Wissenschaft

#Ist Empathie uralt?

Wir erkennen, wie es anderen geht und reagieren darauf: Die Fähigkeit zur Empathie prägt unser Sozialverhalten und auch bei einigen „hochentwickelten“ Tierarten wird sie deutlich. Nun belegt eine Studie, dass auch Fische Grundformen des Einfühlungsvermögens zeigen. Das Besondere ist dabei: Auch bei ihnen spielt dabei das Oxytocin-Hormon eine Rolle. Es bewirkt, dass Zebrabärblinge sich von Angstsignalen anderer „anstecken“ lassen und sich sogar um Artgenossen „kümmern“, die sie zuvor in einem Stresszustand beobachtet haben. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass das Oxytocin-vermittelte Empathie-System früh in der Evolution entstanden sein könnte, sagen die Wissenschaftler.

Beim Menschen hat die vielschichtige Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, bekanntlich eine große Bedeutung: Empathie bildet unter anderem die Grundlage für Kooperation und prosoziales Verhalten. Vor allem bei sozial lebenden Säugetieren wie Primaten, Elefanten oder Delfinen sind komplexe Formen der Empathie ebenfalls deutlich feststellbar. Doch mittlerweile wurden auch bei anderen Lebewesen Formen des Einfühlungsvermögens aufgezeigt. Als die grundlegendste Version gilt dabei die sogenannte emotionale Ansteckung: Zeigt ein Individuum etwa Signale der Angst, erfassen dies Artgenossen und verhalten sich gleichermaßen.

Emotionaler Ansteckung auf der Spur

Untersuchungen der neuronalen Grundlagen von Empathie und emotionaler Ansteckung bei Säugetieren haben bereits Hinweise darauf geliefert, dass bei dem System das „prominente“ Hormon Oxytocin eine Rolle spielt. Von diesem Botenstoff sind bereits verschiedene Wirkungen im Rahmen von emotionalen Verhaltensweisen bei Tier und Mensch bekannt. Die Forscher um Ibukun Akinrinade vom portugiesischen Gulbenkian-Forschungsinstitut in Oeiras sind nun der Frage nachgegangen, ob Oxytocin auch für Formen emotionaler Ansteckung bei Fischen eine Rolle spielt. Ihre Untersuchungen führten sie an einem typischen Modell-Tier der Forschung durch: dem Zebrabärbling (Danio rerio). Es handelt sich dabei um Schwarmfische mit komplexem Interaktionsverhalten.

In ihrer Studie führten die Forscher vergleichende Experimente mit „normalen“ Zebrabärblingen (Wildtyp) und mit Individuen durch, die Mutationen in ihren Oxytocin-Genen besitzen, sodass ihnen das Hormon fehlt. Zunächst konnten die Forscher zeigen, dass die Wildtyp-Fische, die verängstigte Artgenossen in einem separaten Becken beobachteten, ebenfalls in eine Schreckstarre verfielen. Die Vergleichstiere der mutierten Linie, denen die Oxytocinwirkung fehlte, zeigten diese induzierte Angstreaktion hingegen nicht. Wurde ihnen das Hormon jedoch künstlich verabreicht, ließen auch sie sich von den Angstsignalen der Fische im Nachbarbecken anstecken, zeigten die Beobachtungen.

Um den neuronalen Grundlagen dieses Oxytocin-Effekts nachzugehen, untersuchten die Wissenschaftler die Gehirne der Fische durch neurowissenschaftliche Methoden, die aufzeigen können, wie intensiv bestimmte Bereiche aktiviert wurden. Wie sie berichten, fanden sie dabei Hinweise darauf, dass die Gehirnregionen, die bei Zebrafischen in die emotionale Ansteckung involviert sind, denjenigen entsprechen, die in früheren Studien mit diesem Prozess bei Säugetieren in Verbindung gebracht wurden.

„Trösten“ sich Fische gegenseitig?

Man könnte nun einwenden, dass die als emotionale Ansteckung bezeichnete Reaktion bei den Fischen nur auf einem eher simplen Kopieren des bei den Artgenossen beobachteten Verhaltens basiert. Doch weitere Ergebnisse der Forscher deuten auf ein tatsächlich eher empathisches Phänomen hin: Sie präsentierten ihren Versuchstieren einen offensichtlich verängstigten Fisch und parallel dazu ein entspanntes Exemplar. Nach der Beobachtungsphase wurde den Tieren die Möglichkeit zum Kontakt gegeben. Dabei zeigte sich: Im Gegensatz zu den Mutanten gesellten sich die Wildtyp-Fische eher zu dem Fisch, bei dem sie die Zeichen der Angst gesehen hatten. Handelte es sich somit um eine Art Tröstungs-Verhalten, wie es auch bereits bei einigen Säugetieren beobachtet wurde?

Klar scheint zumindest: Oxytocin spielt bei der emotionalen Ansteckung – der grundlegendsten Form der Empathie – bei Wirbeltieren wie Fischen offenbar ebenfalls eine wichtige Rolle. “Die Übereinstimmung zwischen Säugetieren und Fischen in der Art und Weise, wie Oxytocin einfühlsames Verhalten reguliert, lässt es denkbar erscheinen, dass die Mechanismen, die der Empathie und Formen der emotionalen Ansteckung zugrunde liegen, sogar auf den letzten gemeinsamen Vorfahren von Fischen und Säugetieren vor etwa 450 Millionen Jahren zurückgehen”, schreiben Ross DeAngelis und Hans Hofmann von der University of Texas in Austin in einem Begleitartikel zur Studie. „Um diese Möglichkeit zu überprüfen, sollten allerdings weitere Untersuchungen an verschiedenen Arten aus allen wichtigen Wirbeltierlinien durchgeführt werden“, so DeAngelis und Hofmann.

Quelle: Science, doi: 10.1126/science.abq5158

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