Kate Moss bei der Schau von ­Bottega Veneta im September. Die Hose ist eigentlich aus Leder.


Ist das eine Jeans? Supermodel Kate Moss bei der Schau von ­Bottega Veneta im September. Die Hose ist eigentlich aus Leder.
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Bild: dpa

Zurück auf die Laufstege: Die Models in der Schau des spanischen Modehauses Loewe trugen Hosen, Hoodies und T-Shirts, die so verpixelt anmuteten, als würde es sich nicht um Textilien handeln, sondern um Bilder, die jemand aus dem Internet in zu geringer Auflösung her­un­tergeladen hatte.

Offline-Ich und Online-Ich

Die Deutung: Die Welt ist unübersichtlicher geworden. Es gibt ja mindestens zwei davon. Chefdesigner Jonathan Anderson machte darauf aufmerksam, dass die Onlinewelt immer neben der realen herläuft und dass es bisweilen schwer sein kann, diese beiden Parallelwelten voneinander zu trennen. Die sozialen Medien sind schon jetzt für viele Menschen untrennbar mit ihrem Offline-Leben verbunden. Viele präsentieren sich auch in beiden Welten – und führen sich am Ende gegenseitig mit ihrem Online-Look, vor allem mithilfe von Filtern, hinters Licht. Die ersten Modehäuser bieten für das Online-Ich schon die entsprechende Avatar-Mode an, zu kaufen im Metaverse.

Mit Schleife? Pulli von Elsa Schiaparelli aus der ­Sommerkollektion von 1928


Mit Schleife? Pulli von Elsa Schiaparelli aus der ­Sommerkollektion von 1928
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Bild: bpk

Jonathan Anderson transportierte diese täuschend flach wirkenden Stücke, die so verpixelt anmuteten, als wären es misslungene, für digitale Bildschirme geschaffene Entwürfe, nun ins wahre, dreidimensionale Leben. Mittlerweile lässt sich die Pixel-Kollektion wie selbstverständlich kaufen – zum Beispiel im Onlineshop der Marke per Lieferung bis an die Haustür.

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