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#Kein Stallgeruch, aber Promi und Pragmatiker

Kein Stallgeruch, aber Promi und Pragmatiker

Als Deutschlands Landwirte am Freitag aufwachten, staunten sie nicht schlecht: Dass der Verkehrspolitiker Cem Özdemir nun für die Grünen das Landwirtschaftsministerium übernimmt und nicht der Agrarpolitiker Toni Hofreiter, hatte in der Branche kaum jemand erwartet. Bauernpräsident Joachim Rukwied zeigte sich aber zufrieden damit, wie dieser Machtkampf innerhalb der Grünen ausgegangen ist. „Für mich ist nicht wichtig, ob jemand Stallgeruch hat“, sagte er. „Ein prominentes Gesicht im Landwirtschaftsministerium hilft der Landwirtschaft.“ Ein grüner Landwirtschaftsminister war zwar nicht der Wunsch der Bauern – aber ein „Realo“ wie Özdemir ist ihnen lieber als ein Vertreter des linken Flügels.

Doch auch wenn Rukwied und Vertreter anderer Verbände hörbar aufatmeten – ob sich ihre Hoffnung auf eine pragmatische Landwirtschaftspolitik erfüllt, muss sich erst noch zeigen. In kaum einem Bereich haben sich die Fronten zwischen Politikern und Praktikern in den vergangenen Jahren so verhärtet wie in diesem. Viele Landwirte fühlten sich etwa durch die verschärfte Düngeverordnung und das Gesetzespaket zum Insektenschutz provoziert. Immer wieder demonstrierten sie mit ihren Trekkern im Regierungsviertel. Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einberufene Zukunftskommission Landwirtschaft aus Bauern, Umweltverbänden und Lebensmittelwirtschaft hat die Lage zwar etwas befriedet und gemeinsam ein Konzept für den Umbau der Landwirtschaft vorgelegt. Doch die Ampelkoalition hat im Koalitionsvertrag eigene Pläne formuliert, die andere Schwerpunkte setzen.

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So sollen 30 Prozent der deutschen Landwirtschaft bis zum Jahr 2030 nach ökologischen Kriterien erfolgen. Noch sind es erst gut 10 Prozent. Allerdings ist die Kaufbereitschaft der Verbraucher für die deutlich teureren Bioprodukte überschaubar. Ob die Zielzahl erreicht werde, müsse der Markt zeigen, sagte Rukwied. Ein weiteres Streitthema dürfte der Umbau der Tierhaltung sein. SPD, Grüne und FDP wollen ein „durch Marktteilnehmer getragenes finanzielles System“, aus dessen Einnahmen der Umbau der Ställe hin zu einer artgerechten Haltung finanziert werden soll. Die große Frage wird sein: Wer zahlt am Ende dafür? Die Landwirte haben schon gewarnt: Wenn sie es sein sollten, werde die Zahl der Betriebe hierzulande weiter sinken. „Es kann nicht sein, dass wir die Tierhaltung ins europäische Ausland verlagern“, sagte Rukwied dazu am Freitag. Und auch der Einsatz von Pestiziden ist umkämpft wie eh und je.

Julia Klöckner hat Özdemir bereits gratuliert

Wie die Landwirte atmeten in dieser Woche auch die Mitarbeiter im Bundeslandwirtschaftsministerium auf. Dass es als eigenständiges Ministerium erhalten bleibt und nicht, wie zwischenzeitlich aus den Verhandlungen kolportiert, mit dem Umweltministerium verschmolzen wird, sorgte an den Dienstsitzen in Berlin und Bonn für Erleichterung. Damit wird es zwar weiter Konflikte zwischen den beiden Häusern geben. Da aber sowohl das Landwirtschafts- als auch das Umweltressort künftig in grüner Hand sind, könnten Unstimmigkeiten, so ist zumindest die Hoffnung, nicht mehr ganz so eskalieren wie in der Vergangenheit – auch wenn mit Steffi Lemke eine Parteilinke das Umweltministerium übernimmt. Noch offen ist, ob die Zuständigkeit für den Wald im Landwirtschaftsministerium verbleibt. Sie würde auch ins Umwelt- oder ins Wirtschafts- und Klimaministerium passen.

Die geschäftsführende Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat Özdemir nach Angaben ihres Sprechers schon gratuliert und einen reibungslosen Übergang versprochen. Auch Bauernpräsident Rukwied will bald das Gespräch mit Özdemir suchen, ob in Berlin oder auf seinem Hof in Eberstadt; Rukwied und Özdemir kommen beide aus Baden-Württemberg. Auf der Grünen Woche, dem traditionellen Branchentreffen im Januar, wird es dagegen auch in diesem Jahr keine gemeinsamen Auftritte geben: Die Messe wurde wegen der hohen Corona-Zahlen am Freitag abgesagt.

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