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#Kollision lässt Galaxie erlöschen

Kollision lässt Galaxie erlöschen

Im Kosmos gibt es viele große Galaxien, in denen die Sternbildung nahezu vollkommen erloschen ist – sie sind gewissermaßen tot. Die Ursachen dafür waren jedoch unklar. Jetzt haben Astronomen eine Galaxie entdeckt, die neue Einblicke liefert. Denn sie hat im Rahmen einer Galaxienkollision fast die Hälfte ihres Gasnachschubs ausgeschleudert. Diesen enormen Gasschweif konnten die Forscher mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) beobachten. Der Gasverlust führt ihrer Einschätzung nach dazu, dass die Sternbildung in dieser Galaxie schon in einigen zehn Millionen Jahren für längere Zeit erlöschen wird.

In unserer Milchstraße und in den meisten anderen Galaxien werden immer wieder neue Sterne gebildet. Sie entstehen durch den Kollaps dichter Gaswolken und lassen die Galaxie dadurch weiter anwachsen. Beobachtungen zufolge lag die Sternbildungsrate im noch jungen Universum oft weit höher als bei den heutigen, oft schon „ältlichen“ Galaxien. Doch es gibt auch Galaxien, bei denen die Sternbildung im Verlauf der kosmischen Entwicklung längere Zeit pausierte oder sogar ganz stoppte. Auch in unserer näheren kosmischen Umgebung gibt es daher elliptische, alte Galaxien, die weitgehend „tot“ sind – in ihnen entstehen so gut wie keine neuen Sterne mehr. Doch die Ursachen für diesen Stopp sind bislang unklar: „Wir wissen noch nicht genau, welche Prozesse hinter dem Ausschalten der Sternbildung bei massereichen Galaxien stecken“, erklärt Erstautorin Annagrazia Puglisi von der britischen Durham University.

Fast die Hälfte des Gases ausgeschleudert

Klar scheint, dass die Sternbildung in diesen „toten“ Galaxien wahrscheinlich aus einem Mangel an Gasnachschub erloschen ist. Demnach muss es Prozesse gegeben haben, die einen Teil des normalerweise in solchen Galaxien reichlich vorhandenen Gases ausgeschleudert haben. „Winde einer starken Sternbildung oder aktive Schwarze Löcher gelten bislang als Hauptverantwortliche für einen solchen Gasverlust und für die Unterdrückung des Wachstums bei massereichen Galaxien“, sagt Puglisi. Bisher fehlte es jedoch an Beobachtungen, die diese Prozesse und ihre Wirkung sozusagen auf frischer Tat ertappen konnten. Doch nun haben Puglisi und ihr Team durch Zufall eine Galaxie entdeckt, die gerade eine norme Menge an Gas verloren hat. Sie hatten das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile genutzt, um die Eigenschaften von kaltem Gas in mehr als 100 weit entfernten Galaxien zu untersuchen.

Dabei entdeckten sie eine rund neun Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxie, die einen gewaltigen Strom aus Gas ausstößt. Aus den Daten des Observatoriums geht hervor, dass das aus der massereichen Galaxie ID2299 ausgeschleuderte Gas rund 46 Prozent ihres gesamten Vorrats aus kaltem Gas ausmacht. Dieser Ausstoß geschieht mit der hohen Rate von rund 10.000 Sonnenmassen pro Jahr, wie die Astronomen berichten. Noch liegt die Sternbildungsrate in dieser Galaxie zwar fast fünfmal über der ihrer „Artgenossen“ aus dieser kosmischen Epoche. Doch die Forscher gehen davon aus, dass dies nicht mehr lange anhalten wird. Ihren Schätzungen nach könnte der noch verbliebene Gasvorrat schon in einigen zehn Millionen Jahren aufgebraucht sein. Dann wird die Sternbildung zum Erliegen kommen – und das wahrscheinlich für mehrere hundert Millionen Jahre.

Galaxienverschmelzung als Auslöser

„Das ist das erste Mal, dass wir eine typische massereiche sternbildende Galaxie im fernen Universum beobachtet haben, die im Begriff ist, aufgrund eines gewaltigen kalten Gasauswurfs zu erlöschen“, sagt Puglisi. Die neuen Beobachtungen liefern aber auch wertvolle Hinweise darauf, wodurch dieses Gas ausgeschleudert wurde. Nach Angaben der Forscher ist die Rate, mit der Gas aus der Galaxie strömt zu hoch, um allein durch ein Schwarzes Loch oder die Winde einer intensiven Sternbildung verursacht worden zu sein. Auch die starke Anregung dieses Gases sei nicht kompatibel mit diesen gängigen Erklärungen. Stattdessen halten Puglisi und ihre Kollegen ein anderes Szenario für wahrscheinlicher: den Ausstoß dieses Gases durch die Turbulenzen einer vergangenen Galaxienkollision. Demnach könnte die Galaxie ID2299 das Ergebnis einer noch nicht lange zurückliegenden Verschmelzung zweier Vorgängergalaxien sein.

Ein Indiz dafür ist nach Angaben der Forscher die Verbindung des ausgestoßenen Gases mit einem „Gezeitenschweif – einem langgestreckten Strom aus Sternen und Gas, der sich weit in den interstellaren Raum erstreckt. Solche „Schweife“ sind bei fernen Galaxien nur selten gut zu erkennen und können zudem leicht mit galaktischen Winden verwechselt werden. Weil dieses Phänomen bei der Galaxie ID2299 aber relativ frisch war, konnten die Forscher es als Gezeitenschweif identifizieren. „Damit liefert unsere Studie den überzeugenden Beweis, dass das aus ID2299 ausgeschleuderte Gas wahrscheinlich durch Gezeitenkräfte bei der Verschmelzung zweier gasreicher Spiralgalaxien ausgestoßen wurde“, sagt Puglisi. Das lege nahe, dass auch solche Kollisionen die Entwicklung einer Galaxie verändern und ihre Sternbildung stoppen können.

„ALMA hat ein neues Licht auf die Mechanismen geworfen, die die Sternentstehung in fernen Galaxien zum Stillstand bringen können“, ergänzt Co-Autorin Chiara Circosta vom University College London. „Die Beobachtung eines solch gravierenden Störvorgangs fügt dem komplexen Puzzle der Galaxienentwicklung ein wichtiges Stück hinzu.“

Quelle: Annagrazia Puglisi (Durham University, UK) et al., Nature Astronomy, doi: 10.1038/s41550-020-01268-x

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