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#Ist Scheitern wirklich keine Option?

Ist Scheitern wirklich keine Option?

Da es inzwischen wirklich genug Vergleiche aus dem Straßenverkehr für die sich anbahnenden Koalition gibt, hier mal einer aus dem Handwerk: Auch wenn klar ist, welcher Schritt auf welchen folgt, ist es wie bei einer Fertigungsstraße ziemlich wichtig, wer den ersten Schritt macht, wessen Hand also das Ding als erstes formt.

Mona Jaeger

Stellvertretende verantwortliche Redakteurin für Nachrichten.

Dieses Bild stammt vom Chef-Bild-Entwickler der SPD, Kevin Kühnert. Gesagt hat er es zwar mit Blick auf die neue Führung seiner Partei, und wie wichtig es eben sei, wenn man – oder die Personen, die man unterstützt, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans – politische Entscheidungen von Anfang an mitbestimmen und den Ton setzen kann. Aber der Vergleich passt auch sehr gut zur aktuellen Diskussion zwischen den Ampel-Sondierern. Und da spielt die SPD ja auch eine nicht ganz unwichtige Rolle.

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Auch Robert Habeck, der Ko-Vorsitzende der Grünen, hat ein gutes Gespür für Bilder. Er sprach von der Schraube, die richtig eingesetzt werden sollte, damit sie sich beim Eindrehen nicht verkantet. Habecks Schraube ist das Finanzministerium. Es ist der Beginn der Fertigungsstraße. Denn diese noch im Werden befindende Koalition, die sich selbst schon jetzt „Fortschrittskoalition“ nennt, will viel gestalten. Und das kostet Geld. Der Posten des Bundesfinanzministers war schon immer ein einflussreicher und machtvoller, siehe Olaf Scholz. Aber er wird in den kommenden vier Jahren womöglich noch wichtiger. Denn er wacht über die Milliarden für Klimaschutz, Digitalisierung und Infrastruktur.

Es ist nicht ganz klar, wie sehr Habeck ins Finanzministerium strebt. Aber reizen würde ihn der Posten wohl schon. Ganz unbestreitbar sind hingegen die Ambitionen von Christian Lindner, dem FDP-Vorsitzenden. Er will da rein. Und das ist nur die offensichtlichste Stelle, an der es vor allem zwischen FDP und Grünen knarzt. Die Schraube kann sich noch an einigen Stellen verkanten.

Zunächst war da ja sehr viel Harmonie. Scheitern sei keine Option, hieß es allenthalben. Das mag tatsächlich so sein. Und alle drei Ampel-Partner wollen unbedingt regieren – und haben im Grunde keine Ausweichpartner zur Auswahl. Aber natürlich bleiben etliche Konfliktpunkte. Der grundsätzliche Dissens zwischen FDP und Grünen ist nicht aufgelöst: Wie viel Staat ist gut, wie groß sollen dessen Eingriffsmöglichkeiten sein?

Wieviel Spielraum wird ein künftiger Finanzminister haben?


Wieviel Spielraum wird ein künftiger Finanzminister haben?
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Bild: dpa

Lindner hatte gesagt: „Es gibt das Bundeskanzleramt, es gibt das Finanzministerium, und es gibt ein neues Klimaministerium. Und ich bin der Meinung, jeder der Partner muss eine Möglichkeit haben, auch gestalterisch zu wirken.” Das kritisierte sogleich Habeck. Und auch der SPD-Vorsitzende Walter-Borjans, freilich im Ton eines sanft mahnenden Jugendherbergsvaters: “Ich erwarte, dass wir das machen, was wir auch vereinbart haben: nämlich, dass wir zuerst über die Inhalte reden.”

Lindner ruderte alsbald zurück, er ist offenbar übers Ziel hinaus geschossen. Denn im zwölf Seiten langen Sondierungspapier ist von einem Klimaministerium überhaupt nicht die Rede. Wobei auch Walter-Borjans verschweigt, dass Ressortfragen auch Inhaltsfragen sind. Es wird eben nicht vollkommen egal sein, ob es von einem selbstbewussten Grünen- oder einem FDP-Politiker geführt wird. Gerade auch, weil bislang nicht absehbar ist, ob ein  Klimaministerium das umfassende Vetorecht haben würde, wie es  von den Grünen im Wahlkampf gefordert worden war.

Das Sondierungspapier lässt überhaupt noch viele Fragen offen. Es bleibt an vielen Stellen vage, vor allem bei der Finanzierung. Der Kohleausstieg solle „idealerweise“ schon 2030 erfolgen, acht Jahre früher als bislang geplant. Wie sieht denn eine derart ideale Welt aus?

Ort der Sehnsucht: das Bundesfinanzministerium


Ort der Sehnsucht: das Bundesfinanzministerium
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Bild: dpa

Allein für Investitionen in Digitalisierung, Netzausbau und Infrastruktur werden von staatlicher Seite 50 Milliarden Euro gebraucht – im Jahr, meint die Grünen-Ko-Vorsitzende Annalena Baerbock. Die Sondierungen seien an der Stelle nicht so in die Tiefe gegangen. In dem Ergebnispapier werden nur Einnahmen genannt, die nicht gut planbar sind, etwa die aus dem verstärkten Kampf gegen Steuerhinterziehung und die Einnahmen aus der globalen Mindeststeuer. Habeck versuchte das gleich zu entkräften: „Die Finanzen sind besser unterlegt in den Gesprächen, als es das Papier wiedergibt.“

Die Unionsfraktion feuerte am Wochenende beinahe im Minutentakt Pressemitteilungen raus, die die bisherigen Vereinbarungen der Ampel-Partner heftig kritisierten. Der Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus sprach von einem „ungedeckten Scheck“, den SPD, Grüne und FDP ausstellten. Auch wenn das übliches (Oppositions-)Getöse ist – so ganz kann man ihm derzeit nicht widersprechen.

Jetzt gehen die Gespräche in die nächste, wirklich entscheidende Phase. Es wird knirschen, gar keine Frage. Dass die Grünen am Wochenende zu einem kleinen Parteitag zusammenkamen, diente deswegen vor allem einem: dem Erwartungsmanagement und dem Luftablassen. Ja, die Grünen konnten nicht alles durchsetzen. Aber hey, regieren! Das war die Botschaft der Parteivorsitzenden und der Mitglieder des Verhandlungsteams. Aber es gab auch Kritik. Ricarda Lang, stellvertretende Parteivorsitzende und Teil des Sondierungsteams, sagte: „Wir werden bei der Sozialpolitik noch nachlegen müssen.“ Die Grünen-Mitglieder werden am Ende über einen Koalitionsvertrag abstimmen. Es ist auch ein Druckmittel, dass die grünen Verhandler damit in der Hand haben. Wohldosierte Kritik braucht aus ihrer Sicht deswegen gar nicht so schlecht sein.

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