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#Juergen B. Donges ist tot

Juergen B. Donges ist tot

In der Exportnation Deutschland ist der Protektionismus nicht erst seit der Pandemie auf dem Vormarsch, selbst im Wirtschaftsministerium. Echte Freihändler sind rar. Nun müssen sie auf die über Jahrzehnte so kraftvolle Stimme von Juergen Bernardo Donges verzichten. Der am Freitag verstorbene liberale Ökonom und frühere Vorsitzende des Sachverständigenrats war bis ins hohe Alter ein wortgewaltiger und scharfer Verteidiger einer offenen, auf Markt und Wettbewerb basierenden sozialen Marktwirtschaft.

Heike Göbel

Verantwortliche Redakteurin für Wirtschaftspolitik, zuständig für „Die Ordnung der Wirtschaft“.

Schon in den Siebzigerjahren hatte der 1940 in Sevilla geborene und in Madrid aufgewachsene Donges als Mitarbeiter am Institut für Weltwirtschaft in Kiel über die den Wohlstand bremsende Wirkung von Zöllen und anderen Handelsschranken geforscht und sich darüber hinaus bald generell mit Fragen der Deregulierung der Wirtschaft und staatlichen Wettbewerbshemmnissen befasst. Damit hat er viel dazu beigetragen, für diese Themen überhaupt öffentliches Problembewusstsein zu schaffen und eine breite Debatte über Kosten und Nutzen von Protektion in allen Facetten anzustoßen.

An die Kieler Förde war Donges seinem überragenden Saarbrücker Lehrer Herbert Giersch gefolgt. Dabei gehörte Donges zu den wenigen, denen es gelang, das Vorbild mit Fragen in Verlegenheit zu bringen, wie Giersch später anmerkte. Wie Giersch sah Donges die Wirtschaftswissenschaft in einer öffentlichen Bringschuld. „Er war unmissverständlich, präzise und unerbittlich in der Sache, er hat für die ökonomische Vernunft im öffentlichen Raum gekämpft“, würdigt ihn der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Michael Hüther.

In Kiel übernahm Donges die Abteilung Entwicklungsländer, später die Strukturforschung und wurde Vizepräsident. Sein Verhältnis zu seinen Mitarbeitern, zu denen die Autorin dieser Zeilen kurze Zeit gehörte, charakterisiert der respektvolle Spitzname „Caballero“, der natürlich nicht in seiner Gegenwart fiel. Donges hatte sich Hoffnung auf Gierschs Nachfolge gemacht. Als die Wahl 1988 auf Horst Siebert gefallen war, wechselte er auf den Lehrstuhl für Wirtschaftliche Staatswissenschaften an die Universität Köln.

Anders als die heutige Bundesregierung scheute die schwarz-gelbe Koalition unter Helmut Kohl sich nicht, 1992 einen Mann mit ordnungspolitischen Überzeugungen und unbequemen Verfechter der Angebotspolitik in ihr höchstes Beratergremium zu holen. Damals stand viel auf dem Spiel. Die Transformation der maroden DDR-Planwirtschaft in eine Marktordnung erwies sich als schwieriger und teurer als gedacht. Der unabhängige Rat der „Wirtschaftsweisen“ war gefragt, auch wenn die Politik ihm, wie heute, nicht oft oder erst spät folgte, wenn die Not groß genug war. Donges händigte nach dem Regierungswechsel auch der rot-grünen Regierung Schröder das erste Gutachten aus, deren Sparbemühungen er begrüßte, die Steuerpolitik kritisierte.

Auch Donges hatte sich des Vorwurfs zu erwehren, „neoliberalen Sozialabbau“ zu predigen. Wer ihn genau las und ihm genau zuhörte, wusste es besser. In einem Gastbeitrag für die F.A.Z. unter dem kämpferischen Titel „Das alte europäische Sozialmodell ist passé“ verbarg sich 2005 seine große Sorge, Deutschland und die EU könnten sich übernehmen und ihre Volkswirtschaften regulierend so schwächen, dass das Sozialstaatsversprechen nicht mehr zu erfüllen sei. Donges, der für seine Verdienste um die soziale Marktwirtschaft mit dem Ludwig-Erhard-Preis ausgezeichnet wurde, blieb nach seiner Emeritierung in Köln ein präsenter Mahner, ob als Mitglied des Kronberger Kreises oder Botschafter der arbeitgeberfinanzierten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. In der Eurokrise beteiligte er sich an einem kritischen Aufruf gegen die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank, in denen 136 Ökonomen verbotene Staatsfinanzierung sahen. Im Kreis seiner Familie ist Donges im Alter von 80 Jahren in Köln nun friedlich eingeschlafen.

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