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#Kein Engel mit eiskalten Augen

Kein Engel mit eiskalten Augen

Es gibt Filme nach wahren Fällen und Filme, die einen Fall auf seine Wahrheit hin untersuchen. Tom McCarthys „Stillwater“ will beides sein. Der Film ist so offensichtlich an die Geschichte der Amerikanerin Amanda Knox angelehnt, die 2009 im italienischen Perugia wegen Mordes an einer britischen Austauschstudentin verurteilt, zwei Jahre später entlassen, dann abermals angeklagt und für schuldig befunden und schließlich endgültig freigesprochen wurde, dass sich Knox über ihn beschwert hat, obwohl ihr Name an keiner Stelle fällt. Andererseits wird der Fall bei McCarthy ganz anders aufgezäumt, mit einem Vater (Matt Da­mon), der seine Tochter im Gefängnis be­sucht, in dem sie seit vier Jahren auf die Wiederaufnahme ihres Verfahrens wartet. Und der Ort ist auch nicht Pe­rugia, sondern Marseille, mit allem, was daraus an Schauwerten folgt.

Ein Amerikaner in Frankreich, das ist ein Motiv, das selbst eine lange Vorgeschichte hat, und es wird hier auch dadurch nicht frischer, dass Bill Baker Ölarbeiter ist, ein klotziger Kerl, der zu Handgreiflichkeiten neigt. Bei seiner Suche nach dem wahren Schuldigen trifft er Virginie (Ca­mille Cottin), die ihn zähmt und zum Er­satz­vater ihrer eigenen kleinen Tochter macht. Lässt man alle Details von Milieu und Motivation beiseite, ist das genau die Story, die das amerikanische Kino seit siebzig Jahren erzählt. Entsprechend tritt das Gefängnisdrama in den Hintergrund, was der Film aber auf Dauer nicht zulassen kann, weil er aus ihm seine ganze dramaturgische Energie schöpft. Also beginnt das Drehbuch, an den Charakteren herumzubasteln, und die Regie folgt ihm beflissen, immer mit ängstlichem Seitenblick auf Matt Da­mon und darauf, dass ihm die Aura des Hollywoodstars unter der Maske des Un­terschichthelden nicht verrutscht.

Interessant ist an diesem sanften Debakel vor allem, dass es von demselben Regisseur stammt, der vor sechs Jahren in „Spotlight“ mit ganz anderer Geduld und Genauigkeit eine ähnlich vertrackte, nur viel weiter ausgreifende Suche nach Schuld und Wahrheit inszeniert hat. An der Geschichte allein kann es also nicht liegen, das „Stillwater“ so zerfaselt wirkt. Es muss mit dem Schauplatz zu tun haben, mit Fantasien über Frankreich, die Ban­lieue, den Fußball – eine wichtige Szene spielt bei einem Match von Olympique Marseille – und die Justiz, die in den Film geflossen sind und ihn der Wirklichkeit entfremdet haben. So seltsam fremd und abgehoben haben vor zwanzig Jahren die amerikanischen Filme von Wim Wenders ausgesehen. Jetzt wissen wir, dass der Effekt auch in umgekehrter Richtung funktioniert. Aber dazu muss man eigentlich nicht ins Kino gehen.

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